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HEIMSPIEL

 

Die Instrumentenbauer im Vogtland waren einmal führend auf dem Weltmarkt. Der Folker! wollte wissen, ob sie heute an ihre glorreiche Vergangenheit anknüpfen können. Kay Reinhardt ist deswegen in die auch als „Musikwinkel“ bezeichnete vogtländische Region um Kingenthal, Markneukirchen und Bad Elster gefahren. Hier ist sein zweiter von mehreren Heimspielbeiträgen.

Peter Lederer

Martin und Lederer

Zwei Westernhelden aus Markneukirchen

Über Erfinder und Erben der Westerngitarre

Logo

Kontakt:
C. F. Martin & Co., Inc.
P.O. Box 329
Nazareth
Pennsylvania 18064
USA
Tel. 001-601-7592837
go! www.martinguitar.com

Peter Lederer
Bergstraße 28
08258 Markneukirchen
Tel. 037422-45372

Im Westen war und ist die „Lederer“ eine von
vielen Westerngitarren. Berühmte Instrumente
für Hillbilly-Freaks, gespielt von Countrystars
wie Derroll Adams, baute in Bayern die Firma
Framus. Das jüngste Museum im Musikwinkel,
das Framus-Museum, zeigt fast die gesamte
Produktpalette in seiner Dauerausstellung.

Im nächsten Folker! schreibt Kay Reinhardt
überdie Rückkehr der Weltmarke „Framus“
und über ihre Nachfolgefirma „Warwick“.

Musiker in aller Welt spielen auf Instrumenten aus Markneukirchen und Klingenthal. Von der Triangel bis zur Drehleier reicht das Spektrum der Musikinstrumente, die im Musikwinkel Oberes Vogtland in etwa zehn Orten rund um beide Zentren seit bis zu dreieinhalb Jahrhunderten hergestellt werden. „Wer ein Meisterinstrument mit Seele sucht, der findet es bei uns, und wir erfüllen gern jeden Sonderwunsch“, sagt der Markneukirchner Zupfinstrumentenbaumeister Horst Peter Lederer über seine Arbeit und die seiner Kollegen in dieser sächsischen Region. Der Weg ins „Dreiländereck“ Bayern, Böhmen, Sachsen lohnt sich in jeder Beziehung: landschaftlich, menschlich, fachlich, kulturell – und beim Instrumentenkauf direkt vom Meister sogar preislich. Im Musikwinkel bauen derzeit rund 1.200 Instrumentenmacher in 120 kleinen Meisterwerkstätten und Handwerksbetrieben Musikinstrumente aller Art samt Zubehör, einige bereits in der siebten Generation.

Von Kay Reinhardt

Firmengründer Martin auf dem Sondermodell für Markneukirchen

Wenn man über die Adorfer Straße nach Markneukirchen gelangt, hat man den Eindruck, links oben am Hang scheint eben ein neobarockes Jugendstilraumschiff gelandet zu sein. Es ist die 1900-1903 erbaute Merz-Villa, benannt nach ihrem Bauherrn Curt Merz, einem Fabrikanten und Großhändler für Musikinstrumente, dessen Familie bis 1934 darin wohnte. Die Villa zeugt davon, dass Markneukirchen vor hundert Jahren, gemessen an seiner Einwohnerzahl, Deutschlands reichste Stadt war. Reich geworden durch Musikinstrumentenexport auf alle Kontinente. Seit 1992 ist der Prachtbau Domizil des Studiengangs Musikinstrumentenbau der Westsächsischen (Fach-)Hochschule Zwickau. „Die ausländischen Studenten der FH in Markneukirchen – das ist immerhin jeder Fünfte – tragen unser Knowhow in ihre Heimatländer und gefährden damit unsere Existenz“, beklagen sich Musikinstrumentenmacher aus dem Vogtland. Sie haben längst vergessen, dass sich ihre Vorfahren beispielsweise das Fachwissen über Gitarren- und Harmonikabau aus Wien holten. Gute Ideen wurden schon immer geklaut oder gelangten mit Ein- und Auswanderern in alle Welt.

