zwischen hoffen
und enttäuschung
bosniens
junge stimmen
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AUSWAHLDISKOGRAFIE:
Emina Zecaj:
Zecaj Emina (Gramofon, 2008)
Mostar Sevdah Reunion:
A Secret Gate (Snail Records/Cargo, 2003)
Café Sevdah (Snail Records/Cargo, 2007)
Amira Medunjanin:
Rosa (Snail Records/Cargo, 2005)
Amira (mit Band; Gramofon, 2009)
Zumra (mit Merima Klujce; Gramofon, 2009)
Damir Imamovic Trio:
Svira Standarde/Plays Standards (Buybook, 2006)
Abraševic Live (Gramofon 2008)
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Viele Menschen assoziieren Bosnien und Herzegowina noch immer mit Krieg und
ethnischer Vertreibung. Das Foto der lange zerstörten Brücke über die Neretva in
Mostar hat sich in den Köpfen festgesetzt. Heute schlägt die Brücke wieder ihren
eleganten Bogen über den glasklaren Fluss, und langsam entdecken Touristen das
kleine zerklüftete Balkanland. Sarajevo ist unbestritten die musikalische
Hauptstadt Bosniens. Hier gibt es seit dreizehn Jahren ein renommiertes
Jazzfestival und in den vielen Musikcafés, den Kafanas, erklingen spät in der
Nacht die wehmütigen Sevdahlieder.
Text: Grit Friedrich
FESTIVAL-INFO:
03.-10.10.09: Festival Off Europa –
Wunde Bosnien, www.bfot.de
Programmauszug:
03.10.09: Amira Medunjanin, Leipzig, Nato
04.10.09: Amira Medunjanin (mit Dino Sukalo),
Dresden, Societaetstheater
08.10.09: Damir Imamovic, Leipzig,
UT Connewitz
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Sarajevo 2009, die Ruinen sind verschwunden, aber auf dem Pflaster in den
Straßen oder neben der Markthalle sieht man rot markierte Einschusslöcher
überall dort, wo Menschen gestorben sind. Die Sängerin Amira Medunjanin hat die
Belagerung ihrer Heimatstadt in den Neunzigerjahren mit Hilfe der alten
Sevdahplatten ihrer Eltern überstanden. Sevdalinke sind in der Zeit der
osmanischen Besetzung von Bosnien wurzelnde Lieder, die von Liebe oder
ungestilltem Verlangen erzählen.
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Ursprünglich dominierte die Langhalslaute Saz
den Sevdahklang, doch mit dem Schritt aus den Häusern reicher muslimischer
Familien kamen Geige, Gitarre und Akkordeon hinzu. Und als die Mostar Sevdah
Reunion Ende der Neunzigerjahre damit begann, orientalisch geprägte Liebeslieder
aus Bosnien neu aufzunehmen, träumte Amira Medunjanin noch von einer
Zusammenarbeit. Auf der CD A Secret Gate absolvierte sie dann einen
Gastauftritt. Auf Medunjanins Debüt-CD Rosa
aus dem Jahr 2005 erklingen dann neben Sevdalinke und Melodien aus der
serbischen Region Vranje auch traditionelle Lieder aus Mazedonien. „Ich bin
verrückt nach ihnen, obwohl ich kein einziges Wort Mazedonisch spreche. Aber
die Sensibilität des mazedonischen Liedes ist sehr nah an der Feinfühligkeit
der bosnischen Sevdahmusik, und damit bin ich ja quasi aufgewachsen.“
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Das Wort sevdah kommt aus dem Arabischen und bedeutet „Liebe, Verlangen,
Ekstase“, und genau diese Gemütslage zwischen Hoffen und Enttäuschung beschreiben die Sevdahlieder.
Über Jahrhunderte war das Publikum dieses Genres auf wohlhabende muslimische
Familien begrenzt, im zwanzigsten Jahrhundert entwickelte sich dann in
bosnischen Städten die Sevdahmusik fast zum Massenphänomen. Die Mostar Sevdah
Reunion war lange die einzige Band, die diesen Balkanblues auch außerhalb ihres
Heimatlandes auf die Bühne brachte. Ihre aktuelle CD Café Sevdah
klingt auch wegen des Gruppengesangs der beteiligten Musiker weitaus
extrovertierter als alle Alben vorher und betont eher die gesellige Seite der
Kafanamusik.
„Je tiefer man in
eine Tradition
eintaucht, desto
offener wird sie
für andere
Einflüsse.“
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Mittlerweile ist in Sarajevo eine neue Generation von Sevdahmusikern
herangewachsen. Die einen imitieren die großen Vorbilder, die anderen, wie Amira
Medunjanin oder Damir Imamovic suchen nach neuen künstlerischen Wegen. In diesem
Jahr konnte Medunjanin gleich zwei Alben veröffentlichen. Eine Live-CD mit dem
Titel Amira, aufgenommen mit ihrer neuen Band beim 12. Internationalen Jazz Fest Sarajevo
und ein spektakuläres Duoprojekt namens Zumra, dass die Sängerin
mit der klassisch ausgebildeten Akkordeonistin Merima Kljuco
zusammengebracht hat. Zumra ist ein alter Frauenname in Bosnien, aber das Wort
bedeutet im Türkischen auch: „Was für eine Art Mensch bist du?“ „ Jeden Song
haben wir gemeinsam durchgesprochen und Merima Kljuco hat ihre verrückten
zeitgenössischen Arrangements ausprobiert. Ich war sehr neugierig, wie die Leute
darauf reagieren würden. Merimas Akkordeon klingt wie zehn Instrumente, wie ein
ganzes Orchester. Ich bin fasziniert, wie sie dieses riesige, sechzehn Kilo
schwere Instrument beherrscht, sogar damit auf der Bühne herumspringt.“
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FOLKER auf Papier
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