Rezensionen Nordamerika
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DIVERSE
Dancing Alone – Songs Of William Hawkins
(Paper Bag Holdings/True North Records TND519/Al!ve AG, www.alive-ag.de
)
Do-CD, 25 Tracks, 87:46, mit engl. Infos
Nein, nein – der Mann lebt! Seine Freunde waren lediglich so schlau, einem
verdienten Künstler einmal die Ehre zu erweisen, während er selbst noch etwas
davon hat. Und nicht nur das: William Hawkins, 1940 in Ottawa geborener Dichter
und Singer/Songwriter, ist dortselbst auch noch gesund und am Schreiben. Auch
noch all die Jahre nachdem er zwischen 1964 und ’71 für viele Kolleginnen und
Kollegen zum Fixpunkt ihres gesellschaftlichen wie musikalischen Lebens wurde.
Bruce Cockburn, Sandy Crawley, Sneezy Waters und Neville Wells, die auf
Dancing Alone mit von der Partie sind, waren damals schon an Hawkins’ Seite. Suzie Vinnick
oder Ana Miura sind dafür schlicht zu jung. Ausnahmslos alle, die erwähnten wie
einige andere mehr, sind den Songs des Freundes so nah als seien sie ihre
eigenen. Kein Wunder, spiegeln Texte wie Kompositionen das Leben normaler
Menschen doch so grundlegend und in einer solch schlichten Schönheit, dass
damit wohl fast jeder etwas anzufangen wissen sollte. Die älteren sind sanfter,
die jüngeren auch mal mit etwas mehr Druck – das Leben geht weiter. Nun
allerdings mit einigen Hawkins-Songs. In Ottawa – und mit dieser
Veröffentlichung auch weit darüber hinaus.
Christian Beck
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DIVERSE
Murder – Songs From The Dark Side Of The Soul
(Trikont US-0399/Indigo, www.indigo.de
)
23 Tracks, 70:22, mit ausführlichen dt. und engl. Infos und zahlreichen engl. Textbeispielen
Wie man einem Album, dessen musikalischer Schwerpunkt so klar auf Blues und sehr
nah Artverwandtem liegt einen derart missverständlichen Titel geben kann –
man fasst es nicht! Soul ist, Dark Side Of The Soul hin oder her, auf
Murder jedenfalls keiner zu hören. Sonst ist wieder alles wie eigentlich immer bei den
nahezu ausnahmslos ausgezeichneten Trikont-Samplern: knackiges Thema –
Mord und Verbrechen. Massenweise tolle Musik – von Klassikern wie Bessie
Smith, Billie Holiday, Louis Armstrong, Jimmie Rodgers, den Stanley Brothers
und zahlreichen weiteren allgemein bekannten wie eher unbekannteren
Interpreten. Viel Info im bis auf die Schriftgrößen wie immer vorbildlichen
Booklet. Nicht zu vergessen die Freude am Abseitigen, Schrägen, die für das
Münchner Spezialitätenlabel ja geradezu charakteristisch ist. Da erzählen die
Chronisten vergangener Zeiten nun noch einmal von allen Arten von Gemetzel und
den Gründen dahinter, persönlich, geschäftlich, politisch – ein Sujet, das
seit dem Siegeszug des Fernsehens aus der Popmusik weitgehend verschwunden ist.
Zu deren deutlichem Nachteil und wachsendem Bedeutungsverlust. So cool werden
Nachrichten bei allem Horror wohl nie wieder grooven ...
Christian Beck
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CURTIS HARVEY
Box Of Stones
(Fatcat Records/Cargo Records, www.cargo-records.de
)
Promo-CD, 12 Tracks, 38:49
Das beliebteste Adjektiv für Produktionen wie diese lautet: reduziert. Womöglich
hat Singer/Songwriter Curtis Harvey aus Beacon, New York, aber nur aus der Not
eine Tugend gemacht. Allein im privaten Kellerstudio aufgenommen, mit
Instrumenten, die gerade vorhanden waren, wozu auch Töpfe und Pfannen gehörten:
Da kommt kein „Wall Of Sound“ zustande. Die benötigen die Stücke des
Ex-Frontmanns von Pullman allerdings auch nicht, erhebt dieser doch die
Beschränkung auf das Wesentliche zum Programm: „All I have is right here / As
long as I’ve got two hands, a mouth, strings, and a melody“, heißt es in
„Borrowed Time“. Eine zerbrochene Liebe und die Wirtschaftskrise werfen ihn auf
sich selbst zurück und schaffen in den Songs seines ersten Soloalbums jene
Intimität, der man gern lauscht und die sein öfter an John Fahey angelehntes
Gitarrenspiel unterstreicht. Die Lieder sind inspiriert von Altvorderen wie Bill
Monroe und der Carter Family, Gillian Welch gehört zu Harveys Favoriten. Und
trotz der kargen Eigenproduktion ist nicht zwingend Schmalhans Küchenmeister. So
verziert er etwa „Medicine“ lieblich mit den Klängen eines Kinderglockenspiels.
Der Mann hat Geschmack.
