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HEIMSPIEL

 

Die Instrumentenbauer im Vogtland waren einmal führend auf dem Weltmarkt. Der Folker! wollte wissen, ob sie heute an ihre glorreiche Vergangenheit anknüpfen können. Kay Reinhardt ist deswegen in die auch als „Musikwinkel“ bezeichnete vogtländische Region um Klingenthal, Markneukirchen und Bad Elster gefahren. Hier ist sein vierter von mehreren Heimspielbeiträgen zu diesem Thema.

Museumsführerin Anna Demmler mit einer Markneukirchner Trichtergeige
Museumsführerin Anna Demmler mit einer Markneukirchner Trichtergeige

DA MUSS MAN ÖFTER HIN!

Im Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen:
1.500 Instrumente aus aller Welt

Cover Museum Markneukirchen

Das attraktivste Gebäude und Herz Markneukirchens ist das spätbarocke Paulusschlössel, das seit 125 Jahren Domizil des städtischen Musikinstrumentenmuseums ist. 1.500 Instrumente aus aller Welt sind lehrsammlungsartig – dicht an dicht – in Vitrinen montiert. Noch einmal so viele Schätze lagern im Depot und werden den Besuchern in wechselnden Sonderausstellungen vorgestellt. Einen Sammlungsschwerpunkt bilden natürlich die Musikinstrumente aus dem Vogtland.

Von Kay Reinhardt

Die Dauerausstellung beginnt mit der Inszenierung einer Geigenmacherwerkstatt. Logisch, denn mit Geigenbauern begann um 1650 in Neukirchen (heute Markneukirchen) der Musikinstrumentenbau. Neukirchen war die Keimzelle für die Entwicklung der Region zum Instrumentenbauzentrum von Weltgeltung. Die ersten Geigenbauer waren Glaubensflüchtlinge aus dem böhmischen Nachbarort Graslitz. Ihr Landesherr, der Erzkatholik, fanatische Gegenreformator und Kriegstreiber Kaiser Ferdinand III. von Habsburg hatte die Protestanten in seinem Herrschaftsgebiet verfolgen lassen. Sechs Kilometer weiter, im lutherisch-evangelischen Kursachsen, waren sie willkommen. Hier wurden sie freundlich aufgenommen und unterstützt, weil der Dreißigjährige Krieg und Seuchen das Land verwüstet und die Bevölkerung dezimiert hatten. Der Kurfürst von Sachsen freute sich über die neuen Untertanen und Steuerzahler.

Kontakt:
Musikinstrumenten-Museum Markneukirchen
Bienengarten 2
08258 Markneukirchen
Tel. 037422-2018
go! he@museum-markneukirchen.de
go! www.museum-markneukirchen.de

IN HEFT 2/2009 schreibt Kay Reinhardt
über den Zupfinstrumentenbaumeister
Christian Sandner.

Am Anfang war die Geige

'Der Geigenbauer', Kupferstich, um 1700
'Der Geigenbauer'
Kupferstich um 1700

Die Graslitzer bauten Geigen aus einheimischen Ahorn- und Fichtenhölzern, Geigen mit breiter Brust und schwungvoller Schnecke. Ihren Beizen und Lacken gaben sie meist Safran bei. Bis heute ist Safrangelb typisch für vogtländische Geigen. 1677 schlossen sich die Meister zur ersten Geigenmacherinnung Deutschlands zusammen. Wenige Jahrzehnte später galt Markneukirchen bereits als das „sächsische Cremona“, als Zentrum des Geigenbaus in Mitteldeutschland. Der Vergleich mit der Heimat der berühmtesten Violinenbauerfamilien der Welt – Amati, Guarneri und Stradivari – war ein Riesenkompliment der Kunden. Außer Geigen entstanden damals in den Meisterwerkstätten vor allem Bratschen, Violoncelli und Kontrabässe. In der Folgezeit stellten alteingesessene Handwerker ihre Produktion auf Musikinstrumente und Zubehör um, und es ließen sich weitere Handwerker verwandter Berufe im Vogtland nieder. Holz- und metallverarbeitende Spezialwerkstätten entwickelten sich. Seit dem 18. Jahrhundert werden in der inzwischen „Musikwinkel“ genannten Region, die gut zehn Städte und Gemeinden umfasst, sämtliche Orchesterinstrumente hergestellt, und um 1800 war das Obere Vogtland auf dem besten Weg zum bedeutendsten Musikinstrumentenbauzentrum Deutschlands. Die ersten Profiteure dieser Entwicklung waren die sogenannten „Fortschicker“, wie man früher die Fachhändler nannte. Verfallene Industriearchitektur, Villen und Mietshäuser der Gründerzeit zeugen vom Reichtum der Fabrikanten und Kaufleute, die in den Jahren 1945 und 1946 von der Sowjetischen Militäradministration als Großkapitalisten und/oder Kriegsgewinnler entschädigungslos enteignet wurden.

