Rezensionen EUROPA
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ALLA FAGRA
Våta Pussar
(Nordic Tradition NTCD 14/Westpark Music/Indigo, www.indigo.de
)
10 Tracks, 48:18
„Feuchte Küsse im Haar und Winterhimmel bis zum Frühstück ...“ – so beginnt das
erste Stück der jungen bunten Truppe aus Malmö. Ein bisschen sehen sie aus wie
die Blumenkinder der Sechzigerjahre. Oder in einem anderen heißt es: „Mit der
Sonne in meinem Gesicht, bis zu meinem Todestag, werde ich dich lieben wie es
sonst keiner kann.“ Das ist lyrischer Folkrock, aber auch traditionell klingende
Melodien, wie „Villovals“ und „Kväll“, sind dabei und ein berührendes Lied über
Gedanken, die sich in die Luft schwingen wie ein grauer Vogel, der gern bunte
Flügel hätte. Die Besetzung mit Geigen/Viola, Harfe, Bouzouki, Bass und
Perkussion anstelle von Schlagzeug zeigt, woher Alla Fagra kommen. Dazu ein
meist mehrstimmiger, sehr rhythmischer Gesang. Alle Stücke sind von Julia
Westberg und Per Svensson selbst geschrieben, inklusive Lyrik! Die
zeitgenössischen Texte scheinen das nüchterne, aber dennoch zuversichtliche
Lebensgefühl der jungen Generation in Schweden widerzuspiegeln. Das ist in der
Einleitung des Booklets sehr schön zusammengefasst, indem einzelne Textteile
aufgegriffen werden. Alle schwedischen Texte und ihre englische Übersetzung sind
abgedruckt. Ein vielversprechendes Debütalbum.
Bernd Künzer
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DIETRICH
Evok
(Homerecords.be 4446052, www.homerecords.be
)
14 Tracks, 48:01
Bereits ab dem ersten Takt spürt man, dass dieses Album etwas Besonderes ist.
Und richtig, das Duo Dietrich – bestehend in erster Linie aus dem
namensgebendem Stimmwunder Jeuc Dietrich und Anik Faniel, beide derartige
Multiinstrumentalisten, dass die Gastmusiker lediglich Akzente setzen können
– legt ein Album vor, wie es sich der Weltmusikliebhaber wünscht.
Einflüsse aus Skandinavien finden sich genauso wie orientalische Anleihen.
Synthesizer treffen auf Drehleier. Grenzen sind nur dazu da, um überwunden zu
werden. Dabei schaffen Dietrich das Kunststück, zu klingen wie keine andere Band
und gleichzeitig einen unverkennbaren eigenen Sound zu erzeugen. Vielleicht
klingt es so, wenn sich Hoven Droven mit Baaba Maal in Rudolstadt
sonntagsmorgens zur Session treffen. Dietrich treten den Beweis an, dass
Spannung gerade auch durch entspannte Musik erzeugt werden kann. Damit ist
Belgien ein weiteres Mal Talentschmiede für neuen Folk, dem wir mit Ausnahme der
Ulmans nichts entgegenzusetzen haben.
Chris Elstrodt
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ENSEMBLE FISFÜZ
Golden Horn Impressions
(Peregrina Music PM 50542/In-akustik, www.in-akustik.com
)
8 Tracks, 72:20, mit dt. und engl. Infos
Ein wirkliches Überraschungsalbum legt das Trio Fisfüz vor, das sich um vier
Gastmusiker erweiterte. Die meisten Titel dieses Livealbums finden wir auch auf
den beiden letzten Aben des Ensembles: fünf der acht langen Stücke stammen von
der letzten Studio-CD
Yakamoz und ein Titel von
Simsin. Ergänzt werden sie um zwei traditionelle Stücke, darunter eine
witzig-swingende Version des Klassikers „Nihavent Longa“. Aber dieses Album ist
alles andere als musikalisches Recycling, denn das Trio ist zusammengewachsen
und spielt plötzlich in einer anderen Liga. Der Perkussionist und Komponist
Murat Coskun wird von zwei Kollegen aus Istanbul unterstützt: Oudspieler Gürkan
Balkan bildet manchmal ein bedachtes, akkordisches Zentrum, manchmal versprüht
er seine Soli; das Klarinettenspiel von Annette Maye erinnert an konzertanten
Klezmer wie von Giora Feidman. Mit
Golden Horn Impressions
ist es er Gruppe gelungen, eigenständig mit den türkischen Traditionen
umzugehen. Gastmusiker an Ney und Kanun erweitern das Trio in fein
ausbalancierter Weise, ohne es zu einem Septett aufzublasen. Der
Konzertmitschnitt verfügt außerdem über eine exzellente Tonqualität.
