Rezensionen BÜCHER
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KONSTANTIN WECKER
Jeder Augenblick ist ewig – Die Gedichte
Vorw. v. Herbert Rosendorfer
München: Deutscher Taschenbuch Verlag, 2012
266 S. [dtv; 14153]
ISBN 978-3-423-14153-6
Im Juni jährte sich der Geburtstag Konstantin Weckers zum 65. Mal. Aus diesem
Anlass erschien bei dtv in Originalausgabe ein Lyrikband Weckers mit Gedichten
von 1963 bis heute. Wohlgemerkt: Gedichte. Und das sind nur in Ausnahmefällen
auch Liedtexte. Weckers Poesie ist lyrisch und dennoch immer nachvollziehbar,
was keineswegs selbstverständlich ist. Seine Gedichte sind poetische Klartexte,
deren Gehalt vor dem Rezipienten nicht erst zu einer Nuss wird, die mühevoll
geknackt werden muss. Der Leser erfährt unter anderem, dass die Farbe Blau für
den Autor eine ganz besondere Bedeutung darstellt, dass er Flieder liebt und
eine Vorliebe für Wiederholungen und Kehrreime hat.
Bekanntlich ist Wecker ein Mensch, der gern Grenzen auslotetet, einer, der kaum
jemals irgendwelche Höhen und Tiefen ausließ, die das Leben zu bieten vermag.
Zudem jemand, der sich einmischt, das Maul aufmacht, wo er Unrecht und
Verdummung vermutet. Und dazu benötigt er keine Partei, keine Ideologie und
keine Religion – lediglich seinen klaren Menschenverstand und die
Erfahrung eines intensiv gelebten Lebens. Völlig zu Recht sieht der Musiker die
Poesie als ein rhythmisches Phänomen
, etwas, das mit Atmen zu tun hat, Legato
und Stakkato. Weckers Texte swingen und klingen, sie haben Rhythmus und
Melodie, auch ohne dass sie gesungen werden. Er nimmt Partei für die Schwachen
und greift die Unterdrücker an, er reflektiert sich schonungslos, seine Umgebung
klarsichtig, und immer wieder preist er die Liebe – Gedichte voller Wut
und Zärtlichkeit. Jeder Augenblick ist ewig, sagt Wecker, wenn du ihn zu
nehmen weißt
, gib dich hin und sei bereit! Dass dieser Ausnahmekünstler
kürzlich in Frankfurt von der Ordnungsobrigkeit daran gehindert wurde, für
Demonstranten zu singen, die sich gegen die Auswüchse des Bankengewerbes zur
Wehr setzen, ist ein bundesdeutscher Skandal.
Kai Engelke
Bezug: www.dtv.de
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ANNE LORNE GILLIES
Songs of Gaelic Scotland
Edinburgh: Birlinn, 2010, XXXI
558 S., mit zahlr. Noten
ISBN 978-1-84158-879-7
151 gälische Lieder, unterteilt in fünf Themenkreise – das sind die
nackten Fakten einer glorreichen Sammlung, die hauptsächlich traditionelles
schottisch-gälisches Liedgut enthusiastisch feiert, in der aber auch ein
Runrig-Song nicht fehlt. Die Lieder handeln von der See, von Clans und
Konflikten, sie beziehen sich auf das Land und – meist melancholisch oder
traurig – die Sehnsucht danach, nicht zu vergessen natürlich Lieder über
die Liebe sowie die soziale, aber auch intime Interaktion zwischen den
Geschlechtern. Zusammengestellt hat das Buch Anne Lorne Gillies, für die als
gälisch sprechende Sängerin, Schriftstellerin, Radiofrau, Verlegerin,
nationalistische Politikerin und nicht zuletzt Akademikerin die Publikation
dieser Lieder ein ganz persönliches Anliegen war.