Die Gitarre für Kraken

Erfindungen aus dem Musikwinkel

Wo über Jahrhunderte so viele ideenreiche Fachleute arbeiten wie im Musikwinkel, herrscht ein ideales Klima für Innovationen. Einige Beispiele, die im Museum zu sehen sind: Um 1881 erfand der Holzblasinstrumentenmacher Julius Jehring (1821-1905) aus Adorf das Oktavin, eine Art Bassklarinette, die saxofonähnlich klingt. 1893 wurde sie von der Markneukirchner Firma Oscar Adler & Co. zum Patent angemeldet. Gebrüder Mönnig, Oscar Adler & Co., so der heutige Firmenname, steht für Spitzenqualität. Auf der Musikmesse Frankfurt 2008 wurde die Bassklarinette „Oskar Adler 510“ mit dem Deutschen Musikinstrumentenpreis ausgezeichnet.

1891 gründete Max Andorff aus Neisse (1857-1906) in Markneukirchen die Deutsche Signal-Instrumenten-Fabrik. Er profitierte von der staatlichen Verordnung, jedes Fahrrad mit einer Warnglocke zu versehen. Andorffs erster Longseller waren einfache Hupen. Sie bestanden aus einem Hornkorpus mit Stimmzungen und einem Gummiball als Blasebalg. Als Zulieferer der deutschen Automobilindustrie stellten seine Nachfahren Autohupen her. Ihre bekannteste Erfindung war das elektrische Martinshorn (1930). Seit 1932 ist das „Tatütata“ gesetzlich vorgeschriebenes Sondersignal.

Um 1925 konstruierte der Markneukirchner Ingenieur Willy Tiebel für Aufnahmen von Grammofonplatten die „Tiebel-Radio-System-Violine“. Dabei handelte es sich um eine Weiterentwicklung der 1899 in London erfundenen „Stroh-Violine“ (Phono-Violine), eine Trichtergeige ohne Resonanzkörper. Tiebel ergänzte sie um einen zweiten Trichter für das Ohr des Geigers. Der Geigenbauer August Glaesel baute in Markneukirchen Trichtergeigen in Serie. Im rumänischen Bezirk Bihor sind solche „Geigen mit Horn“ seit langer Zeit beliebte Volksmusikinstrumente.

[...mehr im Folker!]

 

Ultimative Adresse im Netz

FOLKWORLD.EU
HOME OF EUROPEAN MUSIC

Internetmagazin feierte Zehnjähriges

go! www.folkworld.eu

Seit zehn Jahren sorgt ein gutes Dutzend folkbegeisterter Enthusiasten dafür, dass sich Freunde der Folk-, Roots- und Weltmusik im Internet unter FolkWorld.eu umfassend kostenlos über Neues aus der Szene, über aktuelle Entwicklungen oder auch über Meilensteine der Folkgeschichte und ihre Akteure informieren können. Der Folker! gratuliert – zugegebenermaßen mit etwas Verspätung, denn das eigentliche Jubiläum war schon im letzten November – und hat sich zum Geburtstag mal etwas genauer auf den Seiten umgesehen. Wir können den Besuch der „Internetzeitschrift“ sehr empfehlen, müssen diese Empfehlung aber mit einer Warnung verbinden: Man sollte genügend Zeit mitbringen. Denn wer FolkWorld einmal angeklickt hat, kommt so schnell nicht mehr weg – so viel Interessantes gibt es in jeder aktuellen Ausgabe und im vorbildlichen Archiv zu entdecken.