Birger Gesthuisen
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FIRST AID KIT
Drunken Trees
(Witchita WEBB 201/Cooperative Music, cooperativemusic.de
)
8 Tracks, 28:15, mit Texten
Das ist der Songwriternachwuchs: Johanna und Klara Söderberg, geboren 1990 und
1993. Die Lieder sind von den Schwedinnen selbst geschrieben, die Gitarre meist
das Instrument der Wahl. Die metaphernreichen Texte sind von verschiedenen
Sorten Sehnsucht gefärbt. Erste Bekanntheit erreichten die jungen Frauen auf der
berühmten Videoplattform, auf der sie in Holzfällerhemden und mit weichen
Kindergesichtern mit großer Innigkeit den „Tiger Mountain Peasant Song“ der
Fleet Foxes zum Besten geben. Sie sitzen im Wald, was zum Ende des Stückes hin
sphärische Soundeffekte zaubert. Auf
Drunken Trees
ist das Stück in einer Studioversion vertreten. In allem schwingt die längst
vergangene Zeit der Hippies mit. Harmonische Gesänge, schöne Melodien, vor
allem Folk mit leichter Pop-Prise und etwas Country. Dann ist es nett, aber
weiter nicht einprägsam. Manchmal jedoch blitzt die Spielfreude durch, dann
werden vor allem die Stimmen griffiger, nicht mehr so glatt, und dann steckt
die Freude an. Mit weniger als einer halben Stunde Musik ist das Debütalbum
etwas kurz geraten. Nimmt man es als Amuse-Gueule für kommende Projekte, kann
man sich aber darauf freuen, was die folgenden Gänge wohl bieten werden.
Sarah Habegger
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HARALD HAUGAARD
Burning Fields
(Pile House Records PHR0309, www.pilehouserecords.com
)
15 Tracks, 45:41
Nachdem sich das weltbekannte und beste dänische Folkduo Haugaard & Hoirup
2008 aufgelöst hatte, ging der magische Geiger Harald Haugaard an die Produktion
seines ersten Soloalbums. Solo ist relativ, denn er hat 13 kompetente
musikalische Freunde aus Dänemark, Norwegen, Schweden und Finnland beteiligt, je
nach Stück in Gruppen von drei bis sieben Musikern. Ebenso abwechslungsreich ist
das Ergebnis, was sich auch im ausgewählten Repertoire widerspiegelt. Im ersten
Teil Eigenkompositionen wie eine von Helene Blum (siehe auch Kurzschluss)
gesungene Morgenhymne, Erinnerungen an Konzerte auf der Okseø in der Flensburger
Förde, ein Liebeswalzer, der natürlich seiner Frau und Muse Helene gewidmet ist.
Dann einige als Doppelsets neu arrangierte Stücke aus den traditionellen
Notensammlungen von Rasmus Storm, Ole Kjer und anderen. Und im dritten Teil die
„Burning Fields Suite“ aus fünf kurzen Sätzen mit einem abschließenden
Abendchoral als Adagio. Bandbreite und Dynamik des Albums sind sehr groß, von
E-Gitarren-Rock bis zu transparenten klassisch anmutenden Klängen. Die
musikalische Handschrift Harald Haugaards – von zarten Tönen bis zum
Teufelsgeiger – ist wie bei allen seinen Produktionen immer zu spüren.
