Obwohl bereits 2006 erschienen und im Februar vor zwei Jahren mit einem Grammy in der Kategorie „Best Contemporary World Music Album“ ausgezeichnet, war die CD Wonder Wheel mit von den Klezmatics vertonten Texten Woody Guthries bislang in Europa nur als Import erhältlich. Jetzt hat das niederländische Label Music & Words die CD mit vier Bonustracks endlich auch hierzulande veröffentlicht. Dagegen mussten die hiesigen Fans von Jonatha Brooke nur ein Jahr auf ihre Guthrie-CD warten. Im vergangenen Herbst in den USA erschienen, ist The Works ab 4. September auch in Deutschland „offiziell“ zu bekommen.
Während die Klezmatics Guthries Texte vom Leben auf Coney Island in keltische Melodien, Balkanrhythmen, Folkmusik und Klezmerklänge verpackten – Woodys Schwiegermutter war die angesehene jüdische Dichterin und Aktivistin Aliza Greenblatt -, legt Jonatha Brooke ein Folkpopalbum mit leichten Jazzanleihen vor. Produziert von Bob Clearmountain (Bruce Springsteen, The Rolling Stones) und eingespielt mit bekannten Studiomusikern wie Steve Gadd (Paul Simon), Christian McBride (Diana Krall) oder Crusaders-Boss Joe Sample. Steht in den Liedern auf Wonder Wheel der Kampf gegen (Hitlers) Faschismus oder das multikulturelle Leben in der Mermaid Avenue auf dem Coney Island der Vierzigerjahre im Mittelpunkt, widmet sich Brooke einer anderen, bislang wenig beachteten Seite des nordamerikanischen Balladeers: seinen Liebesliedern. Ob in kindlichen Versen, spirituellen Gedanken oder sexuellen Gefühlen, auf The Works dreht sich alles um die Liebe. Im Folker-Gespräch erzählt Jonatha Brooke über ihre „Zusammenarbeit“ mit Woody Guthrie. Wie kam es zu diesem Projekt? Ich war auf Tournee in Großbritannien, als mich ein Folk-DJ aus Philadelphia anrief. Er fragte mich, was ich davon hielte, zusammen mit Woody Guthrie ein Lied zu schreiben? Ich war zunächst etwas verwirrt, denn Woody ist ja nun schon Ende der Sechzigerjahre gestorben – aber er ließ nicht locker. Es sei ein Benefizkonzert zu Ehren Guthries geplant und Nora Guthrie würde ein paar Liedermacher einladen, dafür Texte ihres Vaters zu vertonen und bei der Veranstaltung vorzustellen. „Wow“, meinte ich dann. „Was für eine Ehre!“ Ein paar Wochen später traf ich mich mit Nora und stöberte im Archiv. Ich konnte nicht ahnen, wie sehr ich mich in die Symbolfigur des Folk verlieben sollte. Aber so war es, ich war auf einmal verknallt, ich habe geradezu geschwärmt. In dem Moment entstand die Idee, nicht nur an einem Lied zu arbeiten: Aus dieser Liebesaffäre wollte ich ein ganzes Album machen. Glücklicherweise dachte Nora auch so.
Welches Bild von Woody Guthrie hattest du bis dahin? Nun, für Amerikaner ist Woody Guthrie das Vorbild aller Sänger und Liedermacher schlechthin, der Springsteen, Bono, Ani DiFranco und viele andere inspiriert und beeinflusst hat. Viele Musiker sprechen von der Pilgerfahrt, die Bob Dylan von Minneapolis nach New York unternommen hatte, um seinen Helden kennenzulernen. Er war die Stimme der Unterdrückten. Er erzählte von Wanderarbeitern, den Opfern seiner Zeit. Er war der erste Protestsänger. Jedes Kind, das in den USA aufwächst, lernt irgendwann mal „This Land Is Your Land“. Ich wusste nur ganz wenig über diesen Mann. Vor meinem ersten Besuch im Woody-Guthrie-Archiv besorgte ich mir das Buch Art Works mit seinen Zeichnungen, Skizzen und Malereien. Es war ein guter Zugang, um die vielen Seiten in Guthries Leben aufschlagen zu können. Ich hatte keine Vorstellung davon, was für ein außergewöhnlicher Künstler und leidenschaftlicher Liebhaber er war. Er schrieb Lieder für Kinder und für Erwachsene, Kampflieder und Liebeslieder. Beim Lesen einer seiner Biografien begriff ich, dass es eine äußerst schwierige Aufgabe werden würde, diesen facettenreich schimmernden Schatz nicht nur zu entdecken, sondern auch zu heben. Übersetzung: Delf Maria Hohmann ... mehr im Heft |
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