FOLKER – Halbmast

HALBMAST

ISHBEL MACASKILL

Ishbel MacAskill

14.3.1941 in Broker, Point, Isle of Lewis, Schottland
31.3.2011 in Inverness, Schottland

MacAskill, die 1998 mit dem Scottish Folk Festival auch durch Deutschland reiste, wuchs mit der gälischen Kultur auf, für deren Überleben sie in den letzten dreißig Jahren mit ihrem emotionsreichen Gesang überall auf der Welt warb, von Korea über Israel und Nova Scotia bis hin zu den Celtic Connections in Glasgow. Ihre Bühnenpräsenz und ihr Charme zog die Menschen in den Bann, ohne dass sie auch nur ein einziges Wort von dem verstehen mussten, was Ishbel MacAskill sang, denn es war überaus nackenhaarintensiver Gesang. Ich habe sie mehrfach getroffen und war immer fasziniert von ihrer Stimme, die selbst im Englischen den typisch gälischen, melodiösen „lilt“ hatte. MacAskills Gesang war ebenso auf dem Royal National Mod zu Hause wie in der BBC-Scotland-Produktion Transatlantic Sessions, wo sie mit Stars wie Ricky Skaggs oder Nanci Griffith auftrat. Junge Künstlerinnen (zum Beispiel Julie Fowlis) wurden von ihr nachhaltig beeinflusst. Ihre starke Persönlichkeit ermöglichte ihr neben dem gälischen Sologesang auch regelmäßige Auftritte als Schauspielerin im gälischsprachigen Fernsehen. Ishbel MacAskill starb nach einem Sturz in ihrem Haus in Inverness. Zwei Solo-CDs werden ihren einzigartigen Gesang auch weiterhin erlebbar machen: Sioda (1994) und Essential Ishbel (2000).

Mike Kamp


NIKOS PAPAZOGLOU

Nikos Papazoglou

20.3.1948 in Thessaloniki, Griechenland
17.4.2011 in Thessaloniki, Griechenland

Dieser Palmsonntag war auch im sonst so sonnenverwöhnten Süden nasskalt und grau, so düster wie wohl die Stimmung derjenigen, die um den Verlust eines der beliebtesten Liedermacher und Sängers Griechenlands trauerten. Nikos Papazoglou, der Mann mit dem roten Halstuch, ist am 17. April mit 63 Jahren, nur wenige Wochen nach dem Tod seines Freundes und Kollegen Manolis Rassoulis, in seinem Haus in Thessaloniki an Krebs verstorben. Der Einfluss Papazoglous auf die jüngere Generation griechischer Liedermacher ist kaum zu unterschätzen. Er begann seine Karriere Ende der Sechzigerjahre mit der legendären Band Olympians, setzte sie in Aachen mit Zealot fort und kehrte nach einem kurzen Intermezzo in Mailand 1976 nach Griechenland zurück. Dort arbeitete er unter anderem mit Dionyssis Savvolopoulos, Manolis Lidakis, Nena Venetsanou und Nikos Xydakis zusammen und gründete sein eigenes Tonstudio Agrotikon, in dem er seine großen Erfolge aufnahm. Der vor allem als Theodorakis-Interpret bekannte Sänger Petros Pandis erinnert sich, den Kollegen einmal 1976 getroffen zu haben, als er mit Maria Farantouri in Griechenland auf Tour war. „Nikos Papazoglou hatte damals unserem Tontechniker sehr geholfen. Als ich Jahre später seine erste Platte hörte, war ich völlig überrascht. Ich war einem sehr, sehr interessanten Künstler begegnet, einem Komponisten und Texter. Vor allem aber seine Art zu singen war großartig, ja einzigartig.“

Cathrin Alisch


GIL SCOTT-HERON

Gil Scott-Heron

1.4.1949 in Chicago, USA
7.5.2011 in New York City, USA

Nordamerika ist um einen großen Musiker und noch viel größeren Dichter ärmer. Gil Scott-Heron, dessen Musik Funk, Jazz, Soul und lateinamerikanische Elemente vereinte, war nicht zuletzt wegen seines Sprechgesangs („Spoken Word“) und seiner sozialkritischen Texte einer der wichtigsten Wegbereiter des Hip-Hops. Stücke wie „The Revolution Will Not Be Televised“ oder „The Bottle“ sind international bekannt, wegen seiner Drogenprobleme gab es immer wieder große Kontroversen um den Musiker. Schon früh wurde sein Talent durch den Vater gefördert. Nach der Trennung seiner Eltern verschlug es Scott-Heron nach Tennessee, wo er bei seiner Großmutter aufwuchs. Hier erlebte er, als eines von drei nicht weißen Kindern in der Grundschule, einen starken Rassismus. Der veranlasste ihn später, zu seiner Mutter zu ziehen, die mittlerweile in New York lebte. Hier lernte er Arbeiten des Harlem-Renaissance-Poeten Langston Hughes und von LeRoi Jones (später Amiri Baraka) kennen, die ihn inhaltlich und stilistisch prägten. Während seiner kurzen Zeit an der Lincoln University in Oxford, Pennsylvania, arbeitete er bereits an seinem ersten Roman The Vulture , den er 1970 mit viel Anerkennung veröffentlichte. Auf diese Weise lernte er den Jazzproduzenten Bob Thiele kennen, mit dem er sein erstes Album Small Talk At 125th And Lenox aufnahm. Ihm folgten bis zu seinem Tod vierzehn weitere. Erst durch die Zusammenarbeit mit dem Label Arista Records ab Mitte der Siebzigerjahre schaffte es seine Musik auch in die R-’n’-B- Charts. Ab Mitte der Achtziger zog sich Scott-Heron aus dem Musikgeschäft zurück, tourte aber weiter um die Welt, wo er von Rap- und Hip-Hop-Fans gefeiert wurde. Wegen seiner Kokainsucht kam er immer wieder mit dem Gesetz in Konflikt und saß 2001 und 2003 jeweils eine einjährige Haftstrafe ab. Vor über einem Jahr erschien mit I’m New Here (XL Recordings) sein erstes Album seit 1994, das gleichzeitig auch sein letztes sein sollte, denn im Alter von 62 Jahren starb er im Mai an den Folgen von Aids.

Claudia Frenzel

Update vom
09.02.2023
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