FOLKER – Halbmast

HALBMAST

MICHAELA LAUBACH

MICHAELA LAUBACH * FOTO: JÖRG SIEGHART

19.3.1964, Koblenz-Moselweiß
bis 3.5.2013, Berlin

Wer Michaela Laubach gegenübersaß, wurde an Alexandra erinnert, nicht nur durch ihre schwarzen Haare und ihre dunkle Stimme. Vor allem ihre Liebe zur Melancholie und ihr absoluter Anspruch begründeten eine Art Seelenverwandtschaft. Die mündete 2001 in den musikalischen Theaterabend Illusionen, der das Leben der jung gestorbenen Chansonsängerin nachzeichnete. Da hatte Michaela Laubach schon eine Musicalkarriere hinter sich mit Hauptrollen in Phantom der Oper und My Fair Lady, doch das individuell geprägte Lied übte letztlich stärkere Faszination auf sie aus. Zusammen mit dem Rocksänger Nik Page, einst Gründungsmitglied der Ostberliner Band Blind Passengers, interpretierte sie Lieder von Tanzwut oder Rammstein als existenzielle Balladen zwischen Klassik, Pop und Chanson und verlegte deren Handlung in eine unheimliche Gegenwelt des verlorenen Atlantis. Nach den ersten erfolgreichen Deutschlandtourneen mit diesen Songs Of Lemuria wurde bei Michaela Laubach Krebs diagnostiziert. Zunächst schien es, als könne sie ihn besiegen, aber 2010 musste sie die Bühnenarbeit schließlich doch aufgeben. In ihren letzten Jahren entstanden noch mehrere Studioproduktionen, darunter die Bearbeitung einer Komposition des Jazzgeigers Helmut Zacharias. Auf die posthume Veröffentlichung dieser Aufnahmen darf gehofft werden, wie auch auf das Erscheinen eines Gesangslehrbuchs, in dem Michaela Laubach ihre Erfahrungen festgehalten hat.

Stephan Göritz


GEORGES MOUSTAKI

GEORGES MOUSTAKI

3.5.1934, Alexandria, Ägypten
bis 23.5.2013, Nizza, Frankreich

Die innere Ruhe seiner Chansons prägte auch ihn selbst. Das erfuhr der Autor dieser Zeilen unmittelbar, als er 1987 nach einem dreistündigen Konzert in Moustakis Garderobe kam und ihn ohne Vorwarnung bat, doch fürs Radio noch aus seinem Leben zu erzählen. Mit großer Freundlichkeit beschrieb der gebürtige Grieche, wie er Anfang der Fünfziger als Zeitungskorrespondent nach Paris kam und Georges Brassens ihn für das Chanson begeisterte. Moustakis Werk umfasst rund dreihundert Lieder, doch lange wurden sie stets von anderen gesungen, so von Henri Salvador oder Édith Piaf, die das von Moustaki getextete „Milord“ zum Hit machte. Erst 1968 setzte er sich als sein eigener Interpret durch mit „Le Métèque“, einem Lied über den ewigen Fremdling, dessen Klischeebild er mit schon damals grauer Mähne genau entsprach. Es folgten bejubelte Tourneen durch Europa, die ihn oft auch nach Deutschland führten. Moustaki war kein Sänger politischer Statements, doch den Joan-Baez-Song „Here’s To You“ über die hingerichteten Arbeiterführer Sacco und Vanzetti interpretierte er in eigener Textfassung, und im vorigen Jahr unterstützte er im Präsidentschaftswahlkampf die radikale Linke. Da lag der Abschied von der Bühne schon hinter ihm. Sein letztes Konzert 2009 in Barcelona hatte er abbrechen müssen. Dem Erfinder so vieler ruhig dahinströmender Chansons nahm am Ende seines Lebens eine schwere Erkrankung die Kraft zum Atmen.

Stephan Göritz


NICK KEIR

NICK KEIR * FOTO: INGO NORDHOFEN

1953 Edinburgh, Scotland
bis 2.6.2013 Edinburgh, Scotland

Als der „Mann in der Mitte“ bei den McCalmans hatte Nick Keir auch in Deutschland unzählige Freunde. Zeit seines Lebens war er überzeugter Bewohner seiner Geburtsstadt Edinburgh. Seine erste Band Finn mac Cuill gründete Nick bereits, als er noch in Stirling zur Uni ging. 1979 schloss er sich der politischen Theatergruppe 7:84 an, bevor er 1982 das Angebot nicht ablehnen konnte, bei den McCalmans einzusteigen. Keir blieb der Band bis zu ihrem freiwilligen und geplanten Ende 2010 treu. Neben den Macs trat er auch immer wieder solo auf, zumeist zu Hause in Schottland. Davon zeugen vier Alben mit eigenen Liedern. Wohl niemand kannte Nick Keir besser als sein alter Bandkollege Ian McCalman. Daher sei er hier zitiert: „Er bekämpfte seine Krankheit mit Kraft und Humor und kannte kein Selbstmitleid. Ich habe seine Tapferkeit bewundert. Man lernt einen Menschen ziemlich gut kennen, wenn man dreißig Jahre mit ihm auf Tour ist, und nicht einmal verlor er in dieser Zeit seinen sanften Humor und die Geduld mit seinen Mitmenschen. Ich habe ganz persönliche Gründe, ihm dafür zu danken. Nick war einer der fürsorglichsten, geistreichsten und talentiertesten Menschen, die ich je getroffen habe, und wir alle werden ihn mehr vermissen als ich das je in Worten ausdrücken könnte.“ Nick Keir erlag einem Krebsleiden.

Mike Kamp

Update vom
09.02.2023
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