backDie Sehnsuchtstiller aus Zece Prajini

Eine Reise mit der Roma-Kapelle
Fanfare Ciocarlia
zu nach Wahrheit dürstenden Seelen unserer Republik

Von Andreas Maus

"Kusturikka!" "Kusturikka?" "Ja, also die Zigeuner, wie der die zeigt, diese Ursprünglichkeit, das ist schon toll." "Ah, Kusturica, der Filmregisseur!" "Nee, der heißt Kusturikka. Und der benutzt diese dolle Musik. Und jetzt wollte ich mir so eine Musik mal live anhören. Gerôme, unser schwarzer Freund hier, sagt, die haben die Musik genauso im Blut wie die Afrikaner."

FanfareMenschen auf der Suche nach dem authentischen Leben. Sehnsucht nach Liebe und Leiden, Chaos und Suff. Seelenschmerz, für den es sich zu leben lohnt, der nicht in depressiver Finsternis versinkt, sondern in ein lichtes Erwachen mündet. Der Fluß, der Matsch, der Truthahn auf dem Tisch und die Pistole im Anschlag.

Tourneedaten

23. Sept. NL-Rotterdam, De Doelen
24. Sept. NL-Eindhoven, Frits Philipszaal
24. Sept. NL-Rotterdam, De Doelen
25. Sept. Völklingen (tba)
26. Sept. Halle / Saale, Turm
28. Sept. Chemnitz, Kraftwerk
30. Sept. Karlsruhe, Tollhaus
01. Okt. NL-Groningen, Oosterpoort
02. Okt. L-Esch-Sur-Alzette, Kulturfabrik
03. Okt. F-Savigny le Temple, E. Prevert Centre Cultural
05. Okt. A-Innsbruck, Treibhaus
06. Okt. A-Reutte, X.Kulturzeit
07. Okt. München, Philharmonie
08. Okt. NL-Deventer, Burgerweeshuis
09. Okt. NL-Enschede, Muziekcentrum
10. Okt. NL-Arnhem, Musis Sacrum
12. Okt. Stuttgart, Laboratorium
13. Okt. Darmstadt, Centralstation
15. Okt. F-Bayonne (tba)
16. Okt. F-Bayonne (tba)
03. Nov. Cottbus, Festival Osteurop. Film
04. Nov. Aalen, Jazzfestival
05. Nov. A-Vienna, Szene
06. Nov. A-Wels, Unlimited Festival
09. Nov. Erlangen, E-Werk
12. Nov. I-Ferrara (tba)
13. Nov. I-Bolzano, Festival zeitgen. Musik

"Was wird gefeiert?" "Eine Hochzeit!" "Und eine Beerdigung!" Der Bräutigam flieht oder ist tot, und das Mädchen sinkt in die Arme des Jungen, der kaum Haare am Sack, geschweige denn den Stimmbruch überwunden hat.

Gerôme hat recht - da, wo er recht hat. Dresden Parkhotel "Weisser Hirsch", alter Ballsaal. Die Musikergarderobe sieht verteufelt nach Turnhallenumkleide aus. Riecht auch so. Schweiß eingeätzt im Wandlack. Dafür aber geräumig. Haare werden in Pomade getränkt, Bärte rasiert. Ein abgetragener Hut erscheint. Ein zerschlissener Anzug. Darin steckt Ioan, der Älteste. Der Chef. Erst brabbelt er was, dann zerschneidet das scharfe Messer seiner Klarinette die Luft des Saales. Am Ende sind es elf Männer unter Hüten und in Anzügen, die von ihren Großvätern zu stammen scheinen. Ihnen zu in staubigen Schuhen steckenden Füßen lauschen tausend Seelen, Konzertbesucher, in konzentrierter Hoffnung, daß sich eine Welle wahren Lebens über sie ergieße. Und sie werden nicht enttäuscht.

Fanfare Ciocarlia auf Tour durch Deutschland. Von "hinter den Karpaten" nach Sachsen. Mit ihren Posaunen, Trompeten, Klarinetten, Tubas, Trommeln und Stimmen sezieren sie fachmännisch die fünf Sinne aller Anwesenden. Fanfare Ciocarlia, mehr ein Punk- als Volksmusik-Konzert. Ein Tänzer mit seiner Angebeteten rempelt rabiat, schreit, wütet, fleht. "Wir haben vier Wochen auf diesen Abend gewartet, wir sind zum Tanzen gekommen, wer nicht tanzen will, soll sich verpissen."

Tanzen. Tanzen. Tanzen. Wo Fanfare Ciocarlia erscheinen, wird exzessiv getanzt. Bis Ioan nach drei Stunden Zeichen gibt: Aufbruch! Die Musiker verlassen den Saal so wie sie gekommen sind. Mann für Mann, einer nach dem anderen, nur rückwärts. Ein Vorhang schluckt die Instrumenten- und Menschenkörper, läßt gnädigerweise unter dem Saum noch ein paar Klangmurmeln in den Saal kullern. Dann ist auch damit Schluß. Stille, Trauer, Verzweiflung. Das Leben ist zu Ende, das wahre Leben. Draußen regnet es, wie bei Kusturikka, aber der Regen in Dresden ist kalt und gemein und hoffnungslos.

Die Vorstellung, daß jemand zu uns kommt und sagt, wir sollen unsere Musik in Deutschland spielen, das war einfach unvorstellbar. Wir hatten zwar von anderen Gruppen aus Rumänien gehört, Taraf de Haidouks, daß sie in Deutschland aufgetreten sind und wir dachten: 'Mann, das wäre schön, wenn wir dort auch einmal spielen könnten ....' Doch wir hatten überhaupt keine Ahnung, wie man so etwas organisieren sollte. Aber eines Tages tauchten zwei junge Deutsche im Dorf auf: Helmut und Henry.


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