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Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm

KAI DEGENHARDT

Lieder gegen die herrschende Klasse

Kai Degenhardt
Diskografie:
Brot und Kuchen (Plattenbau, 1997)
Dekoholic (Plattenbau, 2000)
Briefe aus der Ebene (Plattenbau, 2003)
Weiter draußen (Plattenbau, 2008)

Kai Degenhardt schreibt seit einiger Zeit
regelmäßig Artikel für die kommunistische
Wochenzeitung UZ und andere linke
Publikationen. Eine Auswahl dieser Aufsätze
ist unter dem Titel Roll Over Song & Dance
im Frühjahr 2008 beim Neue Impulse Verlag
erschienen.

Kai Degenhardt unterwegs:
01.11.08: Kaiserslautern, Kammgarn
02.11.08: Duisburg, Steinbruch
05.12.08: Chemnitz, Rothaus

go! www.kai-degenhardt.de

„Natürlich mache ich politische Lieder – was auch sonst“, heißt es auf Kai Degenhardts Website. Der 1964 geborene Musiker ist der Sohn von Franz Josef Degenhardt, Deutschlands „berühmtestem Protestsänger“. Mit dessen Liedern sowie im politisch-kulturellen Umfeld der linken Szene jener Jahre wuchs Kai Degenhardt auf. Folk, Rock, Punk, Wave und Reggae begleiteten ihn musikalisch in den Siebziger- und Achtzigerjahren.

Meiner Ansicht nach
ist eine künftige sozia-
listische Systemalterna-
tive langfristig die einzige
Hoffnung für die Mensch-
heit, auf diesem Plane-
ten zu überdauern.

Zu den Künstlern, die ihn beeinflusst haben, gehören Bob Dylan, Frank Zappa, Rio Reiser, Joe Strummer, Hanns Eisler oder Billy Bragg. Noch vor seinem älteren Bruder Jan (siehe go!  Folker! 1/2001 ), dessen erste CD 1999 erschien, veröffentlichte Kai 1997 sein Debüt: Brot und Kuchen . Mit seinem Vater arbeitet er schon seit vielen Jahren als Arrangeur und Gitarrist zusammen – im Studio und auf der Bühne. Nach Dekoholic im Jahr 2000 und Briefe aus der Ebene 2003 hat der Gitarrist und Sänger mit Weiter draußen Ende September seine vierte CD herausgebracht. IM FOLKER! -GESPRÄCH ÄUSSERT SICH KAI DEGENHARDT ZU SEINEM KüNSTLERISCHEN UND POLITISCHEN SELBSTVERSTÄNDNIS.

Von Michael Kleff

Kai Degenhardt

Du machst ja keinen Hehl aus der Tatsache, dass dein Vater dich bei deiner eigenen Entwicklung als Liedermacher beeinflusst hat. Ist das eher eine Bürde oder von Vorteil?

Klar bin ich von meinem Vater beeinflusst. Ich bin ja nicht nur sein Sohn, sondern habe auch seit 1987 auf allen seinen Platten Gitarre gespielt, arrangiert und bin knapp zwanzig Jahre lang mit ihm auf Tour gewesen. Das mit dem Vorteil oder der Bürde kann ich aber schlecht beantworten. Ich kenne es ja nicht anders, vermute aber, dass mir der Name und die langjährige Zusammenarbeit schon ein wenig Aufmerksamkeitsvorschuss einbringen, während es auf der anderen Seite natürlich dazu einlädt, mich permanent mit ihm zu vergleichen. Ich kann damit aber ganz gut leben.

Meiner Ansicht nach
ist eine künftige sozia-
listische Systemalterna-
tive langfristig die einzige
Hoffnung für die Mensch-
heit, auf diesem Plane-
ten zu überdauern.

Das kürzeste Stück auf Weiter draußen ist kaum mehr als eine Minute lang. Der letzte Track auf der CD bringt es auf über dreizehn Minuten. Was hat dich veranlasst, deine Gedanken, Anmerkungen und Beobachtungen aufzuteilen in Songs und Miniaturen?

Das hat sich erst im Laufe der Arbeit entwickelt. Nachdem die ersten Stücke fertig waren, blieben Fragmente übrig, die ein anderes Tempo hatten oder als Szenen in ein Lied nicht mehr hineinpassten. Ich hatte dann die Idee, daraus kurze Stücke zu machen, die ich als eine Art Bindemittel zwischen den Songs einsetzte, wo Motive wieder auftauchen und die Themen von einer anderen Seite, aus einer anderen Perspektive neu beleuchtet werden. Diese Miniaturen werfen zumeist Streiflichter auf die prekären Zonen des heutigen Zusammenlebens. Wobei diese Ausschnitte ja nicht etwa Entgleisungen darstellen, sondern vielmehr wesentliche Bestandteile einer Herrschaftsform sind, die auf der Errichtung einer zum allgemeinen Dauerzustand gewordenen Unsicherheit fußt.


KAI DEGENHARDT
Weiter draußen

(Plattenbau 08016, www.plattenbau.de)
18 Tracks, 69:43, mit Texten

Gewisse CDs erfordern ein behutsames Annähern. Bei so mancher CD will die Musik noch nicht so recht in den Kopf. Bei Weiter draußen sind es die Worte - die vielen Worte, die oft überraschenden Bilder, um genau zu sein. Wer ausschließlich Hintergrundmusik mag, wird dieses Album kaum schätzen. Man könnte kritisieren, Kai Degenhardt schreibe keine Songs, er schreibe Kurzgeschichten. Aber diese Kurzgeschichten haben es in sich. Mit seinem fast gesprochenen, gut verständlichen Gesang zeichnet er Stimmungsskizzen, die zu denken geben. Besonders eindrücklich ist das Lied „Die Tötung“ über das traurige Schicksal eines Migranten aus Afrika. Der Sänger wirft darin lakonisch ein, dass wir uns beim Anhören dieser Mörderballade nur langweilen, da wir ja schon alle Katastrophen dieser Welt kennen. Nein, lieber Kai Degenhardt, tun wir nicht. Dieses und andere Lieder machen tief betroffen - gerade auch, weil sie die Realität genau spiegeln. Die fast karge, dafür umso effektvollere Begleitung (Gitarren, Melodica, Bass, Percussion, Cittern und Keyboards), die Kai Degenhardt und Goetz Steeger beisteuern, verleiht den Liedern eine Dringlichkeit, die den Texten einen zusätzlichen Schub gibt.

Martin Steiner

 

KAI DEGENHARDT – Weiter draußen


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Mehr über Kai Degenhardt
im Folker! 6/2008