FOLKER – Rezensionen

Rezensionen EUROPA


AHLBERG, EK & ROSWALL
Näktergalen

(Westpark Music 87256/Indigo, go! www.ahlbergekroswall.se )
15 Tracks, 50:07, mit schwed./engl. Infos

Auch Alberg, Ek & Roswalls zweites Album „Die Nachtigall“ ist rein instrumental und wohl vor allem für Liebhaber schwedischer Musik. Aber auch Klassikhörer sind angesprochen, die vielleicht auf den Kick warten, sich auch einmal mit einem anderen Genre zu beschäftigen. Das Meistertrio produziert mit seinen besonderen Instrumenten Violine/Viola, Harfengitarre und Nyckelharpa/Alt-Nyckelharpa einen unverwechselbaren Klang. Bis auf ein Menuett und zwei Walzer präsentiert Näktergalen Polskas, bis auf zwei selbst komponierte in alten Notenbüchern gefunden und neu arrangiert. Zu den einzelnen Stücken gibt es im Booklet Hintergrundinformationen. Es geht um die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts, als die Lieder im Gebiet von Medelpad und Skåne aufgezeichnet wurden – Musik, die über viele Generationen weitergegeben wurde, wie bei den Blomgrens, von denen der letzte 1917 starb, oder den Cedervalls, über fünf Generationen Organisten und Spielleute. Aber auch Querverbindungen gab es, wie bei der Polska „Cedervall“, die eine Art Vorspiel für das folgende Stück „Blomgrens Dop“ (Blomgrens Taufe) ist. Von 4. bis 6. Juni werden Ahlberg, Ek & Roswall dreimal beim TFF Rudolstadt auftreten.

Bernd Künzer

 

AHLBERG, EK & ROSWALL – Näktergalen


ALLAN YN Y FAN
Cool, Calm & Collected

(Steam Pie SPCD10175, go! www.ayyf.co.uk )
13 Tracks, 50:13

Cool, Calm & Collected scheint auf den ersten Blick wie eine dieser Retrospektiven, die Künstler veröffentlichen, wenn es kreativ momentan nicht zu Neuem reicht. Da ist meist ein Gähnen schwer zu unterdrücken – aber mit diesem Urteil würde man dem walisischen Quintett Unrecht tun und ein wenig an den Tatsachen vorbei pauschalisieren. Okay, die dreizehn Tracks stammen von den bisherigen Veröffentlichungen, vier Alben und einer EP, aber man kann den drei Damen und zwei Herren abnehmen, dass sie anlässlich ihres Zehnjährigen einfach einmal Bilanz ziehen wollten. Und das tun sie mit Cool, Calm & Collected letztlich auch nicht mit einer simplen Wiederveröffentlichung, sondern sie haben die nette Mischung aus Songs und Tunes von Grund auf neu mastern und mischen lassen, mit zum Teil erstaunlichen Resultaten. Die Tracks klingen frischer als zuvor und sind manchmal zu einem veritablen Bigbandsound gemischt worden. Doch, Allan Yn Y Fan zählen zur absoluten walisischen Folkspitze. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dieses Album liefert ihn.

Mike Kamp

 

ALLAN YN Y FAN    – Cool, Calm & Collected


AS DE TRÊFLE
(Pas) Comme Tout Le Monde

(La Charrette Productions HDM888/Broken Silence, go! www.as-de-trefle.com )
13 Tracks, 48:22, mit frz. Texten