www.FolkWorld.eu

Von Dirk T. Fellinghauer

„In seinen zehn Jahren hat sich FolkWorld zur größten und ultimativen Adresse für europäische Folk-, Welt- und Rootsmusik im Internet entwickelt“, stellen die Herausgeber zum Geburtstag nicht ohne berechtigten Stolz fest. Über 5.000 CD-Rezensionen und über 500 Artikel, Interviews, Konzertberichte und Neuigkeiten sind demzufolge auf der Website zu finden. „Jeden Tag suchen 10.000 weltweite Besucher auf den FolkWorld -Seiten nach Informationen über europäische Folkmusik“, heißt es im Jubiläumseditorial. Zu verdanken haben Interessierte diesen unerschöpflichen Fundus den „Mollis“. Die Mollis, das sind die Gebrüder Christian und Michael Moll, die vor zehn Jahren FolkWorld gründeten. „Die Gebrüder Moll schrieben früher bei der Folker! -Gründungshälfte Folksblatt und waren dort die maßgeblichen Artikellieferanten“, erinnert sich Mike Kamp, Herausgeber des heutigen Folker! . Die Gründung des Internetmagazins geht wohl auch auf eine Art Streit zurück: „Sie waren scheinbar extrem sauer, dass sie über die Vereinigungsgespräche nicht informiert worden waren und gründeten kurz darauf FolkWorld .“ Mit der Zeit habe sich das Verhältnis wieder normalisiert, die Mollis schrieben später auch wieder für den Folker! . Sie selbst berichten zur Entstehung ihres Internetprojekts: „Damals, 1997, war der eigentliche Auslöser der Entstehung von FolkWorld die Einstellung der ostdeutschen Folkzeitschrift Folksblatt gewesen, bei der wir die letzten Jahre zwei der Hauptautoren waren. Sie wurde vereinigt mit der westdeutschen Zeitschrift Folk Michel , und der Folker! war neu entstanden.“ Sie hatten damals schon seit einigen Jahren eine Folkwebsite betrieben, die sich aber nur auf Links und News beschränkte. Weil sie sich im neuen Magazin nicht mehr zu Hause gefühlt hätten, entschieden sie, ihre eigene Zeitschrift mit internationaler Leserschaft im Internet zu gründen.

www.FolkWorld.eu

So viel zur Vergangenheit, viel spannender aber ist heute die Gegenwart, also das Ergebnis, das Leser online finden. „ FolkWorld sollte ein Internetmagazin werden mit einem Konzept nicht zu sehr entfernt von einem Papiermagazin – mit CD-Rezensionen, Artikeln, Konzertbesprechungen und News“, berichtet Michael Moll. „Am 1. November 1997 ging die erste Ausgabe live, die fast ausschließlich Material von uns beiden anbot.“ Sie sei sofort auf große internationale Resonanz sowohl von Lesern als auch von Journalisten gestoßen. „In der zweiten Ausgabe hatten wir bereits mehrere Mitarbeiter – aus Deutschland, Tasmanien und Irland.“

Drei feste Erscheinungstermine im Jahr und FROG für die Ewigkeit

Anders als übliche Internetportale, die fortlaufend erweitert und aktualisiert werden, zeichnet sich FolkWorld dadurch aus, dass tatsächlich regelmäßig einzelne „Ausgaben“ erscheinen. In der Vergangenheit kamen sie mitunter unregelmäßig heraus. Seit diesem Jahr gibt es drei feste Termine: 1. März, 1. Juli, 1. November. Mit Erscheinen einer neuen wird die alte Ausgabe nicht aus dem Netz genommen. Praktisch ist auch der Service, dass es bei einem aktuellen Artikel über einen bestimmten Künstler oder ein Thema direkte Verweise zu früher erschienenen Beiträgen dazu gibt – mit einem Mausklick ist man hier schnell am Ziel. So klickt man sich von einem Artikel zum nächsten und wird immer tiefer in die „FolkWorld“ hineingelockt. Wie gesagt, ein kurzer Besuch kann schnell zu einer ausgedehnten Entdeckungsreise ausarten, für die man etwas Zeit mitbringen sollte. Michael Moll erklärt dazu: „Über die Jahre hinweg ist eine äußerst umfassende Datenbank zu europäischer Folkmusik entstanden. Nach einigen Jahren trafen wir die Entscheidung, die Linksammlung um einen umfassenden Index aller Features zu erweitern, die in FolkWorld erschienen sind. ‚FROG – The Folk & Roots Online Guide‘, war geboren. Heute ist FROG ein äußerst umfassender Index und ein Nachschlagwerk für europäische Folkmusik – und als solches einzigartig.“