Der wilde, wilde Westen fängt in Markneukirchen an

Stillleben mit Lederer Cutaway

Das beste Beispiel dafür ist der 1796 in Markneukirchen geborene Tischlersohn Christian Friedrich Martin. Er wanderte nach seiner Gitarrenbauerlehre in Wien im Jahr 1833 nach New York aus, ein Grund waren die Zunftzwänge in Sachsen. Die Geigenbauerinnung in Markneukirchen war vor Gericht gezogen, um zu verhindern, dass auch Handwerker aus anderen Zünften, wie Martins Vater, der Tischler war, Saiteninstrumente bauen. In Nazareth, im US-Bundesstaat Pennsylvania, eröffnete Martin 1859 die erste Gitarrenfabrik der USA. Das Familienunternehmen floriert bis heute. „Martin“ ist eine der weltweit bekanntesten Gitarrenmarken. Ihr Erfolg basiert darauf, dass sich die Gitarre im 19. Jahrhundert in den USA als Volksmusikinstrument durchsetzte. Nur war sie zu leise, um mit Banjos und Mandolinen mithalten zu können. Deshalb konstruierten die Martins ab Anfang des 20. Jahrhunderts Gitarren mit Stahlsaiten. Die nennen wir heute „Westerngitarren“.

[...mehr im Folker!]

 
Nils Grosch

Das Deutsche Volksliedarchiv

Neue Forschung über alte Lieder

„Wir propagieren nicht das Singen von Volksliedern“

Das Deutsche Volksliedarchiv in Freiburg existiert seit fast hundert Jahren. Es könnte eine bürokratisch-verstaubte Sammelstelle sein oder ein Hort romantisierender Brauchtumspfleger. Tatsächlich ist es ein lebendiges, progressives Forschungsinstitut. „Wir propagieren nicht das Singen von Volksliedern, wir forschen kritisch über die populäre Musik vergangener Zeiten“, sagt der Musikwissenschaftler Nils Grosch.

Michael Fischer

Von Christian Rath

go! www.dva.uni-freiburg.de

Der Begriff „Volkslied“ war immer ideologisch aufgeladen. Eingeführt wurde er 1773 von Johann Gottfried Herder, der die Emotionalität der Volkskultur als Gegenmodell zur rationalistischen Aufklärung sah. Später stellten bürgerliche Forscher Volksliedsammlungen nach eigenem Geschmack zusammen, betonten dabei das Liebliche und ließen das Aufrührerische und Derbe weg. Im Kaiserreich wurde das Volkslied schließlich zum Mittel der nationalistisch ausgerichteten Volkserziehung in den Schulen.

1914 gründete John Meier in Freiburg das Deutsche Volksliedarchiv. Er wollte das Phänomen Volkslied wissenschaftlicher als andere betrachten und plante eine Gesamtausgabe der deutschen Volkslieder. Meier war zu diesem Zeitpunkt bereits renommiert. Bis 1912 hatte er in Basel gelehrt und war dort auch Rektor der Universität gewesen. Für ihn war der Neustart in Freiburg ein Ausstieg aus dem klassischen universitären Betrieb, den er sich leisten konnte, weil er aus einer reichen Bremer Aristokratenfamilie stammte. Bis zu seinem Tod 1953 war John Meier die prägende Kraft des Archivs.