Der erste Reflex sofort zu Beginn dieses Albums: Das ist das Album des Jahres! Ein scharfes folkiges Riff mit der E-Geige, dann setzt das Schlagzeug ein und schließlich eine weiche Rhythmusgitarre – fünfundzwanzig Sekunden höchstes Glück und größte Spannung. Die Band heißt As de Trêfle und kommt aus Tours in Zentralfrankreich. Ihr sechstes Album haben sie (Pas) Comme Tout Le Monde genannt. Okay, es ist nicht das Album des Jahres, denn da ist auch noch der Sänger Laurent Renard mit seiner etwas nöligen und wenig ausdrucksstarken Stimme. Aber (Pas) Comme Tout Le Monde ist ein wirklich gutes, abwechslungsreiches Album geworden. Die Musik von As de Trêfle – zu Deutsch „Kreuzass“ – kann man als poppigen Folkpunk beschreiben oder als akustischen Rock ’n’ Roll, gerne mit Offbeat. Herausragend der Protestreggae „Dans Les Bibliotheques“, voll lässig routinierter Empörung. Neben dem zotteligen Sänger Laurent Renard bildet die elegante Geigerin Géraldine Bisi einen optischen Gegenpol. Im kleinen Schwarzen spielt sie sonst auch im klassischen Orchester oder im Tangoensemble. Auf dem Cover tragen allerdings alle vier Bandmitglieder lustige Tiermasken. Sie sind eben nicht comme tout le monde.

Christian Rath

 

AS DE TRÊFLE  – (Pas) Comme Tout Le Monde


LUKA BLOOM
Head & Heart

(Big Sky Records/Skip Records 9122-2, go! www.lukabloom.com )
12 Tracks, 48:20

Luka Bloom, geboren als Barry Moore, gehört zur Riege der Folkmusiker, von denen man blind jedes Album kaufen kann. Ähnlich wie Richard Thompson oder sein Bruder Christy Moore liefert Bloom akustische Perlen außerordentlicher Qualität. Nur mit Stimme und Gitarre vermag er die Herzen in seinen Bann zu ziehen und auf eine Reise voller Sehnsucht und Melancholie zu begleiten. Das Glück des Lebens besteht in einer Tasse Tee und einem Konzert von Luka Bloom. Im Unterschied zu seinem großen Bruder, dessen Coverversionen zumeist aus irischen Traditionals bestehen, spezialisiert sich Luka Bloom auf Coverversionen zeitgenössischer Künstler. So finden sich auf Head & Heart neben Eigenkompositionen auch Stücke von Bob Dylan, John Martyn oder Don McLean. Das Album wurde zum Teil live ohne Probe im Studio eingespielt, begleitet vom Phil Ware Trio. Das führt die Musik einmal mehr auf das Wesentliche zurück. So kann Luka Bloom sogar Frederic Weatherlys „Danny Boy“ ohne Peinlichkeit inszenieren. Head & Heart klingt wie jedes andere Album des Künstlers. Das ist wundervoll, weil es dadurch auch ebenso ergreifende Songs enthält wie seine Vorgängeralben. Eines so herausragend wie das andere.

Chris Elstrodt

 

LUKA BLOOM    – Head & Heart


DU BARTÀS
Tant Que Vira ...

(Sirventés 4112388/Broken Silence, go! www.sirventes.com )
10 Tracks, 57:18, mit okz. u. frz. Texten

„Sem Totis Bastards“ – „Wir sind alle Bastarde“ – singen Du Bartàs aus vollen okzitanischen Kehlen. Die fünf Männer aus dem Languedoc pflegen ihre Kultur und ihre Sprache, Scheuklappen sind aber nicht angesagt. Das beginnt mit dem Eröffnungsstück „Laman, Fisança“, einer Mischung aus Raï und okzitanischer Folklore, mit arabischen Textteilen, gesungen vom Geiger, Tar- und Bendhirspieler Abdel Bousbiba. Mit Akkordeon, Cuatro, Pandeiro, Tamorra und anderen Trommeln spielen Du Bartàs zum Tanz auf. Im Zentrum steht der fünfstimmige Gesang. Besonders schön ist der polyphone A-cappella-Gesang auf „Mon Vesin“. Das Lied erzählt vom armen Bauern, der guten Wein herstellt, davon aber kaum leben kann und sein Land verkaufen muss. Das Land geht zu immer größeren Produzenten über, die Massenware produzieren, bis das Gut stillgelegt wird, weil niemand mehr diesen Wein trinken will. Du Bartàs' Anliegen sind ernst: Im aus dem Italienischen übertragenen „Sante Geronimo Caserio“ singen sie über den gleichnamigen Anarchisten, der in Lyon ein Attentat auf Marie François Sadi verübte, den Präsidenten der Dritten Republik. Trotz allem – Ihre Musik will getanzt werden! Auf nach Okzitanien …

Martin Steiner

 

DU BARTÀS  – Tant Que Vira ...


