FOLKER – Rezensionen

Online-Rezensionen


RANDI TYTINGVÅG
Grounding

(Ozella OZ040CD/Galileo MC, go! www.tytingvaag.no )
11 Tracks, 46:35, mit Texten

Die norwegische Sängerin betritt neue Pfade. Nachdem ihre beiden ersten Alben Let Go und Red eher die Jazzer unter den Weltmusikliebhabern angesprochen haben, wird Grounding die Popliebhaber in Entzücken versetzen. Dass auch auf ihrem dritten Album Randi Tytingvågs Stimme wieder für Begeisterung sorgen wird, daran besteht ohnehin kein Zweifel. Ihr kraftvoller Gesang klingt gleichzeitig filigran und zerbrechlich. So wirkt die Künstlerin wie eine nordische Version von Suzanne Vega. Die Songs, im klassischen Bandarrangement Gitarre, Bass, Schlagzeug dargeboten, sind stark und persönlich, umfassen mit „Inside“ sogar einen charttauglichen potenziellen Hit. Dabei bleibt Tytingvåg auch bei ihrem Ausflug in den Mainstream eine Folksängerin von Fleisch und Blut, wie Gänsehauttitel wie „All That Is Not Free“ beweisen. Ihr Lieblingsthema, wie man Partnerschaft in unserer Zeit gestaltet, zieht sich auch durch dieses Album. Alles zusammen sorgt für eine Mischung zwischen Melancholie und Leichtigkeit, der man sich nur schwer entziehen kann. Grounding ist die Landung einer großen Künstlerin.

Chris Elstrodt

 

RANDI TYTINGVÅG – Grounding


EDZAYAWA
Projection One

(Soundway SNDW035/Indigo, go! www.soundwayrecords.com )
Promo-CD, 8 Tracks, 37:40

Sehr speziell rumpelnden Afrorock spielten Edzayawa vor knapp vierzig Jahren auf diesem Album ein – einen Mix aus Psychedelic-, Funk- und Prog-Rock-Elementen mit Highlife und traditionellen Gesängen. Die Tracks sind gerade einmal je um die vier Minuten lang, stecken aber trotzdem voller rhythmischer und stilistischer Brüche und Spielereien. Es sind genügend Ideen für drei Alben vorhanden, ein Jammer, dass nichts mehr gefolgt ist. Und ein Glück, dass dieser Schatz jetzt gehoben wurde. 1973 waren die musizierenden ghanaischen Teenager ins brodelnde Lagos gezogen, wo sie nicht nur in Fela Kutis Shrine auftraten, sondern auch für Projection One ins Studio gingen. Der dabei meist verwendete 6/8-Takt geht auf traditionelle Musik der heimischen Ewe zurück. Frisch und experimentell klingt das alles noch heute, zur Entstehungszeit waren Edzayawa damit wohl ganz weit vorn, nur bekam außerhalb von Nigeria niemand die Aufnahmen zu hören. Ob Musikkritiker damals Vergleiche zu Can gezogen hätten? Die Krautrocker spielten zur selben Zeit ähnlich klingende Experimente ein. Bemerkenswert auch das Cover: Die harte, flächige Grafik nimmt Achtzigerjahredesign vorweg.

Gunnar Geller

 

EDZAYAWA – Projection One


CHUCK PROPHET
Temple Beautiful

(Yep Roc Records CD-YEP-2255/Cargo Records, go! www.chuckprophet.com )
Promo-CD, 12 Tracks, 42:38

Abgesehen davon, dass er in seinen einzelnen Songs in leidenschaftlicher Ergebenheit in seine Chronistenpflicht eine konkrete Geschichte nach der anderen vom Leben in seinem Land in seiner Zeit erzählt, den Städten, ihren Örtlichkeiten und den Leuten, die sie bevölkern, berichtet Chuck Prophet mit seiner Musik insgesamt auch immer mitreißend von ebendieser Musik selbst, mit der er dies alles tut: Doo Wop! Rock! Soul! Pop! Punk! Ihr nennt es – er schafft sich drauf! Ob er die Begeisterung von seinem Vater geerbt hat, der laut Wikipedia einen Kurzauftritt in „Blackboard Jungleg hatte, mit dem Bill Haleyfs Rock fnf Roll seinen Siegeszug um die Welt begann? So oder so – es rockt und rollt in den Songs des Kaliforniers, kracht und scheppert, singt, tanzt und groovt, dass es eine wahre Pracht ist. So auch auf Temple Beautiful, einer Hommage an San Francisco in zwölf ebenso überschwänglichen wie sentimentalen und zuweilen melancholischen Aufzügen – die Giants und Willie Mays ebenso inklusive wie Harvey Milk, die Castro Street und die White Night Riots. Und Prophets Frau Stefanie Finch dazu – in „I Felt Like Jesusg noch selbst besungen, ist sie bei bei „Little Girl, Little Boyg schon wieder seine Duettpartnerin.