Es war wohl kein Zufall, dass der erste Band seiner aufwändigen Sammlung Deutsche Volkslieder mit ihren Melodien gerade 1935 herauskommen konnte, in einer Zeit also, als man besonders auf eine spezifisch deutsche Kultur fixiert war. Meier war aber kein Faschist, auch wenn er sicher deutschnational dachte. Von spezifischer NS-Forschung, wie sie in der „Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe“ betrieben wurde, hielt sich Meier fern, so gut es ging. „Unser Archiv beginnt mit der Nummer A1, ‚Die Gedanken sind frei‘“, argumentiert Bibliothekarin Barbara Boock, „das sagt doch einiges über John Meier aus.“ Die Gesamtausgabe der deutschen Volkslieder wurde nie zum Abschluss gebracht. Bis 1996 erschienen zehn Bände, die sich allerdings nur auf eine Liedform, die Ballade, beschränkten. Dann gab man das Herkules-Vorhaben auf.

[...mehr im Folker!]

 
Thomas Zöller

Altertümliches Instrument wird aufregend neu belebt

Dudelsackhochburg Hofheim am Taunus

Thomas Zöller leitet einzigartige Akademie und organisiert Festival

Dass Musikfans beim Thema Dudelsack und keltische Musik längst nicht mehr nur an die schottischen Highlands, sondern auch an Hofheim denken, ist vor allem Thomas Zöllers Verdienst. Der Musiker und Lehrer hat aus dem Fachwerkstädtchen am Taunus eine Hochburg für das außergewöhnliche Instrument und dessen Musik gemacht. Mit zahllosen Aktivitäten – von Unterricht über Konzerte bis zu einem großen Festival – hat er den Dudelsack nicht nur bekannter gemacht, Thomas Zöller befreit ihn dabei auch von seinem etwas angestaubten Image und zeigt, fern aller Klischees, wie spannend, vielseitig und aufregend das Instrument für Musikliebhaber aus den unterschiedlichsten Richtungen sein kann. Neben seiner Arbeit für die von ihm gegründete und europaweit einzigartige Dudelsack-Akademie steckt er jetzt wieder mitten in den Vorbereitungen für ein weiteres Projekt: das Interkeltische Folkfestival, das nach dem großen Erfolg der Premiere im letzten Sommer vom 14. bis 17. August in diesem Jahr zum zweiten Mal stattfindet.

go! www.dudelsack-akademie.de
go! www.dudelsack-akademie.de/festival
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Von Dirk T. Fellinghauer

„Das Festival ist für mich eine Art logische Fortsetzung der Entwicklung meiner Aktivitäten in den letzten Jahren“, sagt Zöller. Der als Person sehr ruhige, als Akteur in Sachen Dudelsack sehr rührige Hofheimer studierte als erster Kontinentaleuropäer schottische Musik an der Royal Scottish Academy of Music and Drama in Glasgow. Seit seiner Auszeichnung mit dem Bachelor of Scottish Music/Piping Degree ist er staatlich anerkannter Dudelsackspieler. Sein umfangreiches Wissen behält er jedoch nicht für sich. Diese Entwicklung begann 2002, als er noch kurz vor seinem dreijährigen Studium das erste größere Konzert in Zusammenarbeit mit der Stadt Hofheim auf die Beine stellte. Von Anfang an bekam er seitens der Stadt große Unterstützung. Das ermunterte ihn, weitere Events zu planen wie die „Gälische Nacht“ und das „Homebound“-Projekt, das den Dudelsack mit Weltmusik verbindet.

Fernab von Klischees und Kitsch

Es geht Zöller darum, den Dudelsack „fernab von Klischees und Kitsch“ vorzustellen, „also nicht mit Schottenrock und ‚Amazing Grace‘“. Musiker, die Zöller auf die Bühne bringt, präsentieren „Ungewöhnliches“ – eben das, was „für das Ohr noch nicht so ausgelutscht ist“. In diesem Jahr wird beim Festival wieder Allan MacDonald – Dudelsackvirtuose, Mentor Thomas Zöllers und Schirmherr der Dudelsack-Akademie – dabei sein und zum Auftakt beim Open-Air-Konzert im Alten Wasserschloss mit weiteren erstklassigen Musikern „einen Abend voller Musik aus dem Herzen der gälischen Kultur“, wie er sagt, präsentieren. Weitere klingende Namen sind Cheyenne Brown (Harfe) und Seylan Baxter (Cello) sowie die Sängerin Martina Spies-Gehring. Spannende Abende versprechen auch Konzerte mit Überschriften wie „Junge Meister alter Traditionen“ oder „Bach goes Celtic“. Besonders „froh und stolz“ ist Zöller, mit der Battlefield Band „echte Urgesteine“ im Programm zu haben. Am Sonntag endet das Festival mit Workshops für Interessierte aller spielerischen Niveaus.

