GASTSPIEL
Ja, danke, es geht uns gut in der Wiener Musik. Es wird gefragt nach uns, wir dürfen spielen. Wir werden nicht reich, wenigstens die meisten, aber wir können leben. Und es scheint so, als möge man uns. Das tut einerseits gut, erstaunt uns andrerseits aber noch immer. Es war nicht immer so. Die etwas älteren unter uns erinnern sich noch an die Neunzigerjahre. Da hielt man nicht viel von der heimischen Musik. Die DJs verdienten das Zehnfache, es gab kaum Häuser, die Livemusik veranstalteten. Jetzt ist das anders. Jetzt widmet man uns ganze Festivals. Und wenn manche, namentlich die unterhaltsamen Bubenpartien Wanda und Bilderbuch, aber auch die blitzgescheiten Männer von Ja, Panik auch in Deutschland Stars werden dürfen, ist man das ihnen, anders als früher, nicht neidig. Quasi: Genießt es, Burschen, nehmts nicht zu viel giftige Sachen, und kommts gut wieder heim! Die, die da eben nicht neidig sind, sind Legion. Bands, Rapper, Liedermacher, Elektronikkollektive und Wienerliedsänger und -sängerinnen, die da nebeneinander spielen, schreiben, komponieren und sich in seliger Sündhaftigkeit wechselseitig miteinander ins kreative Bett legen.
Dass die Dinge jetzt anders sind, liegt, wie immer, an den richtigen Menschen. Menschen, die wie stille Heilquellen in dieser Stadt vor sich hin sprudeln, oft jahrelang unbemerkt. Walther Soyka etwa. Komponist, Produzent, Labelbetreiber, vor allem aber Musiker, unbestrittener Großmeister der chromatischen Wiener Knopfharmonika, der urwienerischen Spielart des Akkordeons. Soykas Studio heißt Nonfoodfactory. Einst lag es am Naschmarkt, in der Laimgrubengasse Laimgruam bedeutet Lehmgrube und lässt noch erahnen, was für ein großer Gatsch hier einst herrschte, am Ufer des Wienflusses, am ältesten und einstmals auch wildesten Handelsplatz der Stadt. Gatsch heißt Morast, Schlamm. Die feine Wiener Gesellschaft streifte hier zu Kaisers Zeiten niemals an. Aber mit der Gentrifizierung dieses einstmals so anarchen Marktes zog der Soyka fort. ... mehr im Heft |
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