Jeder der fünf Themenkreise wird durch einen fünf- bis sechsseitigen Aufsatz
eingeführt, zu jedem Lied findet man Noten, eine Übersetzung sowie ausführliche
Hintergrundkommentare. Das alles ist entsprechend Gillies Ausbildung akademisch
angehaucht und sorgfältig recherchiert, aber unterhaltsam geschrieben. Ergänzt
wird die Informationsfundgrube durch ausführliche Literatur- und LP/CD-Listen.
Letztere enden mit ganz wenigen Ausnahmen bereits im Jahr 2000, wohl zu dem
Zeitpunkt, als Frau Gillies die Arbeiten zu diesem Buch begann, das 2005
erstmals als Hardcover erschien. Somit wird eine Dekade spannender gälischer
Produktionen unterschlagen – ein minimaler Kritikpunkt an einem
großartigem Werk, dem man die Liebe und Begeisterung für diese wunderbaren
Lieder in jeder Zeile anmerkt. Möge das Buch zum Überleben der Sprache und der
Kultur beitragen!
Mike Kamp
Bezug: www.birlinn.co.uk
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WOLF JANSCHA
Maultrommel spielen
Bd. 1. Eine systematische Anleitung zum Selbststudium
Reichelsheim: Verlag der Spielleute, 2012
144 S, mit zahlr. Abb., Übungsmustern, plus CD
ISBN 978-3-927240-93-3
WOLF JANSCHA
Sulfur
(Wolfsonium Records/Verlag der Spielleute, www.spielleute.de
)
12 Tracks, 62:51
Die Maultrommel ist ein komplexes Instrument, nicht nur eine nette Spielerei.
Deshalb verdient sie eine Schule, mit der sie von Grund auf systematisch
erlernt werden kann. Band 1 führt von Handhaltung, Ansatz und Anschlag über
Rhythmus und Atemtechnik bis zu Obertönen, Gaumensegel- und Kehlkopfverschluss.
Neben der Spieltechnik nimmt die Vermittlung von Musikstrukturen und Notation
breiten Raum ein. Ein eigens für die Maultrommel entwickeltes Notationssystem
baut auf der üblichen westlichen Notenschrift auf und stellt die Elemente der
Spieltechnik dar: Notenwert, Anschlag, Fingersatz, Anspiellaut, Atmung und
Verschlusstechnik. Eine Vielzahl von Übungen mit ansteigendem Schwierigkeitsgrad
wird durch CD-Tracks begleitet, die sauber aufgenommen und mit Metronomklick in
Stereotrennung versehen sind. FAQs zum Instrument und zum Üben schließen den
Band ab.
Angenehm ist, dass das Lernziel zu Beginn jedes Kapitels beschrieben ist und
Lernende so an die Hand genommen werden. Raum für selbst zu entwickelnde Übungen
rundet die Kapitel didaktisch sinnvoll ab. Das Lehrbuch wird seinem universellen
Anspruch allerdings nicht immer gerecht. So werden etwa Begriffe wie Offbeat und
Synkope nicht in der üblichen Weise verwendet und können Verwirrung stiften.
Zudem wird eine Bügelmaultrommel vorausgesetzt, während Rahmenmaultrommeln nur
in den FAQ erwähnt werden. Kleine Schwächen im Layout lassen sich übersehen. Ob
der mitunter spirituelle Ansatz gefällt, der auch Körper- und Mentalübungen
einschließt, ist Geschmacksache. Wenn das Instrument denn trance-induzierend
ist, mag er sinnvoll sein. Das nach eigenen Angaben weltweit erste umfassende
Lehrwerk für Maultrommel hat mit Band 1 trotz kleiner Mängel einen guten Start
und macht gespannt auf die Folgebände.
Wer den Autor als Musiker auf seiner Solo-Maultrommel-CD Sulfur hört,
wird vielleicht gleich selbst spielen wollen. Er zeigt nicht nur virtuos, was
technisch möglich ist, sondern transportiert auch Bilder und Gefühle. Mit
vielfältigen Rhythmen und Stilen auf verschiedenen Maultrommeln führt die Reise
von Indien bis in den europäischen Norden zum lustig trabenden Pferd Odins.
