Rezensionen ASIEN/OZEANIEN
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ANUPAMA BHAGWAT & V. K. RAMAN
Confluence
(Felmay fy 8142/Pool Music & Media, www.pool-musik.com
)
3 Tracks, 58:13, mit engl. Infos
Wenn man nach Beweisen für James Browns Hypothese sucht, dieser Planet sei eine
Männerwelt, dann konnte man in der Vergangenheit so wunderschöne Beispiele
heranziehen wie das der klassischen Musik Indiens. Während hierzulande
Altmeister von Karajan mit seinen Mutter- und Meyer-Präferenzen kräftig an der
Frauenförderung arbeitete – was ihm Kritiker als Sugardaddy-Attitüde
auslegten, war die kluge Erkenntnis, dass diese Frauen wirklich gut waren –,
hatten sich indische Musikerinnen auf private Lehrtätigkeiten, Singen oder
Tamburazupfen zu beschränken. Doch das ist inzwischen auch passé – es ist
zwar noch immer keine Massenbewegung, aber Sitarspielerinnen sind keine
Exotinnen mehr. Die 35-jährige Anupama Bhagwat ist eine dieser glänzend
ausgebildeten jungen Frauen. Zusammen mit ihrem südindischen Kollegen V. K.
Raman (Bambusflöte) ist sie auf Confluence
mit einer brillanten 33-Minuten-Version des recht selten aufgeführten „Ragas
Lathangi“ zu hören. Frau Bhagwats Spiel zeichnet sich hierbei nicht nur durch
stupende Virtuosität, sondern auch durch immense Reife aus. Zudem verfügt sie
über einen wiedererkennbaren Sound. Wäre sie eine Jazzmusikerin, würde man wohl
sagen: „Sie hat Soul!“
Walter Bast
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WAED BOUHASSOUN
Le Voix De L’Amour
(Institut du Monde Arabe/Harmonia Mundi 321.071)
9 Tracks, 59:28, mit franz., engl. und arab. Infos und Texten
Wer die Faszination arabischer Vokalkunst und Lautenmusik verstehen will, der
sollte sich das Debütalbum der 1979 in einem Dorf bei Al-Sweida geborenen
syrischen Sängerin und Saitenvirtuosin zu Gemüte führen. Sie steht ohne Zweifel
in der Tradition der großen Oum Kalsoum, versucht sich aber auch an eigenen
Interpretationen und Vertonungen arabischer Gedichte. Ihre eindringliche Stimme
hat ihr den Ehrennamen „Die Stimme der Liebe“ eingebracht. Die Liedtexte,
durchweg von bekannten arabischen Dichtern, sind oft recht traurig, künden von
Liebesleid, von Verlust, von Ängsten, strahlen eine tiefe Melancholie aus. Die
in unseren Ohren vielleicht monoton klingenden Melodien, muten bisweilen
möglicherweise auch anstrengend an können gleichwohl aber auch eine fast
hypnotische Wirkung ausüben. Die Intensität und Klarheit des Gesanges
beeindruckt mit Gewissheit; verblüffend und ungewohnt wohl auch die langen
instrumentalen Passagen, in denen Bouhassoun ihr Können auf der Oud unter Beweis
stellen kann. Für Liebhaber dieses Musikgenres jedenfalls ein ungetrübter
Hörgenuss.
Roland Schmitt
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MURAD ALI KHAN
Feelings Of The Heart
(Felmay fy 8138/ Pool Music & Media, www.pool-musik.com
)
3 Tracks, 46:34, mit engl. Infos
Wie ihre entfernte Verwandte, die Viola d’amore, ist die Kastengeige Sarangi ein
wenig aus der Mode gekommen, ja, Pessimisten mahnen gar an, sie auf die rote
Liste der bedrohten Musikinstrumente zu setzten. Tatsache ist, dass sie in ihrem
einstigen Verbreitungsgebiet, der Liedbegleitung, fast flächendeckend durch das
leichter zu erlernende Harmonium ersetzt worden ist. Zwar halten Virtuosen wie
Dhruba Ghosh, Sultan Khan, Ramesh Mishra oder Kamal Sabri die Sarangi als
Konzertinstrument lebendig, aber der Nachwuchs rennt den Sarangi-Lehrern nicht
gerade die Türen ein. Umso schöner, dass gelegentlich ein neues Gesicht sich
anschickt, in die Fußstapfen der großen Ahnen wie Ram Narayan oder Sabri Khan zu
treten. Murad Ali Khan hat sich denn für sein aktuelles Album mit dem „Abendraga
Bihag“ auch einen Klassiker vorgenommen, den er mit ungeheurer Verve angeht. Die
sehr präzise Tontechnik sorgt dafür, dass wir nicht nur das virtuose Spiel
Murads, sondern auch diesen eigentümlich nasalen Klang der Sarangi samt der
feinen Resonanztöne gut hören und genießen können. Sir Yehudi Menuhin bewunderte
und schätzte die Sarangi sehr. Nach dem Hören dieses Albums werden Sie wissen,
warum.
