backWiener Roots Melange

Hans Theessink

Begegnung mit Big Bill Broonzy ein Schlüsselerlebnis

Von Michael Tiefensee

Preisfrage für die geehrte Folker!-Leserschaft: was haben die ehemaligen James Brown-Begleiter Pee Wee Ellis und Maceo Parker, der kanadische Bruce Cockburn-Gitarrist und Produzent Colin Linden, der Ry Cooder-Vocalist und Soul-Entertainer Terry Evans sowie – nicht zuletzt! – Allan Taylor gemeinsam? Richtig: sie alle spielen immer wieder gerne mit dem Saitenvirtuosen Hans Theessink zusammen! Es ist keineswegs Zufall oder nur Glück, daß solche musikalischen Erstligisten immer wieder gerne mit dem freundlichen Holländer mit Wiener Wohnsitz sowohl im Studio als auch »live« gerne musizieren, denn der inzwischen 51jährige hat sich durch beharrliche »Live«-Auftritte und eine konsequente Weiterentwickung längst den Ruf erspielt, neben Ry Cooder einer der innovativsten Gitarristen im Sektor roots music zu sein.

Hans TheessinkSeit mehr als 15 Jahren ist Theessink glücklich mit seiner Frau Milica verheiratet, die zugleich seine Agentin ist und ihn professionell und erfolgreich weltweit managt. Und weil das bestens klappt, tourt Theessink – übrigens mit dänischem Paß ausgestattet – seit Jahren kreuz und quer durch die Welt, zumeist begleitet von dem Percussionisten Ali Thelfa und dem Tuba-Spieler Jon Sass, der nicht nur den Baß ersetzt, sondern für ungemeinen Groove sorgt.

Discographie
(Auswahl)

Baby wants to Boogie (BG – Blue Groove – 1020)
Johnny and the Devil (BG 2020)
Titanic (BG 3020)
Call me (BG 4020)
LIVE (BG 5020)
Hard Road Blues (BG 6020)
Crazy moon (BG 7020)
Journey on (BG 8020)
Blue Grooves from Vienna (Minor Music 801066)
Lifeline (BG 9020)
»RTL 3«, Gitarre x 3, (BG 1320)
(Vertrieb: BMG)

Aber Theessink tritt auch solo oder mal eben mit den oben genannten Musikern auf. Und in letzter Zeit immer wieder auch mit zwei Gitarristen, die gemeinsam mit Theessink in Österreich zum »Trio infernale« avancierten: »RTL 3« nennt sich dieses Projekt, zu dem neben Theessink der Blues-Gitarrist Peter Ratzenbeck und der Grazer Klassik-Gitarrist Michael Langer zählen. Dieses Trio fand Ende 1997 in Graz zusammen, als sie für ein Weihnachtskonzert engagiert waren und dabei feststellten, daß sie nicht nur gemeinsam improvisieren, sondern auch bestens durchkalkuliert und arrangiert zusammenarbeiten können und dabei obendrein gehörig Spaß haben. Auf ihrer ersten gemeinsamen CD ist denn auch ein meisterhafter akustischer Stilmix dreier Könner zu hören, dessen Bandbreite eigene Kompositionen ebenso umfaßt wie Lennon/McCartneys »Lady Madonna«.

Vor einer Tournee durch Norwegen fand Theessink Anfang des Jahres noch Zeit, eines seiner in Deutschland leider immer noch raren Konzerte in Hamburg zu geben. Im Rahmen des »Hot Jazz Festivals«, wo überwiegend Dixieland-Kapellen aufspielen und das Publikum zumeist aus angegrauten Studienräten und Zahnärzten besteht, waren die beiden Auftritte von Theessink alles andere als deplaziert: das Publikum schien geradezu dankbar den von Theessink, Sass und Thelfa gebotenen Groove zu goutieren. Beim Folker!-Interview nach dem Konzert war Theessink denn auch zufrieden, wenngleich er einräumt, daß sich solche Kurzauftritte natürlich stark von richtigen Konzerten unterscheiden, bei denen Zeit ist, Stimmungen zu entfalten und Spannung aufzubauen. Statt ruhigerer Balladen standen im Hamburg denn auch rhythmischere Songs wie »False accusation« , »Homecooking« oder »Journey on« im Vordergrund, und spätestens, als Theessink mit »I shall not be moved« Gospel-Klänge anstimmte, wippte auch der letzte Mittfünfziger nicht mehr nur dezent, sondern geradezu euphorisch im Takt mit.


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