Volker Dick
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GEOFF MULDAUR AND THE TEXAS SHEIKS
Texas Sheiks
(Tradition & Moderne T&M 045/Indigo, www.indigo.de
)
14 Tracks, 49:37, mit engl. Infos
Es gibt sie noch, die Gralshüter musikalischer Traditionen. Geoff Muldaur ist
einer von ihnen. Wie bereits sein Album Private Astronomy: A Vision Of The
Music Of Bix Beiderbeckegehört auch Texas Sheiks
in die Reihe der von ihm selbst als „meine kleinen verrückten Projekte“
bezeichneten musikalischen Unternehmungen abseits des kommerzbe- und
-getriebenen Mainstreams. Die mit der gleichnamigen Band – Stephen Bruton,
Johnny Nicholas (Asleep At The Wheel), der mehrfachen Grammy-Gewinnerin Cindy
Cashdollar (Bob Dylan, Van Morrison), Suzy Thompson und Bruce Hughes (Poi Dog
Pondering) – eingespielten 14 Titel erinnern in weiten Teilen an die
Hoch-Zeit des Jugbandmusik-Revivals der Sechzigerjahre. Schon damals war Muldaur
dabei – als Mitglied der Jugband von Jim Kweskin. Auch der ist auf
Texas Sheiks als Gastmusiker zu hören, unter anderem beim Jugbandklassiker „Blues In The
Bottle“. Die Hommage an Country und Jump Blues, Texas Swing und die Musik der
Stringbands aus dem Süden der USA entstand als Benefizprojekt für den an Krebs
erkrankten und im Mai 2009 verstorbenen Stephen Bruton. „Ein in jeder Hinsicht
wunderbares Album“, schreibt T-Bone Burnett im Booklet. Dem ist nichts
hinzuzufügen.
Michael Kleff
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THE PINES
Tremolo
(Red House Records RHR-CD-222/In-akustik, www.in-akustik.com
)
10 Tracks, 45:22
Wie lange ist es her, dass ein Album in den Player fuhr und bereits nach fünf
Sekunden die völlige Aufmerksamkeit des Hörers auf sich zog? Nicht lange;
genauer gesagt, seit Tremolo hier eintraf und an die Reihe kam. Die Newcomer aus Arizona legen die
Referenzmarke in Sachen Americana sehr hoch und sind vielleicht führend in der
Sparte Americana/Indie-Crossover. Wo bei den meisten Kollegen die Aggressivität
den Alternative-Anteil bestimmt, ist es hier das verspielte Herangehen an das
Songmaterial. Obwohl The Pines sich auf jeder Rockbühne behaupten könnten,
sollte man sie sich doch eher in einem Acoustic Set in einem kleinen Club
vorstellen. Ihr drittes Album zeigt die Band erwachsen und ausgereift. Dass
gerade damit bemühte Ernsthaftigkeit vermieden wird, ist wundervoll. Leiser
Humor durchzieht wie ein roter Faden das Album. Man sitzt auch nach dem viel zu
frühen Ende still grinsend im Sessel, bis der Finger die Repeat-Taste findet.
In Übersee reicht der Erfolg der Band mittlerweile, um als Vorgruppe von Arcade
Fire gebucht zu werden. Hoffen wir, dass ein ähnliches Schicksal der Band auch
hierzulande zuteil wird.
Chris Elstrodt
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JOY KILLS SORROW
Darkness Sure Becomes This City
(Signature Sounds SGTR 2027/In-akustik, www.in-akustik.com
)
Promo-CD, 12 Tracks, 39:27
Wer beim Studieren des Bandnamens meint, ein musikalisches Sorglospaket zu
bekommen, sei gewarnt: Die Bezeichnung „Joy Kills Sorrow“ ist lediglich geklaut
– von der Radiostation WJKS, die in den 1930er-Jahren Shows der Monroe
Brothers Bill und Charlie ausstrahlte. Das wiederum gibt einen Hinweis auf die
Wurzeln der Musik des Quintetts aus Boston: Bluegrass. Manchmal treten diese
Wurzeln deutlich zum Vorschein, etwa in dem entspannten „New Shoes“ mit seinem
einprägsamen Lick oder dem Walzer „Thinking Of You And Such“, den ein
Monroe-mäßiges Mandolinenintro in Fahrt bringt. Die Botschaft im Text klingt
jedoch verhalten: „I miss you, but not that much.“ Was natürlich nach Lügen aus
Selbstschutz klingt. Insgesamt gehen JKS ernsthaft ans Werk, spielen ähnlich
prominenterer junger Bands wie Crooked Still eher kammermusikalisch angelegte
akustische Songs, die von Elementen aus Old-Time Music, Jazz, Blues und eben
Bluegrass leben. Es sind vorwiegend Eigenkompositionen, die Bridget Kearney (b),
Emma Beaton (voc), Matthew Arcara (g), Jacob Jolliff (mand) und Wesley Corbett
(bj) auf hohem Niveau präsentieren. Nur manchmal wirkt das ein bisschen
verkopft. Die Band wird wachsen!
Volker Dick
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FOLKER auf Papier
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