Erdige Bassgrooves und transparente Melodien wechseln sich ab oder überlagern
sich, auch eine versonnene Elegie ist dabei. Vielleicht führen die repetitiven
Elemente bei aller Variation ja wirklich in die Trance
Nils Schroeder
Bezug: www.wolfsonium.com
/ www.spielleute.de
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LARS-CHRISTIAN KOCH
My Heart Sings –
Die Lieder Rabindranath Tagores zwischen Tradition und Moderne
Etnolog. Museum, Staatl. Museen zu Berlin; Kulturstiftung des Bundes; Kulturstiftung der Länder
Münster: LIT-Verlag, 2012
507 S., mit Noten, Abb. [Klangkulturstudien = Sound Culture Studies]
ISBN 978-3-643-10800-5
My Heart Sings hat als Hauptthema das Weitergeben und Weiterleben
von Tagores Liedern. Diese sogenannten Rabindra Sangita sind aus dem täglichen
Leben der Bengalen nicht mehr wegzudenken. Rabindranath Tagore (1861-1941) ist
zum Maßstab indischer Berühmtheit und Kultur geworden, in seinem Fall in der Ära
vor Gandhi, Nehru und Ravi Shankar. In Bengal und Bangladesh bleiben seine
Lieder ohne Vergleich, gesungen als ob Kaste und Klasse weggeschmolzen seien.
Üblicherweise wurden sie oral tradiert und bei der Feldarbeit auf dem Acker
gesungen. Aber inzwischen gibt es sie auch in Kinofilmen und sie werden auch als
Kunstmusik in Musiksalons gesungen. Ravi Shankar erinnerte sich auch daran, wie
aufregend es seinerzeit war, als er in den 1930er-Jahren mit der Tanzgruppe
seines Bruders Uday Shankar auf Tournee war, immer wieder begeisterte Schreie
von Tagore! zu hören. Damals wurde er zum lebendigen Sinnbild indischer
Kultur, ein Symbol gegen die britische Kolonialherrschaft und für
Selbstbestimmung und eine eigenständige Literatur. 1913 bekam Tagore als erster
Nichteuropäer den Nobelpreis für Literatur für seine Liedsammlung
Gitanjali (dt: Sangesopfer).
Kochs Meisterwerk ist ein akademisches Buch, klar, teuer auch, aber doch auch
preiswert, denn es ist auch eine Überraschung. Besonders imponierend sind die
Texte (auch ins Deutsche übersetzt) sowie die Analyse der vielschichtigen Songs.
Als Fährlohn für meine letzte Überfahrt nehme ich meinen Gesang
– da
bekommt man eine Vorstellung von Tagores Poesie.
Ken Hunt
Bezug: www.lit-verlag.de
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JUDITH BRIN INGBER (Hrsg.)
Seeing Israeli and Jewish Dance
Detroit: Wayne State University Press, 2011, XII
458 S., mit zahlr. s/w-Fotos. [Raphael Patai Series in Jewish Folklore and Anthropology]
ISBN 978-0-8143-3330-3
Viele Bücher gibt es nicht zur Thematik israelischer (oder auch jüdischer)
Tanz, weder in hebräischer noch in englischer Sprache, und so ist man
überrascht, ein voluminöses und daneben auch relativ preisgünstiges Buch darüber
in Händen zu halten. Die Herausgeberin der vorliegenden Aufsatzsammlung –
von den neunzehn stammen zwei von ihr selbst – ist nicht nur langjährige
Tänzerin, sondern einer der weltweit wenigen Autoren, die sich wissenschaftlich
mit diesem Thema befassen. Inhaltlich ist das Buch in sieben Kapitel aufgeteilt,
darunter Der gegenwärtige Israelische Volkstanz oder Ultraorthodoxer Tanz.
