Voraussichtlicher Termin für das "Festival Musik und Politik 2005": 24.-27.02. in Berlin |
Eine Bestandsaufnahme zum Thema "Protestsong" und "politisches Lied" stand im Mittelpunkt des diesjährigen Festivals Musik und Politik. Der Veranstalter - der Verein Lied und soziale Bewegungen in Zusammenarbeit mit der Bundeszentrale für politische Bildung - hatte Liedermacher wie Hans-Eckardt Wenzel und Konstantin Wecker eingeladen, Kabarett von Arnulf Rating und Dieter Beckert, HipHop aus dem Senegal mit Daara J und Marx als elektronisches Musiktheater. Die Goldenen Zitronen präsentierten eine Mischung aus Punk, Agitprop und HipHop, und der israelische Jazz-Klarinettist und -Saxofonist Gilad Atzmon vereinte in einem ungewöhnlichen Stilmix jüdische und orientalische Elemente. Das "andere Amerika" wurde durch Judy Gorman repräsentiert. In verschiedenen Gesprächsrunden ging es u.a. um die nachwachsende Liedermachergeneration.
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Anlässlich des 40. Jahrestags des ersten Festivals auf Burg Waldeck im Hunsrück im Mai 1964 und vor dem Hintergrund einer Ausstellung unter dem Thema "Burg Waldeck und die Folgen - Song-Festivals in Deutschland" ging es im "Folker!-Gespräch" um das "Erbe" der Waldeck und den politischen Anspruch von Festivals in unserer Zeit.
Unter Leitung von Folker!-CvD Michael Kleff diskutierten Bernhard Hanneken (Festival-/Konzertveranstalter und freier Journalist, Freising), Eckard Holler (Pädagoge, Tübingen), Diethart Kerbs (Kunstpädagoge, Kultur- und Fotohistoriker, Berlin), Lutz Kirchenwitz (Kulturwissenschaftler, Berlin), Tom Schroeder (Journalist und Rundfunkmoderator, Mainz) sowie Hein und Oss Kröher (Musiker, Pirmasens). Eine ausführlichere Dokumentation dieses Gesprächs sowie der anderen Diskussionen und Workshops findet sich in der vom Verein Lied und soziale Bewegungen herausgegebenen Broschüre "Festival Musik und Politik 2004".
Bernhard Hanneken: Das Festival in Rudolstadt hat einen Vorläufer als reines Tanzfest, das 1955 als Festival des deutschen Volkstanzes gegründet worden ist und damals noch eine dezidiert deutsch-deutsche Veranstaltung war, wo Tanzensembles aus dem Westen in die DDR eingeladen wurden. Das war spätestens Ende der 50er Jahre nicht mehr opportun, und statt dessen ist es zu einer SED-Volkstanz-Vorzeigeveranstaltung geworden: Rudolstadt Stadt der Tanzfeste - das Volkstanzfest der DDR. Insofern war es ein Politikum. Es war ein Kulturpolitikum für die Stadt Rudolstadt direkt nach der Wende, sich zu überlegen, was machen wir. Rudolstadt liegt 30 Kilometer südlich von Weimar, Jena, Erfurt mit all den Problemen, die eine solche Stadt hat. Insofern musste sich Rudolstadt etwas überlegen und hat damals die logische Folgerung gezogen, wenn wir schon Kultur haben, dann sollte man die auch fördern und sollte sie bewusst nutzen, um sich damit auch in Bezug auf die Wirtschaft usw. attraktiv zu positionieren. Das Festival hatte aber - was die Inhalte angeht - damals wie heute keine dezidiert politische Ausrichtung. Es war von vornherein ein Musikfestival, in dem Politik immer eine Rolle gespielt hat, aber in dem es eben nicht die Hauptrolle spielt. Wir alle kennen die Problematik. Wie geht man mit den Hintergründen der Musik um, wie bettet man die Musik, die man im Konzert hört, ein in Hintergrundinformation zur historischen, zur kulturpolitischen Situation usw. in den Ländern. Gerade bei Festivals haben wir das Problem, dass wir aus Konzerten keine Vorlesungen machen können und wollen. Andererseits möchten wir natürlich dem Publikum ein Angebot machen, das sie informieren kann. Das tun wir, indem wir das Programmheft ein bisschen aufblähen. Zusätzlich laden wir interessante Musiker zu Gesprächen ein. Es gibt eine ganze Reihe von Interviewgesprächen, die der Folker!-Herausgeber Mike Kamp in Rudolstadt führt, wo so etwas vertieft wird, und es gibt auch Seminare und Workshops.
