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Zehn Jahre Deutscher Folkförderpreis in Rudolstadt

Reformbemühungen tragen erste Früchte

„Looking Forward“ – so heißt das 1999 erschienene Album von Crosby, Stills, Nash & Young. Die Altrocker von der Westküste, die stramm auf die Rente zugehen und immer wieder mal geile Musik abliefern, ziehen es vor, nach vorn zu schauen, anstatt Rückblicke und Hit-Sampler zu produzieren. Dasselbe scheint für den Deutschen Folkpreis (wie er wohl zukünftig heißen soll) zuzutreffen. Im letzten Jahr hat sich viel getan, nachdem die Kritik sich häufte und er kurzzeitig ganz auf der Kippe stand.

Von Piet Pollack*

Kontakt

Liane Fürst
Rathausstraße 9
10178 Berlin

Tel. +49-30-2472 2145
Fax +49-30-2472 1875

E-Mail dffkontor@folkpreis.de
go! www.folkpreis.de

Der Folker! hat sich aus personaltechnischen Gründen aus dem Auslobergremium des Deutschen Folkförderpreises zurückgezogen. Das hatte im Wesentlichen mit zwei Problemen zu kämpfen. Zum einen ging es darum, musikalisch spannende Bands und Solisten zu motivieren, sich beim Deutschen Folkförderpreis zu bewerben. Damit im Zusammenhang stand die Frage nach einer Überprüfung der Kriterien, wonach aus den Kandidaten drei würdige (!) Nominierungen ausgewählt werden. Da gab es in den letzten Jahren sehr unterschiedliche Qualität zu sehen und zu hören. Manche Preisträger (Hölderlin Express, Robert Zollitsch, die Uhlmänner) starteten durch und spielen heute in der ersten Liga, andere verschwanden klammheimlich in der Versenkung (O.Felix, Thalassa). Das zweite Problem drehte sich um die immer wieder auftretenden Diskrepanzen zwischen Juryurteil, Publikumswertung, TFF-Veranstaltern und Kritikern. Gerade wenn unterschiedlichste Stilistiken präsentiert wurden, handwerklich aber keine größeren Unterschiede feststellbar waren nach dem Motto „Wie vergleiche ich Äpfel, Birnen und Bananen?". Jurychef Rainer Prüss war es dann immer in wohlgesetzten Worten vorbehalten, die Wogen zu glätten.

Die Jury

Dr. Cathrin Alisch – Musikerin (Querx) und Musikwissenschaftlerin

Markus Brachtendorf – Musiker (Lecker Sachen)

Rainer Prüß – Musiker und Designer

Johannes Uhlmann – Musiker (U.L.M.A.N.)

Robert Zollitsch – Musiker und Komponist

Die DFFP-Finalisten 2001
Aus den 54 eingegangenen Bewerbungen wählte die Jury folgende Künstler für das Wettbewerbskonzert aus:

Toni Geiling – ein junger Geigensolist und Singer/Songwriter aus Halle/Saale, der beeinflusst von der irischen Folkmusik bereits einen unverkennbaren eigenen Stil entwickelt hat.

Iki Dünya – das sind Sophie Schultze und Paddy Maindok aus Ofen bei Oldenburg. Sophie schreibt ihre Texte in türkischer Sprache. Die Musik dazu stammt von Paddy Maindok, der sich auch als versierter und vielseitiger Gitarrist bereits einen Namen gemacht hat.

Ecco Meineke – Liedermacher aus München mit zeitbezogenen Texten und musikalisch interessanter Umsetzung.

Die Nachwuchspreisträger 2001

Matthias und Florian Branschke aus Lutherstadt Wittenberg. Die beiden Brüder (14 und 11 Jahre) werden an der Musikschule in den Fächern Querflöte bzw. Gitarre unterrichtet. Den Dudelsack spielen sie autodidaktisch und das auf sehr hohem Niveau. Letzteres bewog die Jury zu der Auszeichnung.

Graziella Azad und Stefanie Saß aus Berlin sind 17 Jahre alt. Gemeinsam wurden sie von der „Cant Edition Berlin“ für ein Buchprojekt mit dem Titel „Blue Twine – Das Pferd in den Liedern der irischen Travellers“ gewonnen, zu dem sie alle Kompositionen, einschließlich der Lyrikvertonungen beisteuerten und diese auf beeindruckende Art und Weise interpretierten. Graziella und Stefanie erhalten seit dem 6. Lebensjahr Violinunterricht. Außerdem spielen sie Klavier, Gitarre und singen.

