FOLKER – Rezensionen

Online-Kurzrezensionen


JOAN ARMATRADING
Live At The Royal Albert Hall

(Hypertension Music HYP 10274/Soulfood, www.joanarmatrading.com)
Do-CD, 21 Tracks, 111:18, plus DVD

Erstes Livealbum seit 31 Jahren, und dann als Werkschau der obersten Güteklasse! Die 21 Tracks reichen aus dem Jahr 1976 bis zum letzten Werk, This Charming Life, von 2010. Das Konzert gibt es akustisch und – von Stück 11 bis 21 – optisch eins-zu-eins ohne technische Tricks zu genießen, plus die üblichen Extras. Diese Frau ist einfach unglaublich!

 


BASSA
Medialuna

(Flowfish Records FF 0022/Broken Silence, www.bassa-welt.de)
11 Tracks, 43:23

Das Quintett möchte auf alle Züge – Jazz, Tango, World – gleichzeitig aufspringen und verpasst irgendwie überall den Anschluss, pendelt mit der durchgängig zu dominanten Klarinette zunächst zwischen Polka und Klezmer und konstruiert dann mühsam Jazzklischees. Spieltechnisch braves Handwerk. Kompositorisch vergleichsweise einfallsarm. Simpel tanzbar.

 


BUDAM
Stories Of Devils, Angels, Lovers And Murderers

(Volvox Music VOL0905/Cargo Records, www.budam.net)
9 Tracks, 44:22

Den Themenkreis der Texte beschreibt der Titel bereits treffend. Die Musik des Sängers und Songschreibers von den Faröern klingt oft und gern nach Tom Waits – dem rumpligen, aber auch dem mit den Pianoballaden. Dazu kommen Elemente vom Balkan, vom Kirmesplatz und vom Blues. Wie beim großen Vorbild: Atmosphäre siegt.

 


PATSY CLINE
From Church To Courtroom

(Righteous Records Psalm 23:27/Cherry Red/Rough Trade, www.righteous23.com)
24 Tracks, 60:14

„Hungry For Love“, „I’ve Loved And Lost Again“ oder auch der Albumtitel: Dagegen ist das Gesülze moderner Popmusik, wie tabubrecherisch es auch immer tun mag, Pipifax. Patsy Clines Nashville-Sound-Country hat die Jahrzehnte dank seines Popappeals bestens überstanden; das vorliegende Füllhorn dürfte für Otto Normalverbraucher mehr als ausreichen.

 


COLOR HUMANO
Madibá

(Kasba Music KM00610/Galileo MC, www.myspace.com/colorhumano)
12 Tracks, 47:31

Poppige Allerweltsmusikgruppe, die auf Spanisch und Französisch singt und ein möglichst breites Publikum bedienen will. Hier ein Ska, dort ein Soukous, dazu Reggae, Flamenco und Disko. Herausstechend ist die Mundharmonika von Stephane Laidet, die dem gefälligen Sound die persönliche Note gibt. Ohne die wäre alles doch reichlich glatt.

 


THE DELTA FLYERS
Sixteen Bars

(Soulbilly Records, http://thedeltaflyers.com)
10 Tracks, 35:42

Laut, hart und gut: Rockblues lassen der texanische Sänger Stevie DuPree und Travis Stephenson an der elektrischen Gitarre hören. Sie werden begleitet von vier Musikern und einem Chor, und alle hauen mächtig auf den Putz. Die Mischung aus Mississippi und Chicago Blues ist absolut gelungen. Nur Cover- und CD-Gestaltung lassen zu wünschen übrig.

 


DIVERSE
Jane’s Journey – Original Soundtrack and Additional Bonus Tracks

(Daydream/Dramatico Entertainment/Rough Trade, www.janes-journey-film.de)
25 Tracks, 59:52

Die Klangtapeten Wolfgang Netzers, ausgebildet an Konservatorien in Rio de Janeiro und München, changieren zwischen kammermusikalisch-altertümlichem Folk und Fahrstuhl. Die Songs, meist von Kollegen des Mike-Batt-Labels Dramatico – Katie Melua, Sarah Blasko und Geoffrey Gurrumul Yunupingu -, sind Konsenspop; wenn auch nicht konsensfähig für alle.