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Hedo Holland

Dreißig Jahre auf dem Weg zur Zeitschrift

HEDO HOLLAND UND SEIN FOLKMAGAZIN

Detlef Walter Wilhelm Holland, genannt „Hedo“, genießt sein Leben. Den Spitznamen gab er sich selbst, abgeleitet von Hedonist. Offensichtlich haben wir es mit jemandem zu tun, der ganz epikureisch Lust als unabdingbaren Bestandteil eines guten Lebens ansieht. Die Eulenspiegelstadt Mölln, in der Holland bis 1994 lebte, liegt ihm von seinem närrischen Wesen her näher als die Hansestadt Hamburg, in der er 1933 geboren wurde. Seit dreißig Jahren ist er Herausgeber, Chefredakteur, Layouter, Anzeigenwerber in Personalunion und einer der fleißigsten Autoren seines Folkmagazins . Damit ist es neben dem Folker! Deutschlands dienstälteste Zeitschrift für Folkmusik. Es erscheint alle zwei Monate mit 46 Seiten Innenteil in einer Auflage von bis zu 2.000 Stück.

Von Kay Reinhardt

go! folkmagazin@folkmagazin.de
go! www.folkmagazin.de

Seit Mitte der 1970er Jahre entwickelte Hedo Holland seine Idee, eine Zeitschrift herauszugeben, die deutschlandweit über Folklore informiert und Ideale der Wandervogelbewegung verbreitet – wie Freude am Naturerleben, romantisches Lebensgefühl, gemeinsames Wandern, Musizieren und Tanzen. Der Schwerpunkt des Heftes sollte auf dem Mitmachen liegen. 1978 war die Zeit reif dafür. Die Dubliners hatten seit 1962 mit ihren fetzigen Ohrwürmern den Boden bereitet, die Achtundsechziger, die Friedens- und die Antiatomkraftbewegung, Flowerpower, Woodstock und das Musical Hair hatten das neue Lebensgefühl weiterentwickelt und gesteigert und die Herzen und Hirne vieler Menschen bewegt. Das Folkrevival in Deutschland erlebte seine Hochzeit. Es bestand ein Bedarf an einer Publikumszeitschrift, die den „Folks“ mitteilte, was, wo, wann in ihrer Szene passierte. Das hatte Holland erkannt und – wie es seine Art ist – sofort in die Tat umgesetzt, ohne lange „rumzupröckeln“, wie er es nennt.

1978 kam das erste Folklore + Mitmachen heraus. Seit 1999 heißt es Folkmagazin ( FM ). Es unterscheidet sich inhaltlich vom Folker! durch die Schwerpunkte „Folklore“ und „Mitmachen“. In der Rubrik „Musisches“ stellt die Zeitschrift Lieder und Tänze in Notenschrift, teilweise sogar mit Akkorden vor. Viele Termine informieren darüber, wo man in kleinen Kreisen miteinander singen, musizieren und „folkstanzen“ kann. Unter Mitmachen versteht Holland auch, dass jeder Folkinteressierte, der dazu Lust hat, in seiner Zeitschrift Beiträge über Folklore, Musik und Tanz veröffentlichen kann. Jeder ist als ehrenamtlicher Mitarbeiter erwünscht, als Autor, als Redakteur, um Anzeigen zu akquirieren, Fotos zu liefern, Beiträge zu layouten. Im Impressum werden über dreißig Mitarbeiter namentlich aufgelistet. Die meisten Texte werden so abgedruckt, wie sie ankommen. Das ist in jeder Hinsicht demokratisch, gut gemeint und macht das Folkmagazin zu einem grundehrlichen Zeugnis der Gedanken und Gefühle von Freunden der Folkszene und ihrer unterschiedlichen Fähigkeiten, sich schriftlich auszudrücken. Mut zur Lücke fehlt Hedo Holland – vermutlich weniger aus Angst vor der Leere eines weißen Blattes als aus einem starken Mitteilungsbedürfnis und Sendungsbewusstsein heraus. So schließt er jeden freien Platz mit einem eigenen Gedanken und nennt das „Schriftstellern“.

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im Folker! 6/2008