FOLKER – Rezensionen

Kurzrezensionen


ALAMAAILMAN VASARAT
Valta

Nordic Notes NN046/Broken Silence, go! www.vasarat.com
9 Tracks, 40:47

Die Band aus Finnland spielt nach eigener Auskunft „Kosher-Kebab-Jazz-Film-Music“. Tatsächlich bekommt das Sextett auf diesem Instrumental-Album alles unter einen Hut: Balkan und Arabien, Punk und Ballade, New Orleans und Helsinki. Manches erhält sinfonischen Charakter, anderes wirkt sediert und geweckt von Dark Metal. Wundersame Nordländer.

 

ALAMAAILMAN VASARAT – Valta


WOLFGANG AMBROS
190352

(Ariola 8869152482/Sony Music, go! www.wolfgangambros.at )
14 Tracks, 58:03

Wolfgang Ambros war einmal ein Liebling der Wiener Musikszene und neben Georg Danzer und Rainhard Fendrich mitverantwortlich für jene zuckrig-schmierige Scheußlichkeit, die mit Dialektgesang auf der Basis von pseudobedeutungsvollen, sich humorig verstehenden Texten und seichten Pop-Klängen als Austro-Pop in der Alpenrepublik ungemein beliebt war. Ein Wiener Szenemagazin forderte jedoch bereits in den Achtzigerjahren: „Schickt Ambros in Pension!“ Daraus wurde leider nichts, und der Mann, der in den Boulevard-Zeitungen heute darüber jammert, dass ihm die Jugend nicht mehr zuhöre, meldet sich einmal mehr mit einem Album, das textlich voller Plattitüden wie „Was immer auch passiert, es war no nie so spät“ steckt und musikalisch elektrisch verstärktes Lala ohne Ecken und Kanten fern aller musikalischen Kategorien bietet. Gegen diese Art des – nennen wir es – Dialekt-Schlagers klingt Howard Carpendale wie ein Sozialrevolutionär und Peter Maffay wie Heavy Metal, und jedes weitere Wort wäre zuviel.

Harald Justin

 

WOLFGANG AMBROS – 190352


BOOKA AND THE FLAMING GECKOS
The Not So Meaningful Songs In The Life Of Jeremy Fink

(Loudhouse Records LHR2011, go! www.loudhousemusic.com )
14 Tracks, 31:02

Ursprünglich sollte das Album ein Soundtrack werden, doch letztlich schafften es nur einige Stücke in den Film Jeremy Fink And The Meaning Of Life der Regisseurin Tamar Halpern. Schlagzeuger Booka Michel fand trotzdem alle Songs wert, veröffentlicht zu werden. Als Ergebnis legt er gemeinsam mit seinen Flaming Geckos ein Album vor, das mit einer Ausnahme aus lauter kleinen Instrumentals besteht, alle kürzer als drei Minuten. Und dennoch ergeht sich die Band mit Cindy Cashdollar (slide g), Dennis Ludiker (v, mand), Kenny Franklin (g) und Glenn Fukunaga (b) nicht in beliebiger Klangmalerei, sondern gibt immer eine kleine Melodie oder ein prägnantes Riff dazu. Die Vielseitigkeit der Musiker öffnet eine Gesamtschau US-amerikanischer Roots-Musik: Von Bluegrass über dunklen Country und Country Blues bis zu New-Orleans-Typischem geht die Klangreise durch nahezu alle Gefilde. Das kommt zudem in großer Selbstverständlichkeit und Unmittelbarkeit daher; was womöglich daran liegt, dass die Tracks live im Studio eingespielt wurden und es bei jeweils ein bis zwei Takes blieb. Und selbst wenn man den Film nicht gesehen hat – die Musik lässt genügend Raum für eigene Bilder im Kopf.

Volker Dick

 

BOOKA AND THE FLAMING GECKOS – The Not So Meaningful Songs In The Life Of Jeremy Fink


GRADY CHAMPION
Shanachie Days

(GSM Music Group GSM7600-12, go! www.gradychampion.com )
17 Tracks, 68:53

Shanachie Days ist eine Zusammenstellung der beiden Alben, die der Bluessänger und Mundharmonika-Spieler um die Jahrtausendwende bei Shanachie veröffentlicht hat. Der Champion beeindruckt mit großem Können als Interpret des „traditionellen“ Mississippi-, Texas- und Soul-Blues – was ihm zurecht den Gewinn der International Blues Challenge 2010 bescherte.