ESPERANZA FERNÁNDEZ
Canta A Saramago – Mi Voz En Tu Palabra

(Discmedi 5069-02/Galileo MC, go! www.facebook.com/flamencoesperanzafernandez )
10 Tracks, 41:39, mit Texten

Die Romane des Nobelpreisträgers José Saramago genießen Weltruf. Weniger bekannt ist seine Poesie. Saramago war zeitlebens ein Suchender, einer der litt, um später vor Freude zu weinen. Zeilen wie „Diese Welt funktioniert nicht, auf dass eine andere komme ... „ aus „Dimisión“ relativiert er in „Ha De Haber“: „Da muss es noch eine Farbe geben, die zu entdecken ist, eine verborgene Wortfolge, einen Schlüssel, um die Türe dieser gewaltigen Mauer zu öffnen.“ Welche Musik würde besser zu Saramagos Gefühlswelten passen als der Flamenco? Wenn Esperanza Fernández in „Dimisión“ a cappella ihren kehlig erdigen Cante anstimmt, hofft man, der 2010 verstorbene Dichter könne ihr zuhören. Die Sevillanerin vertonte neben dem Liedermacher Luís Pastor und anderen die Gedichte des Portugiesen höchst einfühlsam und variantenreich. Nicht alles ist Flamenco, da ist etwa auch ein Garrotín, ein andalusischer Volkstanz. Produzent Dorantes sorgt mit nie überladenen Arrangements für Abwechslung. Ein Album wie aus einem Guss, mit unglaublich präzisen, einfallsreichen Gitarrenläufen, Chorsätzen, Percussion und einmal auch der Klavierbegleitung von Dorantes. Ein kleines Juwel.

Martin Steiner

 

ESPERANZA FERNÁNDEZ   – Canta A Saramago – Mi Voz En Tu Palabra


GOUBRAN
Die Glut

(Lindo Records, go! www.goubran.com )
9 Tracks, 46:51, ohne Texte, mit Infos

Schwermut tropft aus diesen Liedern, Melancholie wälzt sich wie ein träger Lavastrom ins Gemüt des Hörers. Vögel mit verklebtem Gefieder hocken traurig am Boden, Ratten huschen vorbei, graues Licht fällt durch rußgeschwärzte Fenster, laute Touristen stören, die Stadt ist eine Geisterbahn – nein, wahrscheinlich doch eher schon die Hölle, „Frühling in Wien“. Goubran ist ein Projekt des Wiener Autors und Musikers Alfred Goubran, das er gemeinsam mit seinen Partnern, den Multiinstrumentalisten Oliver Welter und Stefan Deisenberger, realisierte. Der Gesang ähnelt einem ausgezehrten Röcheln, einem zutiefst resignierten Stöhnen – eine Stimme wie ein Steinbruch. Und die Musik stolpert kongenial durchs traurige Textgestrüpp, Tom Waits lässt grüßen. Trotz einiger unübersehbarer Parallelen verfügt Goubran jedoch durchaus über eine unverwechselbare Eigenart, was Gesang und Text betrifft. Und es gibt sie ja tatsächlich, diese trüben Tage, an denen wir sehr empfänglich sind für traurige Lieder und morbide Klänge. „Ja, wir trinken und trinken und trinken und trinken …“, heißt es im Titelstück – es kommt halt immer auf die richtige Dosierung an.