Stefan Blöchl ist ebenfalls 17 Jahre alt, kommt aus Schöfweg/ Niederbayern und spielt seit ca. 6 Jahren Bandoneon. Sein Repertoire umfasst Stücke aus der fast vergessenen deutschen Bandoneonliteratur und argentinische Tangos, die er virtuos interpretiert.

In intensiven Beratungen Ende des vergangenen Jahres wurden u.a. die Bewerbungsmodalitäten, der Preis an sich und die Jury-Zusammensetzung daraufhin abgeklopft, die Seriosität und Akzeptanz des Preises zu vergrößern. Neu sind jetzt beispielsweise die Modalitäten der Preisvergabe. Nur der Sieger kriegt eine Demo-CD (per MDR-Nachbearbeitung des Live-Mitschnittes vom Festival). Erstmals seit zehn Jahren wurde der Wettbewerb bereits im Vorfeld professionell präsentiert. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die vorbildliche Webseite (www.folkpreis.de). Und schließlich fand die Jury auch noch drei Nachwuchs-Preisträger, die vielversprechend klingen. Junges Blut für die Szene! Wenn alle Nominierten in Rudolstadt das live halten werden, was sie versprechen, werden die mehrjährigen Reformbemühungen des Preises schon beim nächsten Mal Früchte tragen.

Musiker und Publikum trotzten strömendem Regen

Trotz Sturmwarnung und strömenden Regens ließ sich das Publikum nicht davon abhalten, beim Wettbewerbskonzert zum „DFFP 2001“ bis zum Ende auszuharren. Das ist sicherlich auch ein Beweis für das gewachsene Interesse an dem Preis. Markus Brachtendorf (Frontmann von „Lecker Sachen“) führte durch den Abend und füllte geschickt die lästigen, aber notwendigen Umbaupausen. Seine witzige Moderation und die lockere Kommunikation mit dem Publikum war ein absoluter Gewinn für die Veranstaltung. 2001 war das Jahr der leisen Töne, der ruhigen und stillen Lieder im Unterschied zu „Krachern“ wie Schandmaul im vergangenen Jahr. Alle drei Nominierten kamen – im weitesten Sinne – aus der Kategorie „Liedermacher“. Eine Tatsache, die für die Jury-Bewertung sicherlich eine Erleichterung darstellte.

Als erstes stand Toni Geiling auf der Bühne, der spätere Preisträger. Als eigenwilliger singender Geiger wurde er bei einigen Titeln von Kontrabass und Flöte sowie Background-Gesang unterstützt. Er zeigte einen eigenen Stil, sowohl in den Geigenstücken als auch in den skurrilen Liedern. Diese handeln von Dracula, erzählen vom Haarausfall oder seinem Zivildienst – gesungen in englisch oder deutsch. Dabei wirkt Geiling auf der Bühne eher wie der schüchterne Junge von nebenan, nach dem Motto: „He, Leute, ich hab' da eben mal ein Lied geschrieben und das spiel' ich jetzt!“ Auch wenn er in der Welt rumgekommen ist, in den USA und Australien aufgetreten ist, hat er eher die Aura eines Straßenmusikers. Handwerklich sicher auf seinen Instrumenten (Geige und Konzertgitarre) fasziniert vor allem das gleichzeitige Singen und Violinspiel. „Überzeugt hat er durch ein eigenständiges Konzept, seine originäre Art fernab jedweder Klischees, die wunderbare Instrumentalarbeit und seine Bühnenpräsentation während des Wettbewerbskonzerts“, fasste Rainer Prüß die Entscheidung der Jury zusammen.

Iki Dünya, das Duo der türkisch singenden Oldenburgerin Sophie Schultze und ihres Gitarristen Paddy Maindok hatten schon stärker mit dem Regen zu kämpfen. Aber das Publikum hielt tapfer bis zum dritten Konzertteil mit Ecco Meineke durch. Dieser philosophierte mit Blick auf die grauen Regenwolken über das Wetter und den Winter in der Bretagne und ließ mit „Die Sonne von St.Nic“ das Publikum an Wetterbesserung glauben.

* Piet Pollack vertrat den Folker! bei den Beratungen über die Zukunft des Deutschen Folkförderpreises (s. auch go! Folker! 5/2000)


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Mehr über den
Deutschen Folkförderpreis
im Folker! 5/2001