 

GRADY CHAMPION – Shanachie Days


DIVERSE
Fado

(Universal 0602527969039, go! www.universalmusic.pt )
Do-CD, 40 Tracks, 116:37

Dieser Fado-Sampler beinhaltet fast alle Namen, die im Fado Kult sind und waren. CD Nummer eins ist mit Ana Moura, Mariza, Dulce Pontes und vielen anderen der aktuellen Szene gewidmet. CD Nummer zwei versammelt Archivaufnahmen aus den Sechzigerjahren. Wer Mainstream-Fado sucht, und weniger die ausgefalleneren Stücke der jüngeren Generation, ist hier gut bedient.

 

DIVERSE – Fado


DIVERSE
Putumayo Presents Bluegrass

(Putumayo PUT 319-2/EXIL/Indigo, go! www.putumayo.com )
13 Tracks, 49:43

Die Weltmusiksampler-Spezialisten aus den USA gehen mit dieser feinen Sammlung zeitgenössischen Bluegrass-Schaffens an ihre eigenen Wurzeln – mit einer Künstlerriege, die von Peter Rowan bis Crooked Still reicht. Nur Genre-Puristen dürften mit dem recht häufigen Schlagzeug-Einsatz nicht glücklich sein. Für Einsteiger und Freunde offener Grenzen.

 

DIVERSE – Putumayo Presents Bluegrass


DIVERSE
The Rough Guide To Highlife

(Rough Guides RGNET1280CD/World Music Network/Harmonia Mundi, go! www.worldmusic.net )
13 Tracks, 62:29 plus Bonus-CD SEPREWA KASA, Seprewa Kasa, 8 Tracks, 50:47

Zurück in die Sechziger und Siebziger – die Blütezeit der in Ghana und Sierra Leone angesiedelten Tanzmusik mit R-&-B-Elementen, zunächst in den Clubs der Oberschicht, und nicht nur in ehemaligen britischen Kolonien. Zu Gehör kommen Star-Ensembles wie jene von Osita Osadebe oder Victor Uwaifo; auch ein frühes Stück von Fela Ransome-Kuti ist dabei.

 

DIVERSE – The Rough Guide To Highlife


THE DUBLINERS
A Drop Of The Hard Stuff

(EMI Gold 50999 4 64300 2 1)
14 Tracks, 43:52

More Of The Hard Stuff

(EMI Gold 50999 4 64295 2 0)
14 Tracks, 36:21

Drinkin' And Courtin'

(EMI Gold 50999 4 64297 2 8)
15 Tracks, 39:21

At It Again

(EMI Gold 50999 4 64288 2 0)
14 Tracks, 37:22
go! www.thedubliners.org Remasters der Original-Alben von 1967 und 1968 mit Faksimiles der Original-Cover und detaillierten Infos

Ohne weitere Worte auf die Beschreibung einer Musik zu verschwenden, die ohnehin längst jeder kennt, soll hier direkt von ein paar persönlichen Erfahrungen mit den Dubliners berichtet werden. Der Rezensent erstand beim Schüleraustausch in England eine Vinyl-LP mit dem Titel More Of The Hard Stuff, die sich dort in den Charts befand. Die Musik darauf klang definitiv völlig anders als alles, was er bis dato gehört hatte – handgemacht, mitreißend – und ließ zwei begnadete Sänger sowie Instrumentals mit Geige und Banjo hören, die in ihrer Dichte und Kraft ebenfalls einen tiefen Eindruck hinterließen. Es folgte eine Phase der Vertiefung dieses Interesses mit weiteren Alben der Dubliners, namentlich Seven Deadly Sins und Seven Drunken Nights. Die Anschaffung eines gebrauchten Banjos führte zu mutigen Versuchen, diese Musik nachzusingen und -zuspielen. Die Dubliners dürften für unzählige Irish-Folk-Enthusiasten der Einstieg in die Musikwelt Irlands gewesen sein, bevor man sich dann die eigentliche traditionelle Musik Irlands erschloss, auch wenn das mitunter nicht gerne zugegeben wird, da die Pub-Balladen aufgrund ihrer gnadenlosen Vermarktung einen schweren Image-Schwund erlitten. Auch die Dubliners selbst, von deren früher Besetzung heute nur noch Geiger John Sheahan lebt, der zwei Jahre nach ihrer Gründung 1964 zur Band stieß – verdanken ihre ungebrochene Popularität ausschließlich dem Kommerz, dennoch haben obige Frühwerke die im vorliegenden Viererpack erfreulicherweise komplett vertreten sind, aufgrund der grandiosen Stimmgewalt Luke Kellys und Ronnie Drews und der heimeligen Arrangements mit Geige und Banjo einen einzigartigen Charme. Es rührt und tut gut, diese Songs nun nochmals audiophil aufgearbeitet zu hören!