Bernd Künzer
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ULAS HAZAR
Virtuoso
(Acoustic Music Records 319.1409.2/Rough Trade, www.roughtrade.de
)
10 Tracks, 26:42 plus Bonusvideo
Ulas Hazar tritt als
Virtuoso
auf, aber auch als Produzent eines wohlklingenden Albums und als Arrangeur
eines hochkarätigen Ensembles. Der Meister der türkischen Langhalslaute spielt
nur drei Titel alleine, darunter das „Caprice 16“ von Paganini, das er derart
atemberaubend vorträgt, dass ein beigefügtes Video diese unglaubliche
Virtuosität belegen muss. Hazar arrangierte die Baglama für das Ensemblespiel.
Ihn begleiten Hochkaräter wie Flamencogitarrist Rafael Cortes und Bassist
Carles Benavent, der auch solistisch brilliert. Er begleitete auch Paco de
Lucia, eine wesentliche Inspirationsquelle Hazars. Mit den beiden Spaniern
schlägt er eine Brücke über das Mittelmeer, kokettiert aber auch witzig-gekonnt
mit der abendländischen Klassik, neben Paganini mit Bach, sowie mit einer
beswingten Version von Mozarts Rondo „Alla Turca“. Überhaupt überwiegt die
Interpretation bekannter Titel. Der Trend zum einstündigen Album ist
musikalisch ja selten gerechtfertigt –
Virtuoso
hat dagegen trotz nur knapp 27 Minuten Laufzeit einen musikalischen Mehrwert.
Wir brauchen mehr Musiker wie Ulas Hazar, der die Langhalslaute aus dem
ethnischen Ghetto führt und aus dem musikalischen in den Konzertsaal.
Birger Gesthuisen
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KOA
Dobre Nam
(Indies Scope MAM434-2, www.indies.eu
)
17 Tracks, 61:48, mit Texten
Seit über zehn Jahren stehen Koa auf tschechischen Bühnen, aber erst jetzt
erscheint ihr zweites Studioalbum. Die vierköpfige Band um Gitarrist Omar
Khaouaj, Bassist Frantisek Raba, Schlagzeuger Camilo Caller und den
Akkordeonspieler Mário Bihári vereint verschiedene kulturelle und musikalische
Hintergründe und hat sich in ihrer Heimat vor allem durch zahlreiche
Kollaborationen einen Namen gemacht. Die intensivste dieser Zusammenarbeiten
pflegten sie mit Zuzana Navarová, der tschechischen Folklegende, die vor fünf
Jahren im Alter von nur 45 Jahren an Krebs starb. Durch sie vor allem, die lange
auf Kuba lebte, baute die Band eine große Affinität zur lateinamerikanischen
Musik auf. In allen möglichen Varianten von Samba bis Bossa ist sie nun ein
starkes Element ihrer Musik. Mit großer Leichtigkeit, eingängigen Melodien und
hoher Virtuosität spannen sie einen musikalischen Klangbogen aus europäischem
Folk, spanischer und französischer Musik, von Romatraditionen bis hin zu
türkischer Musik. Mitunter kommen auch Elemente aus Reggae und Funk hinzu
– nur die tschechische Sprache, im Wechsel mit Spanisch, Englisch und
Französisch, zeigt noch, woher die Band kommt.
Claudia Frenzel
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KTU
Quiver
(Westpark Music CD 87173/Indigo, www.indigo.de
)
11 Tracks, 45:32
KTU, besser bekannt als „Kimmo Pohjonen und King Crimson“ präsentieren nach vier
Jahren ihr zweites Album und damit ihre erste Studioproduktion. Außer
Akkordeonzauberer Pohjonen sind Gitarrist Trey Gunn und Schlagwerker Pat
Mastelotto von King Crimson mit an Bord. Es fehlt also Elektronikguri Samuli
Kosminen.Geht das überhaupt – KTU beziehungsweise Kimmo Pohjonen ohne das
Samplingwunder? Offensichtlicht geht es, denn
Quiver
zeigt KTU als geschlossenes Projekt, als Band, fernab jeder Star-Ego-Show.