 


DIVERSE
Jukebox At The Last Chance Saloon

(Righteous Records Righteous Psalm 23:23/Cherry Red/Rough Trade, www.righteous23.com)
23 Tracks, 48:53

Eine Zeitreise zurück in die späten Fünfzigerjahre, irgendwo in den Süden der USA. Es erklingen früher Rock ’n’ Roll, Country und Bluegrass, gespielt von weitgehend unbekannten Künstlern – von den Stanley Brothers mal abgesehen. Obskur, was da nicht ganz verzerrungsfrei offenbar direkt von Vinyl auf CD gezogen wurde. Hauptsache, der Twang stimmt.

 


DIVERSE
Stormy Monday Records – Artist Collection No. 3

(Stormy Monday Records MO81301, www.stormy-monday-records.de)
19 Tracks, 71:36

Eine Auswahl der internationalen Blues- und Boogieszene ist auf diesem Sampler des, wie das Magazin Bluesnews meint, „wohl rührigsten Blueslabels“ in Deutschland versammelt. Mit dabei sind auf dem abwechslungsreichen Album unter anderem Christian Dozzler, Richard Ray Farrell, Steve „Big Man“ Clayton, Little Willie Littlefield und Morblus.

 


DIVERSE
Vielstimmig

(Volkskultur Niederösterreich HeiVo CD 104 AuMe, www.volkskulturnoe.at)
17 Tracks, 78:41

Dieses Album hat mit den Intentionen des Folker nur am Rande etwas zu tun, und zwar dann, wenn man den Begriff Lied sehr weit fasst. Namhafte Komponisten waren aufgefordert, Chorwerke für die niederösterreichische Chorszene zu schreiben. Dabei entstanden vorliegende A-capella-Stücke in direkter Zusammenarbeit mit dem jeweils aufführenden Chor.

 


ENSEMBLE VINOROSSO
Global Players

(Kaleidos Musikeditionen KAL 6314-2/Medien Vertrieb Heinzelmann, www.ensemble-vinorosso.de)
22 Tracks, 74:23

Balkan à go go, der Orient im Breitwandformat, gemeint im besten Sinne und gespielt von knapp vierzig Musikern aus aller Herren Länder. Traditionelles, Eigenes und Improvisiertes. Live aufgenommen, Hi-Fi, und in dieser Opulenz wohl einzigartig. Großes Kino im wahrsten Sinne des Wortes. Aber die Ansagen braucht’s nicht.

 


EPISODE 9
… Nie! …

(CPL Music CPL002, www.myspace.com/episodeneun)
12 Tracks, 56:58

Das Cover sieht aus wie aus dem Copyshop. Wer sind die Musiker des Trios aus dem fränkischen Weißenburg? Aus welchem Umfeld kommen sie? Kaum Infos, keine Texte zum Nachlesen, keine Fotos – so etwas vermindert insgesamt den Hörgenuss, hier wurde an der verkehrten Stelle gespart. Immerhin: sauber eingespielte Rockklänge und recht passabler Gesang.

 


FAMILY OF THE YEAR
Our Songbook

(Washashore Records/Volvox Music VOL 1008/Cargo Records, http://familyoftheyear.net)
Promo-CD, 14 Tracks, 50:31

Querschnitt der Washashore-Veröffentlichungen der kalifornischen Indiekapelle. In den stärkeren ruhigeren Momenten Singer/Songwriter-Pop mit starken Wurzeln in Folk und selbst einer Art Kammermusik. Die muntereren Titel, etwas weniger melancholisch, also auch etwas weniger verführerisch, rocken und plätschern ohne viel eigenen Charakter so dahin.