Johannes Schiefner

 

THE DUBLINERS – A Drop Of The Hard Stuff

THE DUBLINERS – More Of The Hard Stuff

THE DUBLINERS – Drinkin' And Courtin'

THE DUBLINERS – At It Again


FOREST AND CRISPIAN
Morgenlands

(Slow Shark Records SharkCD 119/Für Records/Soulfood, go! www.forestandcrispian.com )
14 Tracks, 36:16

Das dritte Album der verschrobenen Schweden klingt wie Zirkusmusik auf Drogen. Wunderschöne Melodien in extravaganten Arrangements. Damit dürfte die Band sowohl Haldern-Pop-Festival-Gänger als auch TFF-Rudolstädter erreichen. Der morbide Charme der Songs tut ein Übriges, um Morgenlands als Geheimtipp für jede Studentenparty zu empfehlen.

 

FOREST AND CRISPIAN – Morgenlands


GRACE GRIFFITH
Sailing

(Blix Street Records G2-10198, go! www.seamaid.org )
11 Tracks, 41:05, mit Infos

Zwischen Irish Folk und den Mainstream passt noch Grace Griffith. Ihre Stimme erinnert an Sandy Denny – aber Folkies, die sich noch an die früh verstorbene Fairport-Convention-Sängerin erinnern, werden langsam weniger. Neben Denny wird vor allem Eva Cassidy, die ja ebenfalls blutjung verstarb als Referenz für Grace Griffith genannt. Kein Wunder, sie waren Labelkolleginnen und Griffith so etwas wie Cassidys Entdeckerin. Griffith selbst leidet an Parkinson, was sie aber nicht daran hindert, uns immer wieder Juwelen wie die auf Sailing versammelten Stücke von früheren Alben zu bescheren. Ob sie „Ripples In The Rockpools“ neues Leben einhaucht, oder eine atemberaubende Version vom „Last Leviathan“ singt, Grace Griffith versteht es, der keltischen Seele einen träumerischen Ausdruck zu verleihen. So wird Sailing zum idealen Geschenk für Großmütter wie frisch Verliebte. Wer einen Folkverweigerer von traditionellem und zeitgenössischem Folk mit Tendenz zur keltischen Musik überzeugen will, findet in Grace Griffith ein ideales Argument. Zur Not kann man immer noch behaupten, dass die Künstlerin aus Washington kommt und ihre Musik deshalb Country sein muss.

Chris Elstrodt

 

GRACE GRIFFITH – Sailing


I AM OAK
Nowhere Or Tammensaari

(Snowstar Records 12-032/Midsummer Records MSR030/Cargo, go! www.iamoak.com )
12 Tracks, 37:07

Die holländische Band I am Oak macht subtile akustische Indie-Musik. Nowhere Or Tammensaari ist ihr drittes Album. Schöne Songs, aber über weite Strecken etwas lahm. Erst gegen Ende entwickelt die Veröffentlichung genügend Pep.

 

I AM OAK – Nowhere Or Tammensaari


HEINZ RUDOLF KUNZE
Ich bin – Heinz Rudolf Kunze nach 30 Jahren

(Ariola 8869921342/Sony Music, go! www.heinzrudolfkunze.de )
14 Tracks, 56:35

Deutschrocker Heinz Rudolf Kunze feiert sein 30-jähriges Bühnenjubiläum mit Neuaufnahmen seiner Klassiker mit einem guten Dutzend illustrer Duett-Partner. Darunter so klingende Namen wie Reinhard Mey, Julia Neigel, Achim Reichel, Pe Werner, Stefan Gwildis, Purple Schulz, Herman van Veen und Jan Plewka.

