Ein wenig misstrauisch kann man ruhig sein. Aber wenn das alles frei erfunden wäre, müsste man So Kalmery zu Gute halten, dass er nicht nur formidablen Afro-Folk-Pop fabrizieren kann, sondern auch ein raffinierter Legendenerfinder und geschickter Selbstvermarkter ist. „Brakka“ heißt die Musik, seinen Angaben zufolge ein traditioneller Stil aus seiner Heimat, der Region der großen afrikanischen Seen. Brakka hieß auch schon sein erstes, unter eigenem Namen 1990 in Paris aufgenommenes Album. In seinem neuesten, eben erst frisch erschienen und Brakka System betitelt, singt er auch schon mal „Brakkabrakkabrakka“ endlos hintereinander, sodass man dann doch wirklich langsam wissen will, was es mit dieser ominösen Musikrichtung auf sich hat. Text und Fotos: Gunnar Geller
Ein ganz spezieller, sonst nie gehörter Sound, lässt sich auf dem luftig-leichtem Album auf Anhieb nicht entdecken. Da trägt So Kalmery mit einer wunderbar souligen, leicht rauen, aber sehr geschmeidigen Stimme eigene Songs vor, getragen von einem locker swingenden Gerüst, dessen wichtigster Bestandteil die akustische Gitarre ist und in das die unterschiedlichsten Einflüsse wie selbstverständlich und ganz unaufdringlich eingegangen sind. Beim Googeln gibt es jede Menge „Brakka“-Treffer, aber kaum einen, der nicht in Verbindung mit So Kalmery steht. Hat er sich das also einfach ausgedacht? „Nein, nein, nein, viele denken das; aber Sie finden nur deshalb keine Informationen, weil Brakka, wie so viel andere afrikanische Kultur fast verschwunden ist nach dem Ende der Kolonisierung. Es sind wenige Leute, die noch Bescheid wissen. Ich gehöre dazu, ich kenne Brakka. Afrikanische Diktatoren wollten nicht, dass die traditionelle Musik gespielt wird, sie wollten nicht, dass die Menschen zusammenkommen, dass sie Musik hören, die ihnen etwas über das Leben beibringt. Trinklieder waren eher gern gesehen, ‚Come Back Baby, I Love You‘, ordentlich Bier dazu, fertig.“ Ganz freundlich und geduldig erklärt er das dem ignoranten Fragesteller. „Brakka war eine Art von urbaner Musik, die vom täglichen Leben erzählt hat, wie Street Poetry, wie Hip-Hop. Aber Brakka hat eine jahrtausendealte Tradition, ist heute so gut wie vergessen und darum sind Sie überrascht. Ich habe Brakka als Kind in den frühen Sechzigern kennengelernt, da war es weitverbreitet, die beste Musik im Kongo, bevor Rumba populär wurde. Hier denken alle bei Musik aus dem Kongo immer nur an Rumba, aber die spielt eher in Kinshasa eine große Rolle. Man darf nicht vergessen, der Kongo ist riesig, da gibt es völlig unterschiedliche kulturelle Ausprägungen.“ ... mehr im Heft
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