Freilich, die Folkelemente sind noch weiter zurückgedrängt, die „Zappanale“
wäre für KTU die richtige Plattform, oder vielleicht das „Klangbad“-Festival.
Das Album ist für Liebhaber der experimentellen Rockmusik eine Offenbarung, für
den gediegenen Akkordeonliebhaber aber eher eine Belastungsprobe. Diejenigen
Weltmusikfreunde jedoch, die im Kopf keine Schranken haben, die Philip Glass
ebenso wie Ulman schätzen, erwartet ein Meisterwerk, welches, von Pohjonens
kehligem Gesang abgesehen, neue und aufregende Strukturen in der Welt der Töne
aufzeigt. Welches Etikett auch immer man KTU aufklebt, letztlich zählt nur die
Musik – und die ist im Falle von
Quiver genauso einzigartig wie wunderbar.
Chris Elstrodt
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OI VA VOI
Travelling The Face Of The Globe
(Oi Va Voi Recordings/Al!ve, www.alive-ag.de
)
Promo-CD, 12 Tracks, 45:50
Oi Va Voi sind die Band, die 2004 mit einem unglaublichen Album namens
Laughter Trough Tears
die internationale Musikbühne betrat. Von der Revolution des Klezmer sprachen
einige, obwohl die jungen Londoner um – damals noch – Lemez Lovas
und Sophie Solomon ein breiteres Spektrum bedienten als nur das jüdischer
Musik. Nach einem weniger spektakulären Nachfolger knüpfen sie mit Hilfe der
damaligen Erfolgsproduzenten Kevin Bacon und Jonathan Quarby nun mit einem
weiteren Paukenschlag an, wo sie 2004 aufhörten. Treibender Pop, feinstes
Songwriting, melancholische Violinen, Klezmer-, Gypsy- und Balkanklänge, Swing
und immer wieder die markante und wandlungsfähige Stimme von Sängerin Bridgette
Amofah, die mal rotzig, mal hauchzart daherkommt. Mit Leichtigkeit und viel
Groove bewegen sich Oi Va Voi trotz der zahlreichen Umbesetzungen der letzten
Jahre zwischen den musikalischen Welten, vereinen mit einer angenehmen Frische
und Leitchtigkeit verschiedene musikalische Hintergründe. Erinnerungen an die
Hits des Debüts der Band werden bei einer Vielzahl der Songs wach – und
erneut werden Schubladen wie jüdischer Pop oder Klezmer dem Sound der Band
nicht gerecht werden.
Claudia Frenzel
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ALAN REID & ROB VAN SANTE
The Rise And Fall O’Charlie
(Red Sands Music RSCD002, electricscotland.allcelticmusic.com
)
14 Tracks, 48:11, mit engl. Infos
Die Schotten und Bonnie Prince Charlie! Sie können von ihm nicht lassen, obwohl
er so „bonnie“ gar nicht war, sondern schlicht ein adliger Abenteurer und
letztlich ein Feigling. Aber er versprach den Menschen als ihr eventueller König
die Unabhängigkeit. Die Aktion ließ sich auch nicht schlecht an, endete aber
1746 im Desaster von Culloden. Der Rest ist häufig eine romantisierte Legende.
Alan Reid, Keyboarder der Battlefield Band, und Rob van Sante, deren Soundmann,
aber auch ein gestandener Musiker, arbeiten schon seit Jahren als Duo zusammen.
Ihr aktuelles Programm ist eben jener Charlie, ohne allzu rosa gefärbte Brille.
