Von Bernd Bothy
Vielleicht war es Großvater Patrick Rice, der mit seinen Geschichten und Mythen aus der Vergangenheit Irlands die entscheidenden Grundlagen für die spätere musikalische Karriere seiner Enkelin legte. Allerdings bedurfte es keiner großen Überzeugungsarbeit, wuchs Cathie Ryan als Tochter irischer Emigranten in Detroit, Michigan, doch umgeben von irischer Kultur auf. Ihr Vater war ein beliebter Tenorsänger bei den Veranstaltungen der Gaelic League, wo die Familie viel Zeit verbrachte. Und dann waren da die Großeltern in Irland, die Cathie als Kind regelmäßig besuchte. Von ihnen gingen starke Einflüsse auf ihren späteren Gesangstil und ihre Fähigkeit aus, ihre eigenen Songs zu schreiben. Großmutter Catherine Ryan galt als hervorragende Fiddlerin und Sängerin. Und Großvater Patrick, verstand es, als Geschichtenerzähler seine Zuhörer in den Bann zu ziehen.
The Back
Door
I know Im
lonely in this country;
I didnt see
the Statue of Liberty,
I dont mind
hard work for a living,
Give me your poor,
your tired, and your hungry...
Im a long
time out by the back door,
Words and music
by Cathie Ryan |
Cathie Ryan erinnert sich, daß sie seit ihren Kindertagen singt. Schon mit sieben Jahren war sie eine beliebte Attraktion bei den Gaelic League Sessions. Sie lernte die Grundfertigkeiten des Sean-nos-Gesangs in den Jahren als sie an den feis in Detroit teilnahm. Nach einem Umzug nach New York nahm sie Gesangsstunden bei dem legendären Sean-nos-Sänger Joe Heaney.
CATHY RYAN et al.
The Rights of Man (The Concert for Joseph Doherty). 1991. Green Linnet GLCD
1111. |
»Ich genoß jede Minute, die ich mit Joe verbringen durfte. Wir sangen sean nos und sprachen über die alten Lieder. Ihm verdanke ich vieles, was ich über die Kunst des sean nos Gesangs weiß. Er erschloß mir die Welt des sean nos, aber vor allem ermutigte er mich, in der Öffentlichkeit zu singen. Nach der Zeit mit Joe Heaney war ich mir meiner selbst bewußt und glaubte, daß ich singen konnte und sollte. Es klingt eigenartig, aber erst dann konnte ich all die anderen musikalischen Einflüsse, die ich aufgenommen hatte, miteinander zu meinem eigenen Gesangsstil verschmelzen.« Diese Einflüsse waren so vielfältig wie das Leben in jeder multikulturellen Stadt der USA. Von den Eltern ihrer besten Freunde, die aus den Appalachen kamen, lernte sie die alten traditionellen Songs und Stile der »Mountain Music«. Und natürlich hörte man in New York auch die Hits aus »Motown«. Sie haben Cathie Ryan bei manchen ihrer schnelleren Titel dazu gebracht, so richtig zu »grooven«, so wie sie auch ihre Bodhrán komplex und in rhythmisch schwellenden Wellen schlägt.
1987 wurde Cathie Ryan angeboten, sich der nur aus Frauen bestehenden traditionellen irischen Gruppe Cherish The Ladies anzuschließen. Als deren Leadsängerin trug sie viel zum Erfolg der Band bei. Dabei interpretierte sie nicht nur die uralten sean nos, sondern arrangierte auch ihre selbstverfaßten Songs für die »Ladies«. Mit »The Back Door« schrieb sie ein ergreifendes Lied über die irischen Einwanderer nach Amerika. Der Titelsong der zweiten Cherish The Ladies-CD wurde innerhalb nur weniger Jahre zu einem Irish Folk-Standard. Daß sie heute eine der führenden irischen Bands sind und überall in der Welt so populär sind, haben Cherish The Ladies auch dem siebenjährigen Engagement ihrer ersten Sängerin Cathie Ryan zu verdanken.
Als 1995 Cherish The Ladies am Irish Folk Festival »The Women« teilnahmen, war Cathie Ryan nicht mehr dabei. Sie hatte kurz zuvor die Band verlassen. Diesen Schritt hat sie bis heute nicht bereut. »Es war sicher anfangs recht seltsam, ganz auf sich selbst gestellt zu sein, aber es war das beste, was ich als Sängerin, Songwriterin und Person für mich tun konnte. Seitdem bin ich frei und kann meine eigenen Wege gehen und Dinge ausprobieren, wozu in einer Gruppe doch recht wenig Raum ist. Nun kann ich ganz ich selbst sein und mich musikalisch und textlich so ausdrücken, wie ich es möchte.«
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Mehr über Cathie Ryan im Folker! 5/99