Kai Engelke

 

GOUBRAN  – Die Glut


HEIDI HAPPY
Golden Heart

(Silent Mode SIMO002/Cargo Records, go! www.heidihappy.ch )
14 Tracks, 44:34, mit Texten

Auch die Musik von Heidi Happys fünftem Album soll durch und durch persönlicher Natur sein, sagt die Musikerin. So verschieden die Stücke sind, haben sie doch ein kühleres, elektronisch unterlegtes Klangbild gemeinsam als gewohnt. Der sehr weiche, anschmiegsame Songwriterstil scheint dabei nur noch hier und da durch. Ansonsten ist Golden Heart bunt wie das Leben. Das Album beginnt mit einen soulig groovigen Stück, das in die Beine geht („Ding Dong“). Popstücke sind zu hören („In Your Heart“). Sogar Countryanklänge gibt es („In The Garden“). Nicht einmal vor Volkstümlichem hat die Musikerin Hemmungen, wie sie im „Whistle Song“ zeigt. Auch puren Elektropop gibt es mit „High Wave“ und „La Dance“. Und in einer schnelleren Achtzigerjahre-Disco-Version hat die Schweizerin das Stück „Du da, ich da“ von ihrem Debütalbum Back Together neu intoniert. Unter dem Einfluss einer neuer Liebe sei das Album entstanden, und so ist das Titellied Golden Heart ein sanft erhabenes Stück geworden. Alle Texte und alle Musiken hat die Künstlerin selbst geschrieben. Und für das Album hat sie sich eine neue Band aus drei Musikern zusammengestellt: Ephrem Lüchinger, Baptiste Germser und Domi Huber.

Sarah Fuhrmann

 

HEIDI HAPPY  – Golden Heart


FIONA HUNTER
Fiona Hunter

(Rusty Squash Horn Records RSH004CD, go! www.fionahunter.co.uk )
10 Tracks, 47:39, mit engl. Infos

Bei der Gruppe Malinky ist sie die Nachfolgerin der famosen Karine Polwart – und diesem großen Erbe wurde Fiona Hunter bislang mehr als gerecht. Als sich Malinky aus finanziellen Gründen zu einer Auszeit gezwungen sah, reifte in Hunter der Plan eines Soloalbums. Und hier ist es – unaufdringlich, geschmackvoll, durchgehend traditionell und unter maßgeblicher Mitwirkung von Mike Vass entstanden. Der Multiinstrumentalist, der bereits bei Malinky mit Fiona Hunter zusammengearbeitet hat, betätigt sich als Produzent und sorgt für einen stimmigen Gesamteindruck. Aus der auch insgesamt positiven Präsentation ragt natürlich vor allem Fiona Hunters Stimme heraus. Die Schottin, die auf dem Album auch Cello und Harmonium spielt, singt natürlich, warm, kontrolliert und doch mit viel Gefühl. Ein Solodebüt, mit dem Fiona Hunter mehr als zufrieden sein kann.

Mike Kamp

 

FIONA HUNTER – Fiona Hunter


GJERTRUD LUNDE
Hjemklang

(Ozella OZ054CD/Galileo MC, go! www.gjertrud-lunde.com )
Promo-CD, 11 Tracks, 62:03, mit norw./frz./engl./port. Texten u. engl. Infos