Die Lieder sind meist allgemein bekannt, bis auf die vier, die Reid geschrieben
hat. Natürlich sind noch diverse illustre musikalische Freunde mit im Boot, und
alles in allem ist es musikalisch genau die gewissenhafte, solide und
professionelle Arbeit, die wir von solchen Künstlern erwarten können. Nichts
Außergewöhnliches, aber gute schottische Folkmusik. Und im September in
Deutschland live zu erleben.
Mike Kamp
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MIKE SILVER
How Many Rivers
(Faymus Recordings FRCD 0108, www.mikesilver.co.uk
)
12 Tracks, 56:47, mit engl. Infos und Texten
Folkfreunde eines gewissen Alters wissen es eh: Mike Silver schreibt
fantastische Songs und spielt wunderbare Alben ein. Das aktuelle ist für beides
ein treffendes Beispiel. Aber das „gewisse Alter“ sorgt auch für
Vergesslichkeit, und so kommt uns in diesem Zeitalter medialer Überreize schnell
zum Beispiel das Wissen darüber abhanden, daß Mike Silver in erster Linie ein
unglaublich fesselnder Livekünstler ist. Trotz seines „gewissen Alters“ hat er
seine Stimme in allen Lagen unter Kontrolle und an Austrahlung hat er auch
nichts verloren, eher im Gegenteil. Dank dem Venner Folkfrühling, dass er uns
daran erinnert hat. Silver und Dobro- und Slide-Spezi Nils Tuxen spielten in
Venne einiges von
How Many Rivers, das die gewohnt hochklassige Folk-Blues-Pop-Mischung enthält, nur mit ein paar
zusätzlichen Instrumenten. Erstaunlich, dass das packendste Stück des Albums das
einzige ist, das nicht aus Silvers Feder stammt, Ross Browns „Black & White
1945“, eine Ballade über Vorurteile – nicht nur – in Kriegszeiten.
Diese Tatsache ist nur scheinbar paradox, denn Brown ist ein Workshopschüler von
... genau, Mike Silver. Na also!
Mike Kamp
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SKILDA
Spas
(L’Oz Production L’Oz 52, www.loz-production.com
)
13 Tracks, 53:18, plus DVD mit Landschaftsaufnahmen zur Musik
Glenan Blue
(L’Oz Production L’Oz 53, www.loz-production.com
)
9 Tracks, 45:14
Skilda ist eine Band aus der Bretagne, die schottischen Elektrofolk produziert.
Clubtaugliche Beats und Samples treffen auf folkige Melodien und bretonische
Chorgesänge. Die Tracks beginnen oft großartig, verläppern sich dann aber meist
etwas. Skilda wurde von den Brüdern Gurvan Mevel (Schlz, Programming –
Künstlername „Bran“) und Konan Mevel (Fl, Dudelsäcke) gegründet. Zusammen haben
sie auch schon bei Kad gespielt, Konan Mevel ist außerdem Mitglied von Tri Yann.
Eine erstes Skilda-Album erschien 2003 beim schottischen Label Survival mit der
irischen Sängerin Naia Wolf. Jetzt sind sie zur bretonischen Firma L’Oz
gewechselt, ohne aber den Sound zu verändern. Allerdings haben sie mit Michèle
Gaurin (Künstlername „Kohann“) nun eine Sängerin aus der Bretagne. Schon kurz
nachdem das zweite Skilda-Album
Spas erschien, legte die Band mit dem Remixwerk
Glenan Blue
nach, das Beiträge von unter anderem der englischen Global-Beat-Legende
Transglobal Underground enthält. Neben vier Remixen sind dort auch fünf neue
Skilda-Tracks enthalten. Trotz der diversen Kollaborateure ist auch
Glenan Blue
ein Album aus einem Guss geworden – was wohl für den prägenden Sound von
Skilda spricht.