 

HEINZ RUDOLF KUNZE – Ich bin – Heinz Rudolf Kunze nach 30 Jahren


LYLAC
By A Tree

(Homerecords.be homerecords 4446098, go! www.lylac.be )
11 Tracks, 46:20

Der belgische Sänger Amaury Massion hat unter dem Namen Lylac ein Solo-Projekt mit romantischem Folkpop gestartet, bei dem er auch Gitarre, Piano sowie Trompete spielt und nur von der Cellistin Thècle Joussaud begleitet wird. Das Album beginnt großartig und fällt im Fortgang nicht erschreckend ab.

 

LYLAC – By A Tree


TOMMY MCCOY
Late In The Lonely Night

(Earwig Music EW 4966/SunnyMoon, go! www.tommymccoy.com )
11 Tracks, 41:44

Mit elektrischem Gitarrenblues der unaufgeregten, bodenständigen Art präsentiert sich Tommy McCoy. Seit den frühen Sechzigerjahren ist er als professioneller Musiker aktiv und hat sich weit über seine Heimatstadt Tampa, Florida hinaus einen hervorragenden Ruf erspielt. Ehrliches, bodenständiges Handwerk geht hier vor Effekthascherei.

 

TOMMY MCCOY – Late In The Lonely Night


THE KENN MORR BAND
Worth Imagining

(Fleets Cove Music, go! www.kennmorr.com )
Promo-CD, 10 Tracks, 42:38

Auch auf seinem sechsten Album bleibt der Amerikaner bei seiner sanften Singer/Songwriter-Americana im Bandgewand ohne jede Aggressivität; besinnlich und beruhigend, dabei aber überwiegend beschwörend im gleichwohl immer zurückhaltenden Ton – was den Betrachtungen eine gewisse Dringlichkeit verleiht, die sie nicht wirklich zu haben scheinen.

 

THE KENN MORR BAND – Worth Imagining


_PAPPMACHÉ
Zwischen King Grill und Porsche Zentrum

(Timezone TZ703, go! www.myspace.com/pappmaschee )
10 Tracks, 38:44, Texte

In eine sehr minimalistische, bisweilen auch eintönige Form bringt der Wahlhamburger Christoph Kohlhöfer seine abstrakten, beinahe philosophisch angehauchten Texte. Zur Seite steht ihm Schlagzeuger Tobias Noormann, was beide zusammen kreieren, nennen sie „Zwei-Mann-Akustik_Elektro-Indie-Pop“ – das trifft die Sache.

 

_PAPPMACHÉ – Zwischen King Grill und Porsche Zentrum


TRAILHEAD
Bodies In The Basement

(Cannery Row Records CRR 1216, go! www.trailheadmusic.com )
13 Tracks, 52:37

Irgendwo im Prenzlauer Berg sitzt Trailhead Tobias Panwitz und bastelt an seinem nordamerikanisch geprägten Musikuniversum. Sauber und ausgewogen produziert, hat Bodies In The Basement ein zeitloses Flair. Nur Panwitz' wenig variationsreiche Stimme ist auf Dauer etwas fade.

 

TRAILHEAD – Bodies In The Basement


CAETANO VELOSO
Caetano The Definitive Collection

(Wrasse Records WRASS 303 /Harmonia Mundi, go! www.caetanoveloso.com.br )
Do-CD, 40 Tracks, 155:39

Mit einer wahrlich definitiven Sammlung der großen Hits, aber auch schrägerer Tondokumente des bis heute experimentierfreudigen Tropikalisten kann man sich hiermit bewaffnen. Und bei der Gelegenheit auch ganz vorzüglich den 70. Geburtstag dieses großen bahianischen Barden mit der besonderen, wundersam fragilen Stimme feiern.

 

CAETANO VELOSO – Caetano The Definitive Collection

Update vom
09.02.2023
Links
go! Home
go! Vorige Rezis
go! Nächste Rezis
FOLKER auf Papier
Dieser Artikel ist ein Beispiel aus der Print-Ausgabe!
Bestelle sie Dir! Einfach das
go! Schnupper-Abo! bestellen und drei Ausgaben preiswert testen. Ohne weitere Verpflichtung!
Oder gleich das
go! Abo ?