DIE BESONDERE – NORDAMERIKA
QUETZAL
Imaginaries
(Smithsonian Folkways Recordings SFW CD 40563/Galileo MC, www.quetzaleastla.com
)
12 Tracks, 53:26, mit span. und engl. Texten/Textauszügen und Infos
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Das Sextett aus dem Barrio von East Los Angeles führt uns musikalisch, sozial
und politisch gelebten Panamerikanismus vor. Die Bandmitglieder, allesamt
Chicanos, also in den USA lebende Mexikaner oder deren Nachfahren, leiten ihre
Erfahrungen mit Doppel- bis Mehrfachidentitätsfragen und Ausgrenzung in
soziokulturell beziehungsweise künstlerisch wertvolle Bahnen. Angeschoben von
Rockgitarrist Quetzal Flores als namensgebendem Kopf in politisch brisanten
Zeiten Anfang der Neunziger, konsolidierte sich das Projekt später in
Zusammenarbeit mit seiner Lebensgefährtin, der singenden und komponierenden
Percussionistin und Politaktivistin Martha González. Imaginaries
ist ein aussagekräftiges Dokument des bisherigen Weges. Sein weiter
musikalischer Kosmos reicht von den gut in der Chicano-Gemeinde verankerten
Sones Jarochos aus dem mexikanischen Veracruz, über Ranchera, Salsa, Chicano
Rock bis R n B und Pop. Alles raffiniert arrangiert und teils überraschend
instrumentiert. So klingt – etwa durch Hinzunahme einer Geige –
selbst eine Cumbia bei Quetzal eigen. Unterschiedlichste Einflüsse klingen an:
The Smiths oder Stevie Wonder genauso wie Rubén Blades oder Los Lobos, die
Pionierband dieser Chicano-Bewegung, mit der auch González schon auftrat. Martha
González wechselt sich am Gesangsmikro mit anderen Sängerinnen und Sängern ab
(Chican@s), darunter auch Geschwister. Gewechselt wird auch zwischen den
Sprachen Spanisch und Englisch, in denen die Botschaften mit sozialkritischen
und politischen Tiefgang erklingen. Zum Charakter dieses Gesamtkunstwerks, einer
Mischung aus Band, Forschungs- und Sozialprojekt, passt die sorgfältige
Gestaltung des Albums: Das umfangreiche Booklet in Spanisch und Englisch enthält
eine detailreiche Erläuterung dieser Arbeit, ihres Hintergrunds und des
politischen Kontexts. Des weiteren wird man liebevoll und sachkundig in die
Geschichte jedes Tracks eingeführt. Ein Luxus, der Standard sein sollte bei
Albenveröffentlichungen.
Katrin Wilke
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