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Instrumente
der Welt
Erhu
Der singende Python
Die steigende Massenproduktion der Erhu in China beschäftigt die Tierschützer. Denn zu den Wahrzeichen der chinesischen Schoßgeige gehört die Schlangenhaut, die an der Vorderseite des Resonanzkästchens als Membran dient und den besonderen Klang des Instruments ausmachen soll. Seit einigen Jahren darf dafür offiziell nur noch die Haut von Pythons verwendet werden, die nicht wild, sondern auf Zuchtfarmen aufgewachsen sind. In einer Öko-Version der Erhu ist die Schlangenhaut bereits durch eine Polyestermembran ersetzt.
TEXT:
HANS-JÜRGEN SCHAAL
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Die Geschichte von Hua Yanjun (1893-1950) erinnert an die alten Bluesmusiker im Süden der USA. Erblindet und besitzlos zog er viele Jahre lang durch die Stadt Wuxi und lebte von der Straßenmusik.
Besonders sein Spiel auf der Erhu, der chinesischen Kniegeige, bewegte die Menschen und machte den blinden Abing, wie man ihn nannte, zum Lokalhelden.
Denn die Erhu war als Soloinstrument damals nicht üblich, die Schönheit ihres Tons eine Offenbarung.
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Die Saiten werden in der Luft gegriffen.
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Weil der Volksheld Abing auch das Zeitgeschehen kommentierte, erhielt er jedoch eines Tages Berufsverbot. Erst kurz vor seinem Tod, als er schon jahrelang nicht mehr gespielt hatte, besuchten ihn zwei chinesische Musikwissenschaftler und nahmen ein paar Erhustücke von ihm auf drei von Hunderten, die sein Repertoire umfasste. Immerhin wurde Hua Yanjun auf diese Weise landesweit bekannt und ein Symbol für das Talent, das im Volk steckt. Dank ihm und einigen anderen Pionieren entwickelte sich die Erhu im letzten Jahrhundert zu Chinas populärstem Instrument.
Dabei ist die chinesische Schoßgeige eigentlich eine sehr alte Erfindung. Ihre Vorläufer sollen schon vor dem Jahr 1000 aus Zentralasien nach China gekommen sein. Man zählt die Erhu zur umfangreichen Familie der huqin, der Hu-Instrumente, wobei hu einfach ein Sammelbegriff für die asiatischen Nomadenvölker ist. Dutzende ähnlicher Geigentypen findet man nicht nur in China, sondern auch in den umliegenden Ländern wie Kambodscha, Vietnam, Thailand, Korea oder Japan. Auch die mongolische Pferdekopfgeige gehört dazu, selbst in Indien und Ostafrika finden sich Ableger. Der Name èrhú bedeutet tatsächlich nichts anderes als zweisaitiges (oder zweithöchstes) Hu-Instrument. Im neunzehnten Jahrhundert war die Erhu unersetzlich zur Begleitung der chinesischen Oper. Noch heute spielt sie im chinesischen Orchester die Hauptrolle, häufig in Dutzendstärke, ganz ähnlich wie die Streicher im westlichen Orchester.
Wie eine Violine gespielt wird, wissen wir alle, aber eine Erhu ist doch noch etwas anderes.
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