DIE BESONDERE – EUROPA
HOT GRISELDA
Hot Griselda
(Appel Rekords APR1317, www.denappel.be
, www.hotgriselda.eu
)
13 Tracks, 53:22 mit engl. Infos
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Uilleann Pipes gelten gemeinhin als Instrument der traditionellen irischen
Musik. Die fünf belgischen und niederländischen Musiker Stijn van Beel, Kaspar
Laval, Jeroen Geernick, Toon van Mierlo und Gunnar van Hove bewegen sich auf
Hot Griselda durchaus auch im Fahrwasser der Irish-Trad-, Celtic-Swing- und
Rythm-’n’-Reel-Musik, entwickeln dabei aber einen ganz eigenen Stil. Der
Rezensent durfte van Beel und Laval schon mit ihren Bands Kill da Goose und
Stargazer lauschen und bestaunen, was da abgeht. Ja, die Pipes klingen irisch,
was aber mehr an den Hörgewohnheiten als an der Musik selber liegen mag. Die
Melodien der durchweg selbst komponierten und arrangierten Stücke klingen außer
irisch auch bretonisch, skandinavisch, niederländisch/flämisch, balkanisch oder
gar nicht ethnisch verortbar jazzig, avantgardistisch, schräg, wild, und beim
Erklingen eines Sopransaxofons kommt die Erkenntnis: Die Pipes haben das
gleiche Potenzial der Globalisierung wie das Sax, passen in die modernen Städte
Europas genau wie in die grünen Hügel Irlands, und ebenso Whistles, Bouzouki,
Gitarre, Melodeon, Bodhrán und Keyboard. Die Musik ist voller Feinheiten, die
beim fast durchweg hohen Tempo nicht sofort auffallen, sich bei genauem Zuhören
aber als äußerst filigranes Zusammen- und Wechselspiel der verschiedenen
Instrumente, als Tonartenwechsel, als Duelle von Rolls und Stakati erweisen.
Zudem variieren die Musiker die Themen immer wieder, verzieren sie neu, ziehen
Töne in die Länge, hacken andere ab, wechseln die Taktbetonung hier und da und
so weiter. Man würde den Spielern eigentlich gerne auf die Finger schauen,
immerhin kann man sich fallen lassen. Schade nur, dass es nicht mehr Infos zu
den Tunes und den Ideen dahinter gibt! Vielleicht gehört es aber auch zum Credo
der Musiker, ihre Musik für sich selbst sprechen zu lassen oder zum Nachdenken
über die großenteils niederländischen oder flämischen Titel wie „Schojaseuten“
oder „Goeskope Tranen“ anzuregen – oder über den Sinn des Covers.
Michael A. Schmiedel
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DIE BESONDERE – SCHOTTLAND
EILIDH MACKENZIE
Bel Canto
(Macmeanmna SKYECD52, www.gaelicmusic.com
)
14 Tracks, 59:38, mit engl./gäl. Texten und Infos
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Das ist doch mal was ganz anderes! Eilidh Mackenzie, die mit ihren beiden
Schwestern eine der bezauberndsten Stimmenkombinationen Schottlands bietet, hat
solo ein Konzeptalbum der besonderen Art vorgelegt. Sie nahm den Roman
Bel Canto von Ann Patchett, transponierte die Story von Südamerika ins gälische
Schottland und schrieb die entsprechenden Lieder dazu. Darum geht es:
Terroristen, die heutigen UniversalFieslinge, nehmen eine private Gesellschaft
in Geiselhaft, die einer Opernsängerin lauscht. Sie vermuten den Präsidenten
unter den Gästen. Ist er aber nicht und so zieht sich die Geiselnahme hin. Mit
zunehmender Zeit verwischt die Grenze zwischen den Geiseln und den Bösen. Mit
anderen Worten: eine Fabel über die Kraft des Gesangs und der Musik, über
Liebe, Identität, Sprache und Kommunikation. Die Lieder werden meist von
Mackenzie mit ihrer delikaten Stimme interpretiert, aber auch von illustren
Kollegen wie Michael Marra mit seiner Raspelstimme, Eddie Reader oder Anna
Meldrum, und auch Eilidhs Schwestern Gillian und Fiona sind zu hören. Die
Instrumentierung ist ebenfalls vom Feinsten, unter anderem mit Pianist Brian
McAlpine und Deacon-Blue-Mitglied Ged Grimes (Bass). Eine ausgesprochen
gelungene Mischung aus traditionellen und zeitgenössischen Klängen sorgt für
ein ganz starkes Album. Ebenfalls begeistert ein intelligentes, völlig
plastikfreies Cover, was dennoch alle sinnvollen Infos enthält. Vorbildlich!
Mike Kamp
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