 


NADINE FINGERHUT
Das Blaue vom Himmel

(EP; Analoghaus AH 1002/New Music Distribution, www.myspace.com/nadinefingerhut)
6 Tracks, 23:16

Das verheißungsvolle Debüt einer jungen Künstlerin: Nadine Fingerhut aus Korbach bei Kassel. Das Bild vom ungeschliffenen Diamanten drängt sich auf. Vielleicht sollte sie auf die leicht manieriert wirkenden Stimmenkiekser verzichten, und die Texte könnten durchaus etwas weniger beliebig sein. Man kann auf erste Album gespannt sein.

 


FRAU DOKTOR
Grenzen der Gemütlichkeit

(Rookie Records RR089/Cargo Records, www.fraudoktor.de)
19 Tracks, 77:08

Dieses „Tu’s nicht!“ kommt bereits zu spät – Frau Doktor aus Wiesbaden ist mit einer Abschiedstour Ende 2010 nach 15 Jahren in den Ruhestand getreten. Grenzen der Gemütlichkeit versammelt noch einmal Stücke all ihrer Veröffentlichungen plus vier neue: souveräner Ska/Punk mit lockeren Texten, so unpeinlich wie der Grund fürs Ende – das echte Leben.

 


GITTE HÆNNING
Was ihr wollt

(Polydor 06025 2744847/Universal Vertrieb, www.gittehaenning.de)
12 Tracks, 42:15

Einem derart professionell abgegessenen Mainstreamalbum kann nur der stiere Blick aufs Massenpublikum zugrunde liegen. Gitte Hænnings lebendiger Vortrag deutscher Coverversionen alter Hits (Bee Gees, Gene Pitney) und neuer Originale plus „Ich will ’nen Cowboy als Mann (Version 2010)“ wird mit dieser geölten Mucker-Maschine weit unter Wert verkauft.

 


NORAH JONES
… featuring

(Blue Note 509999 09868 2 6/EMI, www.norahjones.com)
18 Tracks, 71:15

Die Duettpartner von Ray Charles über Dolly Parton, die Foo Fighters und Gillian Welch bis Outkast sind so handverlesen und erlesen wie die Musiker, das Repertoire aus Klassikern („Blue Bayou“, „Ruler Of My Heart“) und Unbekannterem ist gediegen, die Interpretationen sind nicht ohne Momente – aber das Produkt insgesamt ist so kühl, man fasst es nicht!

 


PEKKO KÄPPI
Vuonna ’86

(Helmi Levyt HELMI-041, www.pekkokappi.com)
10 Tracks, 33:30

Krach, Geräusche, Klangflächen, das ganze tapfere Programm: Mag es auch mehr als nur fraglich sein, dass der gemeine Folker-Leser Vuonna ’86 für Musik hält, so scheint es insgesamt doch rundum erfreulich, dass anscheinend auch die traditionelle finnisch-karelische gebogene Leier Jouhikko Eingang in die elektroakustische Avantgarde gefunden hat.

 


MODDI
Floriography

(Propeller Recordings/Soulfood, www.moddi.no)
9 Tracks, 48:10

Skandinavische Musiker setzen ihren Schwerpunkt oft rotzfrech auf akustische Instrumente, um astreinen Punk, Hardcore oder Rock zu spielen. Moddi ist einer ihrer interessantesten. Was er aus dem Akkordeon und einer kaputten Gitarre zaubert, hat am ehesten Ähnlichkeit mit Nico oder Death Moon, ist aber komplett eigenständig und so noch nie gehört.

 


MR. HO’S ORCHESTROTICA
The Unforgettable Sounds Of Esquivel

(Eigenverlag Tiki-001, http://orchestrotica.com)
11 Tracks, 29:26

Geschmackvoll verpackt im schicken Modern Design der frühen Sechziger kommt ein Album ebenso geschmackvoll eingespielter Esquivel-Titel daher. Klingt so authentisch, dass man sich fragen darf, warum man nicht gleich zu den Original-Easy-Listening-Experimenten greifen sollte. Mit Sicherheit interessanter: Liveauftritte der 23-köpfigen Band.

