Tradition als SoziokulturKarneval auf den KapverdenMusik nach Cesaria Evora
Cabo Verde, die Kapverden, der kleine afrikanische Inselstaat, rund fünfhundert Kilometer vor Senegal und mitten im Atlantik gelegen, stellt heute vielleicht eines der letzten großen Abenteuer für Globetrotter dar. Der Archipel ist touristisch kaum erschlossen und bietet doch mit seinen etwa achtzehn Inseln und Inselchen, wovon neun ganzjährig bewohnt sind, ein so großes Spektrum an Eindrücken in Bezug auf Flora und Fauna, Klima und geografische Besonderheiten ebenso wie hinsichtlich der buchstäblich vielfarbigen Bevölkerung in ihrer ureigenen Mischung zwischen Europa, Amerika und Afrika, dass sich an diesen Details die halbe Kolonialgeschichte festmachen ließe. Das schließt selbstverständlich auch alle kulturellen Äußerungen ein, insbesondere die von Musik und Tanz.
Wird im Februar zwar durchaus auf allen bewohnten Inseln mehr oder weniger die Karnevalszeit gefeiert, ist auch hier unangefochten Mindelo, die zweitgrößte und definitiv kulturell lebendigste Stadt des Archipels, das Zentrum des kapverdischen Karnevals. Mit wenig Geld, aber viel Fantasie werden über Wochen prachtvolle Kostüme zusammengestellt und lange im Vorfeld Choreografien, gemeinsame Gesänge und Tänze in den jeweiligen Gruppen einstudiert, die dann mit enormer Ausdauer und echter Begeisterung über Stunden und Tage beziehungsweise nächtelang während der Umzüge zelebriert werden. Der Besucher erlebt sozusagen Brasilien mitten im Atlantik. Ausländische Gäste halten sich allerdings in vergleichsweise überschaubaren Grenzen. Den Rausch der Farben und Klänge inszenieren die Kapverdier zunächst aus purer Lebenslust und in erwachendem Selbstbewusstsein für sich selbst. Vielleicht liegt hier einer der ersten und nicht unwichtigsten Aspekte der Musik auf den Kapverden nach Cesaria Evora. Nicht die Kulturexporte nach Europa, sondern der Brückenschlag zwischen den Ärmsten der Armen und realisierbarem künstlerischem Ausdruck, Freude an Rhythmus, Musik und Tanz und die Eingebundenheit in soziale Gruppierungen vor Ort sind, was zunächst Aufmerksamkeit verdient. Dazu ist ein zweiter Blick in die innere Struktur und den Vorlauf, Ablauf sowie quasi Abspann des jährlichen Karnevals sinnvoll, denn er ist das zentrale Ereignis des Jahres, das sich quer durch die Familien, Generationen, Berufsgruppen zieht, und zwar bereits weit im Vorfeld. ... mehr im Heft |
|