Walter Bast
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THE IDAN RAICHEL PROJECT
Within My Walls
(Helicon/Cumbancha CMB-CD-10/Exil Musik 92780-2/Indigo, www.indigo.de
)
13 Tracks, 43:52, mit mehrsprachigen Texten
Während Idan Raichel in Israel mit seinen ersten beiden Alben Verkaufsrekorde
erzielte, blieb er in Deutschland bis dato eher unbekannt, trotz Auftritten etwa
beim TFF Rudolstadt 2007. Dies kann sich mit dem vorliegenden dritten Album
ändern: Neben den führenden Studiomusikern des Landes, darunter Eyal Sela,
versammelt Raichel, der sämtliche Stücke selbst komponierte und einen Großteil
der Texte verfasste, Sänger aus unterschiedlichen Kulturkreisen in mehreren
Sprachen – Multiethnik als Spiegelbild der modernen israelischen
Gesellschaft. So im einfühlsamen Liebeslied „Todas Las Palabras“ (Gesang: Marta
Gómez, Kolumbien), einem Lied in arabischer Sprache in Gedenken an die
verstorbene Mutter (Gesang: Shim’on Buskila) oder dem Geständnis, eher rockig
und hebräisch gesungen, in Gedanken immer noch bei der Verflossenen zu verweilen
(„Rov Ha-Sha’oth“, Gesang: Ilan Damti). Vorbildlich das Begleitheft, das
sämtliche Texte neben der Originalsprache auch auf Englisch bringt. Ob Idan
Raichel sich mit Within My Walls
„innerhalb seiner Wände“ oder eher „zwischen den Wänden seines Hauses“ –
so der hebräische Titel – bewegt, sei dahingestellt – dieses Album
ist definitiv hörenswert.
Matti Goldschmidt
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RAMESH B. WEERATUNGA
This Is
(Bluebird Café Records 08-0033/Pool Music & Media, www.pool-musik.com
)
13 Tracks, 54:56, mit Texten und Infos
Ramesh B. Weeratunga kann man alles nachsagen, aber keine Einseitigkeit. Bislang
eher durch seine Zusammenarbeit mit Kraan, Ulla Meinecke oder auch Sally
Oldfield aufgefallen, holt der Wahlberliner mit seinem mittlerweile siebten
Album This Is
nun zum entscheidenden Schlag aus. Der Opener klingt wie eine indische Variante
von DJ Bobos „Pray“, dann findet man Songs, die einem englischen Liedermacher
gut stehen würden, gleich mehrere Impressionen für prächtige Bollywood-Schinken
und natürlich als Höhepunkt die bereits als Single ausgekoppelte Coverversion
von Johnny Cashs „Ring Of Fire“ in bester indischer Tradition. Bollywood
erobert also nicht nur die Kinos, sondern mit ein bisschen Gewöhnung auch den
Folker
– was man am Anfang als zu glatt und poppig beiseitelegen möchte,
entwickelt beim zweiten Durchhören ungeahnte Originalität. Ramesh Weeratunga
schlägt alle Ravi-Shankar-Enthusiasten in die Flucht und etabliert das
Blödelbardentum im indischen Kulturkreis. Er plündert ungeniert im Erbe der
Beatles oder beim Rap, Grenzen scheint er nicht zu kennen. Dass bei diesem
Kulturclash auch einige seriöse und wunderschöne Elemente entstanden sind, geht
dabei zu Unrecht fast unter.
Chris Elstrodt
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FOLKER auf Papier
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