Christian Rath
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STOCKHOLM LISBOA PROJECT
Diagonal
(Westpark Music WP87177/Indigo, www.indigo.de
)
14 Tracks, 48:24, mit Texten und Infos
4.000 Kilometer liegen zwischen Portugal und Schweden. Das Stockholm Lisboa
Project zeigt auf, dass die musikalischen Welten der beiden Länder nicht so weit
voneinander entfernt sind. War ihr Debütalbum noch mehrheitlich vom
portugiesischen Fado geprägt, erhalten beide Kulturen auf
Diagonal
einen ähnlichen Stellenwert. Das Klangbild wird nicht mehr von
Saiteninstrumenten geprägt. Dafür sorgt das neue Gruppenmitglied Filip Jers mit
chromatischen und Bassharmonikas. Damit verleiht er den Polskas und Fados
überraschende Schattierungen. Demgegenüber hört sich Simon Stålspets nordische
Mandola schon fast wie ein traditionelles Fadoinstrument an. Mittlerweile
schreibt der portugiesische Geiger Sergio Crisóstomo auch Polskas, und Lianas
Gesang ist nicht nur für die
Saudade
des Fado zuständig. Die nordische Schwermut liegt ihr genauso gut. Die
Portugiesin lässt ihre Stimme mühelos von der erdigen Schwere in himmlische
Höhen steigen – ihr zuzuhören ist ein Hochgenuss. Album kaufen und ein
Konzert des Quartetts hören – die Gruppe ist auch live ein Erlebnis!
Martin Steiner
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DIE STROTTERN
I gabat ois
(Cracked Anegg Records 092008026/Lotus Records, www.lotusrecords.at
)
12 Tracks, 47:11, mit dt. Texten und engl. Infos
„Grüß Gott, ich bin das Wienerlied“ – dieses Lied ist Programm. Nachdem
zunächst als möglicher Albumtitel das bitterböse „Linz“ im Gespräch war, wurde
die „Revolution“, so Strottern-Geiger und -Sänger Klemens Lendl, schnell zu
Grabe getragen: „Weil es natürlich wieder Lieder geworden sind, die nicht von
dieser Stadt [Wien] zu trennen sind.“ Wobei man sich beim Hören allerdings von
gängigen Klischees in Sachen Wienerlied trennen muss. Ein nach eigenen Angaben
indifferentes Verhältnis zur Tradition ermöglicht Lendl und David Müller
(Gesang, Gitarre), das Genre mit neuem Leben zu füllen. Gemeinsam mit bekannten
Gästen der Wiener Szene, darunter Neuwirth-Extremschrammler Walther Soyka und
Wolfgang Vincenz Wizlsperger vom Kollegium Kalksburg sowie die jungen Jazzer
Lorenz Raab und Wolfgang Schiftner bei „Wiener Zärtlichkeiten“, „bearbeiten“ die
Strottern neben eigener Poesie Texte der Wiener Peter Ahorner, Wizlsperger und
Helga Utz sowie von Wilhelm Busch. „Strotter“ war im alten Wien übrigens ein
Ausdruck für Gauner, Landstreicher oder Strauchdieb. Von der gelassenen
Einstellung solcher Zeitgenossen zu den Dingen lebt dieses Album. Eine absolute
Empfehlung.
Michael Kleff
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THE UNWANTED
Music From The Atlantic Fringe
(Whirling Discs WHRL013, www.allcelticmusic.com
)
13 Tracks, 58:25, mit Infos und Verweis auf Songlyrics
The Unwanted – so nennt sich ein Trio von erfahrenen Musikern der irischen
Tradition und der nordamerikanischen Appalachenmusik. Musikalische Spuren, die
Aus- und Einwanderung an beiden Seiten des Atlantiks hinterlassen haben, sind
programmatisches Thema des vorliegenden Albums. Cathy Jordan und Seamus O’Dowd
kennt man von Dervish und Multiinstrumentalist Rick Epping, früher bei Thom
Moores Pumpkinhead, ist auch kein ganz Unbekannter. Angefangen von Rory
Gallaghers legendärem „Out On The Western Plain“ bis hin zu ungewöhnlich
klingenden Sligo Reel Sets haben die drei ein wirklich vielschichtiges und
abwechslungsreiches Werk zusammengestellt. Cathy Jordans mädchenhaftes
Gesangstimbre bezaubert wie immer, klingt allerdings nicht besonders
amerikanisch – da kommen die Herren formal authentischer rüber. Gerade an
der Mundharmonika geht Rick Epping ganz anders, bluesbetonter und erdiger an die
Tunes irischer Abstammung heran als moderne Mundharmonikaspieler, im
Zusammenklang mit Seamus O’Dowds hochverziertem und nuancenreichen Fiddlespiel
aber ein sehr effektiver Mix. Der Puls von Jordans Bodhrán ist einfach, groovt
aber prima – alles in allem eine charmante Scheibe!