Christian Beck

 

CHUCK PROPHET – Temple Beautiful



Kurzschluss


INGO ANDRUSCHKEWITSCH MIT AMELIE SCHIRMER
Gesichter

(Eigenverlag, go! www.myspace.com/amelieundingo )
29 Tracks, 69:16

Man muss ein ziemlich großer Fan der Soloakustikgitarre sein, um diese fast siebzig Minuten am Stück zu hören. Sieben historische Werke aus der Zeit zwischen 1350 und 1790, dazu nicht unbedingt einprägsame Eigenkompositionen. Interessante Akzente setzt die erst 17-jährige Querflötenspielerin Amelie Schirmer. Es hätten angenehme vierzig Minuten werden können.

 

 


DIVERSE
Music And Song From Scotland

(Greentrax Recordings CDTRAX8611/Fenn Music, go! www.greentrax.com )
Do-CD, 27 Tracks, 120:53

Die offizielle „25th-Anniversaryg-Kollektion der Firma, zusammengestellt vom Chef selbst. Daher ist sie auch kein Best-of, sondern eine Auswahl von Songs, die Ian Green persönlich besonders am Herzen liegen. Da Greentrax im vergangenen Vierteljahrhundert kaum Nieten veröffentlicht hat, ist das Doppelalbum aber natürlich auch qualitativ zu empfehlen.

 

 


JOHN DOE AND THE SADIES
Country Club

(Yep Roc Records CD-YEP-2192/Cargo Records, go! www.theejohndoe.com )
15 Tracks, 39:59

Dass John Doe Bassist der kalifornischen Band X ist, angeblich Punks, hört man seinem braven Ausflug in die Countrymusik nicht an: Klassiker wie „Fool Such As I“ oder „Help Me Make It Through The Night“ sowie viel Ähnliches weniger Bekanntes in souveränen Versionen, die den Originalen jedoch höchstens im Produktionsstandard etwas hinzuzufügen vermögen.

 

 


DAMIEN JURADO
Maraqopa

(Secretley Canadian SC250/Cargo Records, go! www.damienjurado.com )
Promo-CD, 10 Tracks, 36:25

Befindlichkeiten, die sich schon mal in rätselhafter poetischer Drift verlieren können – eigentlich nur der deutlich von Alt. Rock eingefärbte Klang setzt den Indiefolkie aus Seattle, der beim dortigen Grunge-Heimlabel Sub Pop einst seine Karriere startete, mit seinem zehnten Studioalbum nennenswert von den Singer/Songwritern vergangener Zeiten ab.

 

 


LONELEY DRIFTER KAREN
Poles

(Crammed Discs CRAM190-P/Indigo, go! www.lonelydrifterkaren.com )
13 Tracks, 49:29

Die in Folker 2/2010 noch hoch gelobte Band aus Brüssel und Barcelona hat ihren fragilen Folkrockklang gegen effektheischenden Allerweltspop eingetauscht – eine künstlerische Bauchlandung. Schade um Tanja Frintas Kieksstimme – die klingt auf einmal ganz gewöhnlich. Einziger Lichtblick: „Comet“, ein knallig-sphärischer Hit mit Chris-Isaak-Gitarre.

 

 


ZED MITCHELL
Game Is On

(Acoustic Music Records 319.1481.2/Rough Trade Distribution, go! www.zedmitchell.com )
14 Tracks, 56:52

Zwischen sanften Balladen und krachendem Bluesrock bewegen sich die 14 Stücke des Albums, eine Zusammenstellung aus den ersten beiden Alben des Jugoslawen, Springtime In Paris und Summer In L. A.. Wer Blues in einer glatten, elektronisch angereicherten modernen Form mag, wird hier mit tadelloser Qualität zufriedengestellt.

 

 


NIVE NIELSEN & THE DEER CHILDREN
Nive Sings

(Glitterhouse Records GRCD 747/Indigo, go! www.nivenielsen.com )
14 Tracks, 41:28

Eine Inuit spielt alternative Folksongs auf einer Ukulele – das ist exotisch genug für einen Plattenvertrag. Musikalisch ist es dann aber doch nicht so extravagant. Wer von Boy, Hundreds oder auch von Björk nicht genug bekommen kann, ist bei Nive Nielsen gut aufgehoben. Wer sich für die Musik der Inuit interessiert, muss weitersuchen.

 

 


ORCHESTRA COCÒ
Passepartout – Canzoni D’Amore

(Felmay Fy 7036/Pool Music & Media, go! www.orchestracoco.it )
16 Tracks, 50:43

Liegt die Zukunft in der Vergangenheit? Das Orchestra Cocò, bestehend aus den Gitarristen Augusto Creni und Marco Maturo sowie dem Bassisten und Sänger Lucio Villani, zelebriert den Swing mit Liedern aus den Dreißigerjahren bis hin zu Tom Waits. Eine lockere Sache, perfekt gestylt für die Hotellobby im altehrwürdigen Grandhotel.

 

 


WENDY RENE
After Laughter Comes Tears

(Light in the Attic LITA080/Cargo, go! www.myspace.com/officialwendyrene )
22 Tracks, 62:44

Aufwendig gestaltete Zusammenstellung der fünf Singles inklusive B-Seiten und einiger unveröffentlichter Tracks, die Wendy Rene mit und ohne ihre Drapels 1964 und f65 für das legendäre Soullabel Stax in Memphis aufgenommen hat. Leider reichen die enthaltenen Raritäten nicht an das zartbittere Titelstück und das quatschig-quirlige „Bar-B-Qg heran.

 

 

Update vom
09.02.2023
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