Es gibt Stimmen, die mit dem ersten Ton wortlos Geschichten erzählen können, aufrichtig, uneitel und klar wie vielleicht das Wasser der Fjorde in Gjertrud Lundes Heimat. Die Norwegerin legt mit dem Album Hjemklang eine bezaubernde Sammlung größtenteils eigener Kompositionen vor, die sich stilistisch zwischen Jazz, Klassik und Weltmusik bewegen, alte norwegische Psalme unter Einsatz moderner elektronischer Effektgeräte arrangieren und europäische Nuancen ebenso über englische, portugiesische, norwegische und französische Texte artikulieren wie über die Bandbesetzung mit dem Polen Bodek Janke an Schlagzeug und Perkussion, dem Niederländer Wolfert Brederode am Piano, dem Deutschen Florian Zenker an der Gitarre und Lundes norwegischem Landsmann Arve Henriksen an der Trompete. Gemeinsam ist allen Titeln die Authentizität in Komposition, Arrangement und Ausführung. Es gibt keine Kopien, keine Anleihen, keine Wiederholungen. So individuell sich Lunde jedem einzelnen Thema annähert, so kreativ, virtuos und einfühlsam ergänzen die Kollegen ihre Solistin. Mit traumwandlerischer Sicherheit schaffen die Musiker damit eine Klanglandschaft, die unbedingt zum Hören und Verweilen einlädt.

Cathrin Alisch

 

GJERTRUD LUNDE  – Hjemklang


MÀNRAN
The Test

(Mànran Records MAN03, go! www.manran.co.uk )
10 Tracks, 50:34

Als quintessenzielle schottische Folkrockband sind – speziell in Deutschland – Runrig bekannt und beliebt. Auch Mànran sind ein schottisches Folkrocksextett, aber sie sind noch um einiges schottischer. Das hat vor allem zwei Gründe: Da ist ihr bis auf zwei Ausnahmen konsequenter Gebrauch der gälischen Sprache, und sie haben das Glück, mit Norrie MacIver einen Muttersprachler als Sänger vorweisen zu können. Schließlich ist da das Trio Gary Innes (Akkordeon), der Battlefield-Band-Mann Ewen Henderson (Fiddle, Highland Pipes, Whistle) sowie ex-Cara-Musiker Ryan Murphy (Uilleann Pipes, Holzflöte). Das macht Mànran wahrscheinlich nicht nur zur einzigen Band, die schottische und irische Pipes gemeinsam präsentiert – nein, diese Herren sind darüber hinaus auch wirklich tief verwurzelt in der musikalischen Tradition Schottlands! Und natürlich auch ein wenig in der irischen. Das spiegelt sich deutlich in den zahlreichen Instrumentals. Erneut sorgt Altmeister Phil Cunningham als Produzent für makellosen Sound, und wie beim Debüt von 2011 zitieren Mànran auch wieder ihre offensichtlichen Vorbilder Runrig, diesmal mit der Calum-&-Rory-Macdonald-Komposition „Tillidh Mi“. Ein starker Nachfolger eines starken Debüts – und nein, schottischer geht’s kaum!

Mike Kamp

 

MÀNRAN  – The Test


Quatuor Ébène – Stacey Kent & Bernard Lavilliers
Brazil

(Erato/Warner Classics CD 0825646320462, go! www.quatuorebene.com )
13 Tracks, 67:11

Streichquartette sind heutzutage dann am erfolgreichsten, wenn sie sich in Genres außerhalb der Klassik wagen und dort ihr Publikum erweitern. So zeigt auch das französische Quatuor Ébène auf Brazil sein ganzes Können im Crossoverbereich, ohne dass das Album in zu unterschiedliche Stimmungen zerfällt. Dazu hat sich das Quartett Verstärkung geholt: die den klassischen Bossa-Nova-Stil perfekt beherrschende Sängerin Stacey Kent, den Chansonnier Bernard Lavalliers, Bossa-Legende Marcos Valle und eine Rhythmusgruppe. Die Auswahl der Stücke ist allerdings keineswegs rein brasilianisch – neben Tom Jobim oder Ary Barroso reicht das Spektrum von Pop (Sting) über Filmmusik (Chaplin) und Tango (Astor Piazzolla) bis Jazz (Wayne Shorter), dazu etliche Kompositionen Lavalliers. Etwa die Hälfte der Stücke ist mit Gesang arrangiert. Quatuor Ébène hat verstanden, worauf es ankommt: eine einheitliche, entspannte Atmosphäre unabhängig von Ausgangspunkt und Zutaten zu generieren und gleichzeitig die stilistische Komplexität wie selbstverständlich wirken zu lassen. Ein Meisterwerk ist das Titelstück „Brazil“, dessen Arrangement von Kammermusik über Trommlerimitationen bis zur Karnevalsstimmung reicht.

