FOLKER – Rezensionen

Rezensionen NORDAMERIKA/ KANADA


AMELIA CURRAN
Spectators

(Blue Rose Records BLUDP0593, go! www.ameliacurran.com )
10 Tracks, 34:47

JENN GRANT
The Beautiful Wild

(Blue Rose Records BLUDP0595, go! www.jenngrant.com )
12 Tracks, 42:01

Die Dame räuspert sich, die Menge verstummt – und los geht es mit Singer/Songwriter-Rock/Pop aus Halifax, Nova Scotia. Mal geradeaus, mal verspielt wie Kate Bush mit einem Chor, mal chartstauglich, mal mit Swing, und zum Schluss macht Jenn Grant aus dem Rock-Hammer „Eye Of The Tiger“ eine simple Pianoballade. Doch, das hat etwas! Frau Curran dagegen zerreißt den Rezensenten, der die Singer/Songwriterin aus Neufundland liebt und ihr daher fast – aber nur fast – ihren Hang zu unterirdischen Spielzeiten verzeiht. Wie bei den wunderbaren Vorgängern War Brides und Hunter Hunter sind die Texte nicht gerade himmelhochjauchzend, die Melodien einfach wie bei Landsmann Leonard Cohen und der Gesang schlicht intim. Verschwunden jedoch ist die simple Kombination aus Stimme und Gitarre, denn hier wurde in Produzent John Critchley, Studio und Begleitmusiker an E-Gitarre, Streich- und Blasinstrumenten, besonders aber Schlagzeug und Percussion investiert. Manchmal wünscht man sich die alte Kargheit zurück, aber dann setzen die Arrangements wieder prägnante, passende und tatsächlich bereichernde Ausrufezeichen. Wenn es denn hilft, dass Amelia Curran endlich den Status erreicht, der ihr zusteht, dann hat sich der Aufwand gelohnt.

Mike Kamp

 

AMELIA CURRAN – Spectators JENN GRANT – The Beautiful Wild


BOB DYLAN
Carnegie Chapter Hall 1961

(BDA Production BDACD102/In-akustik, go! www.bobdylan.com )
14 Tracks, 69:50, mit ausführlichen engl. Infos

Der Autor dieser Zeilen ist in Musikfragen keinesfalls Nostalgiker – aber diese erste legale Veröffentlichung eines Großteils des ersten wirklich prestigeträchtigen Konzerts Bob Dylans ist der unwiderlegbare Beweis: Solche Singer/Songwriter machen sie heute nicht mehr! Neun Tage nachdem Columbia ihn unter Vertrag genommen hatte, machte der Neu-New-Yorker aus Minnesota in einem Nebenraum der Carnegie Hall mit einem Konzert auf sich aufmerksam, das bis heute zu seinen besten gezählt wird. Noch strikt der Folkie mit Gitarre und Mundharmonika, singt er Traditionals, Stücke einiger Vorbilder, vor allem Woody Guthries, erste Eigenkompositionen. Aber wie! Mit welch zurückhaltender Intensität, welch coolem Stilwillen, welch stilistischer Brillanz. Niemand – auch nicht er selbst – macht heute noch so viel her an einem Gesangsmikrofon! Kaum noch wiederzuerkennen vom heutigen Bellen aus die damals noch jugendlich hohe Stimme, bestechend der putzmuntere Vortrag beim Singen wie beim Plaudern zwischen den Stücken. Wenngleich letzteres auch bereits Tendenzen zur Stilisierung des Weggetretenen aufweist, als der er von dort aus raketengleich zu den Sternen schoss. Der Rest ist längst Geschichte …

Christian Beck

 

BOB DYLAN – Carnegie Chapter Hall 1961


DAVID EVANS
Live At Alte Post

(Blind Lemon Records BLR-CD 1203, go! www.myspace.com/uncledavidevans )
13 Tracks, 51:16 mit dt. u. engl. Infos

Blind Lemon Records, das ambitionierte neue Label von Thomas Schleiken, veröffentlicht mit seiner dritten Produktion besonders gelungene Aufnahmen aus zwei Konzerten des fantastischen und doch bescheidenen Sängers und Gitarristen Prof. David Evans, im siebzigsten Lebensjahr, der an der University of Memphis lehrt; er ist dort Professor im ethnomusikwissenschaftlichen Studiengang mit Schwerpunkt auf der Volks- und Populärmusik der amerikanischen Südstaaten. Auf Live At Alte Post spielt er Titel von Blind Lemon Jefferson („One Dime Blues“) bis Tommy Johnson („Lonesome Home Blues“) und unterstreicht seine Liebe zum akustischen Country Blues der Zwanziger bis Vierziger. Der zeitlose klassische Blues ist für Evans ein stetes Vorbild. Den Künstlern von damals gleich zu sein oder sie gar zu übertreffen, das, meint Evans, „scheint wohl niemand wirklich zu können“. Dennoch spielt auch er selbst die Songs, wie er im informativen Booklet betont, im typischen Stil der Sologitarrenbegleitung wie zu ihrer Entstehung üblich. Für Fans der akustischen Folk- und Bluesmusik ist Live At Alte Post – aufgenommen in Sandhatten – eine Perle und ein Muss. Und vielleicht in diesem Genre die Platte des Jahres.

Annie Sziegoleit

 

DAVID EVANS – Live At Alte Post


DAWN MCCARTHY & BONNIE „PRINCE“ BILLY
What The Brothers Sang

(Domino Recording Company WIGCD300/Indigo, go! www.dominorecordco.de/artists/bonnie-prince-billy/ )
13 Tracks, 39:53, Promo-CD

Dawn McCarthy tritt mit ihrer Band Faun Fables in seltsamen Verkleidungen auf und macht Musik, die zwischen mittelalterlich und schroff-experimentell pendelt. Mit Will Oldham alias Bonnie „Prince“ Billy kooperiert sie bereits seit Jahren gelegentlich. Nun war es an der Zeit, einmal ein gemeinsames Album einzuspielen, und was ist einfacher, als eines mit Coverversionen zu machen? Doch nur irgendwelche Songs zusammenzustellen und sie neu zu interpretieren – das liegt den beiden konzeptfixierten Musikern nicht. So kamen sie auf das Werk von Don und Phil Everly. Die hatten in den Sechzigern zahlreiche Hits mit Songs, die zum großen Teil aus der Folksongsammlung ihres Vaters Ike stammten. Auf What The Brothers Sang werden die sehr poporientierten Lieder der Everly-Brüder mit Pedal-Steel-Gitarre, Mandolinen oder eigenwilligen Fiedelarrangements eingespielt, so dass sie wie alte Folksongs klingen. Das tut ihnen gut, oder unterstreicht, was für feines Songmaterial die Everly Brothers zu ihrer Zeit in die Hitparaden brachten. Und es erstaunt immer wieder, mit welcher unangestrengten Leichtigkeit Dawn McCarthy und Will Oldham ihr musikalisches Können zu Gehör bringen.

Michael Freerix

 

DAWN MCCARTHY & BONNIE „PRINCE“ BILLY – What The Brothers Sang

Update vom
09.02.2023
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