Jahrestag Erstes 28.-31. Mai 2004 (Pfingsten) Im Mai ist es 40 Jahre her, dass auf Burg Waldeck im Hunsrück das erste "Festival Chanson Folklore International" stattfand (s. auch Folker! 1/2004 und 2/2004). Am Jubiläumswochenende finden mehrere Konzerte statt, für die sich u.a. angekündigt haben: Hai & Topsy Frankl, Hein & Oss Kröher, John Pearse, Christof Stählin, Hedy West, Bernd Witthüser, Ingo Insterburg, Walter Moßmann, Jupp Schmitz (ehemals "Conrads"), Hannes Wader, Colin Wilkie & Shirlie Hart, Frank Baier, Michael Zachcial, Klaus der Geiger sowie Werner Lämmerhirt. Hinzu kommen Filmvorführungen und Diskussionsforen. Rechtzeitig zum Ereignis, für das Hein & Oss Kröher die Schirmherrschaft übernommen haben, ist die Veröffentlichung des Buchs "Die Waldeck" geplant, in dem die bewegte Geschichte der Ereignisse von 1911 bis heute beschrieben wird. Auch die beim "Festival Musik und Politik" eröffnete Wanderausstellung "Burg Waldeck und die Folgen - Songfestivals in Deutschland" wird zu sehen sein. Am Pfingstsonntag ist eine von PROFOLK und Folker! gemeinsam präsentierte Gesprächsrunde zum Thema "Das Ende vom Lied?" geplant. |
Michael Kleff: Brauchen wir so etwas wie ein rein politisches Festival überhaupt, braucht die Gesellschaft das?
Eckard Holler: Ich habe die Waldeck-Festivals von Anbeginn bis zum Ende mitgemacht, es begann relativ unpolitisch. Der dezidierte politische Anspruch, der ist mit der Zeit gewachsen, und zwar mit der Entwicklung der Studentenbewegung und der APO. Die waren die Träger des Festivals. Ich habe später die Möglichkeit gehabt, einen bestimmten Einfluss einzunehmen. Ich habe diesen Satz formuliert: "Stellt die Gitarren in die Ecke und diskutiert", der dann viele Diskussionen ausgelöst hat und den Eindruck erweckt hat, als sei nun die Waldeck das große politische Festival gewesen. Im Zuge der Entwicklung von 1968 haben wir uns alle politisiert, und wir haben die Notwendigkeit gesehen, darüber nachzudenken, was in den vier Jahren zuvor auf der Waldeck gelaufen ist. Aus meiner Sicht wäre es falsch, das Waldeck-Festival nun als das große, das politische Festival, das nichts anderes gemacht hat als Politik, darzustellen.
Wir sind damals gestartet nach der 68er Zeit mit dem Anspruch, etwas zu retten auf dem langen Marsch in dem Sinne von Rudi Dutschke. In dem Zusammenhang entstanden dann die Tübinger Festivals als Versuche, etwas von dem auch in die wirkliche Welt zu bringen, was wir als kleine Minderheit in den Köpfen hatten. So sind bestimmte Themen entstanden, etwa der Tanz um den Freiheitsbaum - 1977. Das war ein Thema eines Tübinger Festivals, wo man daran erinnert hat, dass die Ideen der klassischen Dichter wie Goethe, wie Schiller, dass der Gedanke der Humanität auch damals etwas Oppositionelles war, dass der Einsatz für Einheit, Gleichheit, Brüderlichkeit überhaupt nicht selbstverständlich ist, sondern erkämpft werden musste gegen die Kräfte der Reaktion damals, also die deutsche Klassik, der deutsche Humanismus eine revolutionäre Wurzel hatten. Ich finde, dass man so eine emanzipatorische, eine aufklärerische Arbeit auch weiterhin machen sollte. Und ich finde Festivals interessant, die diesen Ansatz weiterführen wollen.
Für mich war das Waldeck-Festival interessant als ein Festival, wo es möglich war, dass die gleichen Künstler über Jahre hinweg zu einer Veranstaltung gekommen sind, wo sie einander zugehört haben, miteinander diskutiert haben. Ich würde es begrüßen, wenn wieder mehr Treffen der Sänger stattfinden würden, wo sie miteinander reden und sich fragen, was sie eigentlich politisch bewegen wollen, ob die Lieder, die Gruppen oder die Musik, die sie haben, ob das eigentlich ausreicht, das, was politisch notwendig ist, tatsächlich hier auf der Bühne umzusetzen, oder ob da andere Formen der politischen Aktion des Engagements notwendig sind.
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