Çiğdem Aslan
Die Grenzgängerin und der Geist des Gezi-Parks
Çiğdem Aslan aus Istanbul mit Wohnsitz London führt mit Rembetiko in die verruchten Kneipen des griechischen Lumpenproletariats und mit ornamentreichen Liedern an die prachtvollen osmanischen Höfe. Wenn eine kurdische Sängerin Lieder einer griechischen Minderheit auf Griechisch und Türkisch singt, setzt sie ein deutliches Zeichen: 1923 mussten etwa anderthalb Millionen Griechen aus der Türkei in ein ihnen fremdes Griechenland umsiedeln (ebenso wie mehrere hunderttausend Türken Griechenland verlassen mussten). Aslan überspringt auf ihrem Debütalbum Mortissa mit hinreißender Leichtigkeit die kulturellen Barrieren und setzt sich gekonnt zwischen die griechischen und türkischen Stühle. Sie erinnert an die berühmte Remebtikosängerin und sephardische Istanbuler Jüdin Roza Eskenazi und an den Geist der Oppositionellen des Gezi-Parks, die sich von rückwärtsgewandter Politik, Ethnozentrismus, Stadtzerstörung und einem restriktiven Verständnis von Religion nicht mehr behindern lassen wollen.
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