HALBMASTMARK LAVON LEVON HELM
26.5.1940, Elaine, Arkansas, USA, The Last Waltz, das legendäre Abschiedskonzert von The Band, war 1976 der erste Konzertfilm, den ich im Kino sah. Tief beeindruckend nicht nur die illustre Gästeschar – wie der zugekiffte Neil Young, das Urgestein Muddy Waters, der lässige Neil Diamond und natürlich Bob Dylan. Da war auch der singende Schlagzeuger Levon Helm. Er brillierte als Leadsänger von Up On Cripple Creek, Ophelia, The Weight und in der Bürgerkriegsballade The Night They Drove Old Dixie Down. Und er spielte Mandoline in Evangeline, gesungen von der zauberhaften Emmilou Harris. Gitarrist Robbie Robertson sagte in den Interviews zum Film: Sechzehn Jahre auf Tour. Davon acht Jahre in Bars und Spelunken, acht Jahre in Stadien und Arenen. Wir arbeiteten mit Bob Dylan und zogen nach Woodstock. Alle nannten uns nur The Band. Levon Helm, der Junge aus dem ländlichen Arkansas, traf seine vier kanadischen Mitstreiter 1960 in Toronto. Sie begleiteten mehrere Jahre den eher zweitklassigen Rockabilly-Sänger Ronnie Hawkins als The Hawks. Ein Glücksfall war 1965 das Zusammentreffen mit Bob Dylan, der gerade eine Band suchte. Es folgten Touren und Platten mit Dylan. Aber auch eigene Alben wie Music From The Big Pink – für das Genre Americana stilbildend – und der noch bessere Nachfolger The Band, bekannt als das braune Album. Nach der Auflösung 1976, die eher eine Trennung Robertsons vom Rest der Truppe war, folgten für Levon Helm Tingeljahre: Soloalben, Filmrollen, Sideman bei Ringo Starr, Tantiemenstreit mit Robertson, die Autobiografie This Wheels On Fire und immer mal wieder eine Band-Reunion. 1998 dann die Diagnose Kehlkopfkrebs. Er kämpfte sich störrisch und mit Hilfe seiner Tochter durch 28 Strahlentherapien und erhielt vom Leben 14 Jahre Zugabe. Mit rauerer Stimme, aber ungebrochenem Enthusiasmus spielte er noch drei großartige Alben ein: das archaische Dirt Farmer (Grammy für Bestes traditionelles Folkalbum 2007), das bissigere Electric Dirt (Grammy für Bestes Americana-Album 2009) und die Live-CD Ramble At The Ryman (Grammy für Bestes Americana-Album 2011, u. a. mit Sheryl Crow und John Hiatt). 2009 wählte ihn der Rolling Stone auf Platz 91 der 100 besten Sänger aller Zeiten. Nun ist der letzte Walzer getanzt, das letzte Lied gesungen. Levon Helm starb einundsiebzigjährig und wurde in Woodstock neben seinem Bandkumpel Rick Danko begraben. Bob Dylan schrieb anlässlich seines Todes, Levon Helm sei einer der letzten wahrhaft großen Geister meiner oder jeder anderen Generation gewesen. Piet Pollack ARTHEL LANE DOC WATSON
3.3.1923, Stoney Fork/Deep Gap, North Carolina, USA, Über ihn scheint niemand jemals ein böses Wort verloren zu haben. Ob Politiker, Schauspieler, Musiker: Doc Watson erfuhr Lob von allen Seiten. Nicht nur sein legendäres Gitarrenspiel wurde hervorgehoben, nicht nur seine Art zu singen, sondern auch die Weise, wie er mit dem Publikum redete. Doc sprach zu dreizehntausend Leuten in Newport, als ob er mit einem Freund allein im Auto säße, in derselben gelassenen und zwanglosen Art, schrieb Ralph Rinzler 1964. Chet Atkins gehörte zu seinen Verehrern, genauso Tommy Emmanuel. Bob Dylan lobte Watsons Gitarrenspiel, weil es so selbstverständlich daherkomme wie fließendes Wasser. Der Mann, der noch kein Jahr alt war, als er das Augenlicht aufgrund einer Infektion verlor, holte alle auf seine Seite. Sieben Grammys verzeichnet seine Ehrengalerie, dazu einer für sein Lebenswerk. Geboren in North Carolina, begann er früh mit dem Gitarrespiel. Die Musik der Carter Family und von Jimmy Rodgers gehörten zu den ersten Einflüssen seiner langen Karriere. Er wurde zu einem der profundesten Kenner der traditionellen US-amerikanischen Musik, ohne zu den konservativen Hardlinern zu zählen. So trat er beispielsweise mit Joan Baez und Tom Paxton auf, als deren politische Haltung noch Wellen schlug. Außerdem lud er jährlich zu einem der renommiertesten Akustik-Festivals ein, dem Merlefest, benannt nach seinem 1985 verstorbenem Sohn und langjährigem musikalischen Partner. Wer weiß, wo die beiden jetzt wieder gemeinsam Musik machen. Volker Dick |
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