Von Piet Pollack
Kontakt:
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Das war ein gutes Jahr für die Degenhardts. Vater Franz Josef stand mal mit einem, mal sogar mit zwei Titeln seiner aktuellen CD "Café nach dem Fall" über Monate hinweg ebenso in der SWR-Liederbestenliste wie Sohn Kai. Und jetzt macht sich mit Jan Degenhardt ein weiteres Familienmitglied auf, die deutsche Liedermacherszene zu erobern. Den Anfang machte der 1962 in Saarbrücken geborene Jurist und Musiker (wie Vater und Bruder) beim Tanz&Folkfest Rudolstadt, wo er beim Wettbewerb um den Deutschen Folkförderpreis 2000 den zweiten Platz belegte. Piet Pollack sprach mit Jan Degenhardt.
"Aufbruch" heißt deine erste CD und der Name charakterisiert auch deine Situation in Sachen Musik. Mit 37 Jahren stehst du jetzt in den Startlöchern zur Musikerkarriere. Wenn man deine CD hört, denkt man immer wieder über Stilistiken nach. Charakterisiere mal die Musik, die du spielst!
Ich bin nicht auf einen Stil festgelegt. Bediene mich verschiedener Stilrichtungen, um die Texte zu transportieren. Das geht von moderner Technomusik hin zu Chanson und Folkpickings. Ich bin da nicht so festgelegt.
Die Texte scheinen für dich der Schwerpunkt zu sein. Wer schreibt diese und welche Themen magst du besonders?
Ich verarbeite in den Texten, die ich fast immer selbst schreibe, alles, was ich so erlebe. Ich suche mir keine Themen raus, sondern was mich beschäftigt in meinem Leben, das setze ich in Texte um.
Ist das gleich Musik oder erst mal ein Gedicht, zu dem später eine Melodie kommt?
CD: "Aufbruch" (Pläne 88836)
Auftritt: |
Unterschiedlich. Manchmal ist zuerst die Musik da und dann kommt aus dem Spielen heraus eine Idee zum Text. Manchmal ist es umgekehrt. Ich habe eine schöne Textpassage, zu der ich eine Melodie suche. Das geht so Hand in Hand eigentlich. Ich glaube auch, dass ich weniger melodisch, mehr rhythmisch herangehe. Bei den Texten versuche ich zu vermeiden, mit dem Zeigefinger zu hantieren. Also nicht immer Sachen so betonen, das geht auf Kosten der Zwischentöne. Die Texte sind zum Teil Stimmungen und Gefühle. Je konkreter sie werden, desto eher werden Geschichten draus. Der Titelsong "Aufbruch" ist z.B. die Biographie eines Mannes aus der DDR nach der Wende. Das ist schon sehr konkret. Die Liebeslieder sind dagegen eher abstrakt gehalten.
Wann schreibst du Texte? Wenn man deinen Anrufbeantworter anhört "Hier Rechtsanwaltskanzlei Jan Degenhardt", könnte ich mir vorstellen, dass wenig Zeit zum Musizieren bleibt.
Bisher hatte ich sehr wenig Zeit. Ich bin Anwalt, habe an der Uni unterrichtet und an der Berufsschule, dazu noch zwei Kinder. Die habe ich großgezogen, sie sind nun 18 und 19. Jetzt habe ich einfach mehr Zeit. Da widme ich mich mehr der Musik. Das ist ja einer der Gründe, warum ich erst so spät mit Musikmachen begonnen habe. Ich bin jetzt schon 37. Als ich vor zwei bis drei Jahren wieder anfing mit Musizieren, bin ich noch mal in die Musikschule in Greifswald gegangen. Das war gut zur Auffrischung der Grundkenntnisse. Dort habe ich auch meine Freundin Angela kennengelernt, die damals meine Klavierlehrerin war. Gitarre habe ich mehr autodidaktisch gelernt, so über die Jahre hinweg.
Aber das Musizieren lag sicher schon immer in der Familie. Jetzt ging es doch mehr um öffentliche Auftritte.
Rudolstadt ist mein erster großer öffentlicher Auftritt. Ein einziges Mal habe ich öffentlich gesungen, anlässlich eines Geburtstages meines Vaters. Da haben sehr viele Künstler gesungen und mich hatte man auch gefragt. Das war aber nicht in einem so professionell angelegten Rahmen. Ansonsten ist es heute das erste Mal, ich bin auch recht aufgeregt. Und gespannt. Es fehlt einfach die Übung. Wenn ich vor Gericht auftrete, ist das Routine. Die fehlt noch in der Musik. Als Kinder haben wir allerdings schon richtig Unterricht gehabt, waren in der Musikschule. Das gehört dazu, wenn man in einer Musikerfamilie aufwächst. Ich habe Gitarre und Klavier gespielt und ein bisschen getextet, aber im privaten Rahmen. Ich hatte auch nie Ambitionen aufzutreten.
Lag das daran, dass du keine Lust hattest, keine Zeit oder waren schon genug Musiker in der Familie?
Ich bin wahrscheinlich mehr ein Sicherheitstyp. Ich wollte erst einmal etwas lernen, was mir ein sicheres Einkommen beschert. Habe also einen "geerdeten" Job vorgezogen und Jura studiert. Ich kannte das Musikerleben aus meinem Elternhaus, mein Vater ist ja Liedermacher, ich bin damit aufgewachsen. Ich wollte gern etwas Handfestes machen. Da weiß man, das ist richtig, das ist falsch, das kann man anfassen. Das unstete Künstlerleben ist zwar sehr abstrakt, sehr phantasiereich, aber nicht ganz so geerdet wie der juristische Job. Ich wollte etwas Handfestes, was mir eine gewisse Sicherheit gibt.
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