Unter den renommierten Mitverfassern der Beiträge befinden sich Namen wie Zvi
Friedhaber, Giora Manor, Dina Roginsky oder Shalom Staub, um nur ein paar
genannt zu haben. Sicherlich, fast alle Beiträge waren bereits irgendwo
veröffentlicht, hauptsächlich in dem Periodikum Jewish Folklore and Ethnology
Review. Jedoch waren aber diese losen Beiträge nicht nur schwierig, wenn überhaupt
erhältlich, sie wurden für dieses Buch allesamt überarbeitet und da, wo
notwendig, ergänzt. Zusammen mit einer umfangreichen Bibliografie bilden die
jedem Artikel angehängten Fußnoten für den in die Tiefe gehen wollenden
Interessenten eine eigene Schatzkammer für sich. Schließlich kommen über 180
Fotos hinzu, die das überaus breite und fantastische Spektrum des jüdischen
Tanzes widerspiegeln. Nicht unerheblich mag der Diskussionspunkt sein, wann ein
Tanz überhaupt zum einen als jüdisch, zum anderen als israelisch anzusehen
sei; das Buch gibt darauf keine eindeutige Antwort. Dass man überdies einen
Beitrag zum (jüdischen) Tanz in der Bibel vermisst, der im Alten Testament an
zahlreichen Stellen vorkommt, mag man dieser ansonsten äußerst sorgfältig
editierten Artikelsammlung gerne verzeihen.
Matti Goldschmidt
Bezug: www.wsupress.wayne.edu
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WILL SCHMID
Gitarrenmethode Buch 1
Mit Greg Koch. 2. Ausg.
O. O.: Bosworth, 2012
47 S., Noten plus CD. [Hal Leonard; HL00697371]
ISBN 978-3-86543-724-2
Leichte Pop Rhythmen
Gitarrenmethode 2nd Ed.
Spiel die Akkordfolgen von 20 Pop- u. Rocksongs. Dt. Erstausg.
O. O.: Bosworth, 2012
48 S., Noten mit Texten plus CD. [Hal Leonard Gitarrenmethode]
ISBN 978-3-86543-727-3
Leichte Pop Melodien
Gitarrenmethode 2nd Ed.;
Spiel die Melodien von 20 Pop- u. Rocksongs. Dt. Erstausg.
O. O.: Bosworth, 2012
30 S., Noten mit Texten plus CD. [Hal Leonard Gitarrenmethode]
ISBN 978-3-86543-726-6
Drei Bände für den angehenden Gitarristen, die sich in schöner Weise ergänzen.
Band 1 der Hal-Leonard-Gitarrenmethode gibt eine erste Einführung ins
Gitarrenspiel und richtet sich gleichermaßen an akustische sowie elektrische
Zauber-Lehrlinge. Spieltechnisch setzt die Schule aufs Plektrumspiel. Nachdem
die Töne in der ersten Lage auf allen Saiten vorgestellt wurden, folgen die
wichtigsten Akkorde und einige Melodien aus Folk, Pop und Klassik. Auf Tabulatur
wird durchweg verzichtet. Wer das Melodiespiel vertiefen möchte, kann sich
gleich mit geschmackvoll agierender Band im Background an bekannte Melodien aus
dem weiten Feld der Chartbreaker machen. Ob Police, Van Morrison, Doors, Beatles
oder Bob Marley, im Band Leichte Pop Melodien wird vermutlich jeder fündig
werden. Die Begleitgitarre ist Thema des ähnlich gestalteten Bandes Leichte
Pop Rhythmen. Auch hier finden sich eine Menge Popklassiker. Die lead
sheets beinhalten allerdings lediglich die Harmonien und den jeweiligen
Songablauf. Hier ist ein wenig mehr Zuhören gefordert, um einer adäquaten
Begleitung auf die Spur zu kommen, denn außer einigen Rhythmusvorschlägen auf
der letzten Seite findet sich leider kein Übungsmaterial. Gut geeignet für den
absoluten Anfänger, der gleich auch ein wenig Notenlesen lernen möchte.
Rolf Beydemüller
Bezug: www.bosworth.de
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FOLKER auf Papier
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