Johannes Schiefner
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LORI WATSON AND THE RULE OF THREE
Pleasure’s Coin
(Isle Music ISLE03CD, www.islemusicscotland.com
)
11 Tracks, 49:15
Mensch, Lori Watson klingt ja wie Karine Polwart! Messerscharfe Analyse –
denn es ist tatsächlich Karine Polwart, die beim ersten Stück des Zweitlings der
Dame aus der Grenzregion zu England den Gesang übernimmt. Und bevor sich jemand
wundert: Zwei Lau-Leute – Drever und O’Rourke – sind auch dabei,
plus gelegentliche Gäste mit Bass, Perkussion und einmal ein zusätzliches
Akkordeon. Die Band als solche jedoch besteht aus Lori Watson (Fiddle und
Gesang, anders als Karine, aber ebenso gut), ihrem Bruder Innes (Gitarre) und
John Somerville (Akkordeon). Diese Mann- und Frauschaft spielt erstaunlich viele
Traditionals, arbeitet mit ihrem Material jedoch ausgesprochen kreativ und immer
stimmig. Da kippt eine eigentlich schottisch klingende Melodie von Mairi
Campbell unversehens in Richtung Balkan und es klingt, als müsse das genau so
sein. Erfreulich auch, dass die drei bei den Instrumentals den Fuss nicht immer
so gnadenlos auf dem Gaspedal haben wie bei etlichen schottischen Jungspunden
heutzutage gerne der Fall. Ein reifes Werk ohne Schwächen. Die können das auch
live, es wäre schön, wenn sie es mal in Deutschland beweisen würden.
Mike Kamp
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THE SNOWY WHITE BLUES PROJECT
In Our Time Of Living
(Eigenproduktion/Soulfood Music Distribution, www.soulfood-music.de
)
13 Tracks, 50:39
Snowy White – mit Peter Green spielte der Engländer auf dessen legendärem
Album
In The Skies, mit Pink Floyd war er auf Welttournee und begleitete die Bandmitglieder auf
deren Soloalben, mehrere Jahre war er Gitarrist bei Thin Lizzy, und mit seiner
eigenen Band The White Flames vereinte er Blues mit Jazz und Rock. Sein
Gitarrenspiel ist im britischen Blues der Sechzigerjahre verwurzelt, neben
rhythmischer Virtuosität und solistischer Finesse ist es sein Ton, der ihn zu
einem der derzeitigen Topgitarristen macht. Im Blues Project treffen sich nun
vier Musiker, bei denen es scheint, als hätten sie nur aufeinander gewartet.
Zwei Gitarren im Wechsel, Bass und Schlagzeug, drei unterschiedliche Stimmen.
Stücke, die sich von einfachen, prägnanten Bluesriffs wie von selbst
fortentwickeln und filigran verästeln. Hier ist nichts hastig oder überstürzt,
dabei in keinem Ton langweilig oder immer gleich. Jeder Song steht für sich, hat
die ein oder andere kleine Besonderheit oder vertrackte Wendung. Erinnerungen
kommen hoch an Paul Rodgers und Paul Kossoff von Free, an Stevie Ray Vaughan,
Peter Green, Robben Ford – in dieser Gattung Musik spielt das Snowy White
Blues Project ganz weit vorne mit.
Achim Hennes
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FOLKER auf Papier
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