Geschichten, die erzählt werden müssen
CAPERCAILLIE
Der Auerhahn im Dienst der gälischen Sache
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Die Battlefield Band war die erste. Sie brachte Schottlands traditionelle Musik ins Hier und Heute, Forward with Scotslands Past heißt das seit Jahrzehnten. Runrig kamen wenige Jahre später und begeisterten die Folk- und Rockwelt gleichermaßen. Beide Bands arbeiten weiterhin fleißig an ihrer Musik. Erst geraume Zeit später und dennoch vor fast einem halben Menschenleben taten sich Capercaillie zusammen, aber ihre Arbeit mit der heimischen Folklore ist in vielerlei Hinsicht nachhaltiger als die der verdienstvollen älteren Kollegen.
TEXT: MIKE KAMP
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abei war der Anfang völlig unspektakulär: Wie Tausende von Jugendlichen überall auf der Welt gründeten im April 1983 sechs Schulfreunde von der Oban High School eine Band. Globaler Erfolg war damals höchstwahrscheinlich weniger die Zielsetzung. Es ging eher darum, bei den lokalen Tanzabenden oder Ceilidhs an der schottischen Westküste für die entsprechende Musik zu sorgen. Ursprünglich war Capercaillie (der Name für den heimischen Auerhahn) daher auch eine Instrumentalband, aber nachdem sie einige Auftritten zusammen mit der Sängerin Karen Matheson bestritten hatten, war klar, dass die Kombination von Tanzmelodien und Liedern besser ankam. BBC Scotland nahm einige Sessions für das Radio auf, 1984 erschien das erste Album Cascade, und 1985 entschied die Gruppe, ihre Musik ab sofort professionell zu betreiben.
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Wenn es sich nicht richtig
anfühlt, dann ist es auch nicht
richtig, es zu veröffentlichen.
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Was wie die rasende Karriere einiger unbedarfter Teenager klingt, hat in Wirklichkeit eine sehr solide und gewachsene Basis. Karen Matheson und Donald Shaw hatten nämlich nicht nur einige Jahre zuvor im Übergangsstadium vom Kind zum Teenager als Duo The Etives eine LP aufgenommen, über die sie heute ungerne sprechen, nein, die Ursprünge von Capercaillie gehen noch weiter zurück. Traditionelle Musik und gälische Lieder waren in den Siebzigern noch Bestandteil des sozialen und familiären Lebens in der Grafschaft Argyll, und das galt auch für die Haushalte der Familien Matheson und Shaw. Donald wurde von seinem Vater auf dem Akkordeon unterrichtet und stellte sich den üblichen Wettbewerben auf dem Royal National Mod, dem jährlichen Treffen der gälischen Musikanten und Sänger. Dort war auch Karen aktiv, die durch ihre Vorfahren von der Insel Barra den Gesang sozusagen in die Wiege gelegt bekommen hatte und in der Gesangskategorie antrat. Noch heute sieht Shaw die Rolle des Mod positiv: Der Mod ist immer noch das starke Rückgrat der gälischen Kultur und ermuntert die Kinder mehr als alles andere, sich mit gälischen Liedern zu beschäftigen.
www.capercaillie.co.uk
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AUSWAHLDISKOGRAFIE:
Cascade (Etive Records, 1984)
Crosswinds (Green Linnet, 1987)
Delirium (Survival Records, 1991)
Secret People (Survival Records, 1993)
Beautiful Wasteland (Survival Records, 1997)
Nàdurra (Survival Records, 2000)
Choice Language (Vertical Records, 2003)
Roses and Tears (Vertical Records, 2008)
At The Heart Of It All (Vertical Records, 2013)
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Karen Matheson und Donald Shaw, verheiratet mit einem Sohn, sind die einzigen übrig geblieben Gründungsmitglieder. Die meisten Musiker der ersten Stunde stellten früher oder später fest, dass der Job des Profimusikers doch nicht ihr Traum war. Die aktuelle achtköpfige Formation spielt allerdings bereits seit 1998 zusammen und Verschleißerscheinungen sind keine zu beobachten. Das mag eine menschliche Komponente haben, denn die Musiker sehen sich als gute Freunde, aber es liegt sicherlich auch daran, dass Capercaillie zwar das Zentrum ihres musikalischen Schaffens ist (Shaw: Capercaillie hat in meinem musikalischen Leben Priorität!), jedes Gruppenmitglied zugleich aber auch auf so vielen anderen Hochzeiten tanzt, dass Langeweile und Routine erst gar nicht aufkommen können. Uilleann Piper und Flötist Michael McGoldrick zum Beispiel tourt regelmäßig mit Mark Knopfler, und die Kollaborationen von Fiddler Charlie McKerron (drittältestes Capercaillie-Mitglied), Bassist Ewen Vernal oder dem irischen Gitarristen und Bouzoukispieler Manus Lunny sind so zahlreich, dass sie aufzuzählen den Rahmen dieses Artikels sprengen würde. Selbst Sängerin Karen Matheson arbeitet nicht nur als Solistin (mit bislang drei Soloalben), sondern auch mit diversen anderen Künstlern zusammen, und Donald Shaw muss man erlebt haben, wie er als künstlerischer Leiter der Celtic Connections in Glasgow von einem Empfang zum nächsten Gespräch und dann auf die Bühne eilt, um mit den Stars der Transatlantic Sessions zu musizieren. Ist es da ein Wunder, dass das Royal Conservatoire of Scotland (ehemals Royal Scottish Academy of Music and Drama) auch Kurse in Zeitmanagement anbietet?
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