 


OJOS DE BRUJO
Corriente Vital – 10 Años

(Diquela Records/Warner 2564678856/Galileo MC, www.ojosdebrujo.com)
11 Tracks, 42:13

Nach Amparanoïa beendet noch ein Flagschiff der Barcelonaer Mestizos seine Fahrt mit einem Album. Glatt, beliebig, wenig inspiriert klingt dieser Abschied, Stück für Stück gefeiert mit diversen herausragenden Figuren der Flamenco- und Latin-Pop-Szene Spaniens. Die große Fangemeinde der Band und ihres einstigen Flamenco-Hip-Hop-Patents wird es mögen.

 


MARKUS ROHDE
Wintermann – Rockmusik für Kinder

(Psst-Music/Media-Arte, www.markusrohde.de)
12 Tracks, 39:20

Ein Konzeptalbum zum Themenkreis Schnee, Weihnachten, Winter; für Kinder konzipiert. Professionell eingespielt und schön getextet. Doch leider wirkt das Ganze seltsam unengagiert und dazu völlig humorlos. Was fehlt, ist die nötige Portion Witz und Wahnsinn, die für Kinder unerlässlich ist. Insgesamt nett, aber zu brav – das rockt nicht!

 


SABA
Biyo – Water Is Love

(Sud Music SUD002/Egea Music/Galileo MC, www.sabaanglana.com)
11 Tracks, 50:05

Die italienische Fernsehaktrice Saba Anglana besinnt sich auf ihre Wurzeln und singt zu vage arabisch-afrikanischem Weltmusikpop bemüht ausdrucksstark wie frisch von der Musicalschule. Bemerkenswert peinlich die Bookletfotos: Posen, jede Locke perfekt gestylt, vor pittoresker äthiopischer Elendskulisse mit fein arrangierten Wasserkanistern.

 


D’STROHTROGA
Frisch ’presst

(Volkskultur Niederösterreich HeiVo 106, www.strohtroga.at)
14 Tracks, 39:03

Fünf fesche Buam vom Land, Hobbymusiker, gelten in Niederösterreich als weltoffen, weil sie, bewehrt mit allerlei Blasinstrumenten, nicht nur Volksmusik, sondern auch Schlager und Jazzschmonzetten blasen. Dabei verliert sich im gemütlichen Amateurgeblase jeglicher Biss und jeder Sinn. Tendenz gestriges Dixieland und Harmlosigkeit. Nicht lustig.

 


CHIP TAYLOR & CARRIE NEWCOMER
The New Bye & Bye

(Train Wreck Records/In-akustik TW0036, http://trainwreckrecords.com)
18 Tracks, 77:28

Achtung! Der Titel des Albums des Duos ist potenziell irreführend. Finden sich darauf doch nur vier neue Titel. Der Rest sind unter der Überschrift „The Best of the Train Wreck Years“ Aufnahmen von den Alben Let’s Leave This Town (2002), The Trouble With Humans(2003), Red Dog Tracks (2005) und Live From The Ruhr Triennale (2008).

 


MERLE TRAVIS
The Merle Travis Guitar

(Righteous Records Psalm 23:2/Cherry Red/Rough Trade, www.righteous23.com)
20 Tracks, 47:38

Ein stilbildender Gitarrenvirtuose zwischen Country, Gypsy und Fingerpickin’, ein beherzter Sänger: Wiederveröffentlichung des Instrumentalalbums von 1956 plus acht Gesangsnummern, die in den Vierzigern auf 78ern erschienen waren – „Dark As A Dungeon“ und „Sixteen Tons“, längst Klassiker für alle inklusive Johnny Cash und Bob Dylan.

 

Update vom
09.02.2023
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