Hans-Jürgen Lenhart

 

Quatuor Ébène – Stacey Kent & Bernard Lavilliers     – Brazil


YANN TIERSEN
8 (Infinity)

(Mute Artists CDSTUMM367/Rough Trade, go! www.yanntiersen.com )
Promo-CD, 10 Tracks, 49:31

Wer den Bretonen Yann Tiersen bislang nur über seine bestverkauften Soundtracks Le Fabuleux Destin D’Amélie Poulain oder Good Bye Lenin! – zusammen über zwei Millionen Exemplare – wahrgenommen hat, dem entging Tiersens andere Seite. Während auf beiden Filmmusiken eher heiter-melancholischer Klingklang zu hören war, ging es auf seinen „regulären“ Alben oft recht düster zu. Speziell auf den beiden direkten Infinity -Vorgängern, Dust Lane und Skyline, schuf Tiersen teils apokalyptische Klänge zu morbiden Folksongs. Da macht auch Infinity keine Ausnahme: dunkle Klänge, seltsame Walzer, Naturgeräusche, rezitierte Texte – eine sehr eigene Welt voller musikalischer Merkwürdigkeiten. Manches erinnert an die Frühwerke Mike Oldfields, der ja ebenfalls in serieller Musik, Folk, Rock sowie keltischer und skandinavischer Mythologie zuhause ist. Doch anders als Oldfield, dessen erste drei Alben zwischen 1973 und 1975 erschienen, kann Tiersen zusätzlich auf die in den Achtziger- und Neunzigerjahren veröffentlichten Ambient-Experimente von Brian Eno bis Wolfgang Voigt zurückgreifen. Wie er aus all diesen Möglichkeiten seine ureigene Melange kreiert, das macht ihn so unverwechselbar und einzigartig.

Walter Bast

 

YANN TIERSEN  – 8 (Infinity)


WIENER TSCHUSCHENKAPELLE
Donauinselfest 2013 Live

(Tschuschenton 005/Harmonia Mundi, go! www.tschuschenkapelle.at )
12 Tracks, 50:08

Wien, Donauinselfest 2013 – Europas größte Veranstaltung unter freiem Himmel, eine Million Menschen verteilen sich spazierend auf den Donauwiesen, Bratenduft und Feierstimmung liegen in der Luft, von diversen Bühnen klingt Musik. Vor einigen Jahren war das Donauinselfest jährlich eine gute Gelegenheit auch für Weltmusik. Mittlerweile findet sie hier kaum noch statt, sie musste Dancepop weichen. Glücksfall im Jahr 2013: Die Wiener Tschuschenkapelle, Wiens ältestes Ensemble mit Migrationshintergrund, trat passend zum fünfundzwanzigjährigen Jubiläum auf. Die Band um den Sänger und Gitarristen Slavko Ninic, die sich den alle südosteuropäischen Zuwanderer beleidigenden Schimpfnamen „Tschuschen“ ehrenhalber zugelegt hat, spielte als Sextett auf, mit einem Repertoire, das mit Klarinette, Akkordeon und mehrstimmigem Gesang melodienselig durch die Folklore des Balkanraums von Kroatien bis Griechenland führte. Einziger Kritikpunkt: Wer die Konzerte kennt, weiß, wie gewitzt Ninic mit dem Publikum interagiert. Trotz der Liveaufnahme überträgt sich von dieser Kunst der Kommunikation wenig auf das Album. Dennoch ist der Mitschnitt wegen der Rest-Live-Atmosphäre aber mehr als eine schöne Ergänzung zu den Studioalben.

Harald Justin

 

WIENER TSCHUSCHENKAPELLE   – Donauinselfest 2013 Live

Update vom
09.02.2023
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