[...mehr im Folker!]

 
Regler

Letzte Bastion für Folk und Weltmusik

Freie Radios

Vielfalt durch Engagement

Wer sich bei den öffentlich-rechtlichen Sendern auf die Suche nach Folk- und Weltmusiksendungen macht, trifft anstatt dessen immer öfter auf austauschbare Formate mit den größten Hits aller Zeiten. Immer mehr Sendeanstalten stellen ihr Programm auf Formatradio um und streichen ihre Nischensendungen. Zuletzt traf es den „Weltempfänger“ auf Bayern 2. Einsparungsdruck und das Schielen auf die Erhöhung der Einschaltquoten bedingen solche Programmstrukturreformen. Deshalb wird sich der Folk- und Weltmusikfreund in Zukunft immer mehr auf seine CDs und das Herunterladen von Musik beschränken müssen – und auf die Freien Radios. Sie sind auf dem Weg, bald die letzten gallischen Dörfer im Radiodschungel der Beliebigkeit zu werden.

Von Wolfgang Schramm

EINE KLEINE LINKAUSWAHL ZUM THEMA
„FREIES RADIO“:


Bundesverband Freier Radios in Deutschland (BFR)
go! www.freie-radios.de

Verband Freier Radios in Österreich (VFRÖ)
go! www.freie-medien.at

Union nicht kommerzorientierter Lokalradios
in der Schweiz (UNIKOM)
go! www.unikomradios.ch

Radio Lora Folkredaktion
go! folkfenster.lora924.de

Freies Radio Kassel
go! www.freies-radio.org

Freies Radio Halle
go! www.radiocorax.de

Freies Sendekombinat Hamburg
www.fsk-hh.com

Freies Radio für Stuttgart
go! www.freies-radio.de
go! kulturpalast.freies-radio.de

Das erste Freie Radio entstand 1977 im Widerstand unter anderem gegen den damals geplanten Bau des Atomkraftwerks Wyhl im Kaiserstuhl. Zu diesem Zeipunkt ging Wolfgang Schramm vom Freien Radio für Stuttgart erstmals im Elsass das freie Radio Radio Verte Fessenheim auf Sendung – Vorbild war Radio Verte in Paris. Von Bremen aus – wo er zwischen 1977 und 1979 wohnte – machte der Liedermacher Walter Moßmann Reklame für den Sender mit seinem „Liebeslied auf 101 Megahertz“. Aus Radio „Grün“ wurde später Radio Dreyeckland, das mit verschiedenen Redaktionen von realtiv hohen Bergen (1.000 m) aus den Vogesen, aus dem Schwarzwald und außerdem von der Höhe des Kaiserstuhl dreisprachig (französisch, deutsch, alemannisch) sendete. Anfang der Achtzigerjahre zerfiel Radio Dreyeckland in seine Bestandteile. Die Freiburger Redaktion wurde zu einem legalisierten Freiburger Szenesender. Bis heute verstehen sich die Freien Radios in dieser Kultur des politischen Widerstandes.

Zurzeit gibt es im deutschsprachigen Raum insgesamt 41 verschiedene Freie Radios. Entstanden sind die meisten aus Bürgerinitiativen und dem Interesse vieler Menschen aus der alternativen Szene, ein Medium der Gegenöffentlichkeit zu schaffen. Freie Radios sind Projekte mit einer klaren Struktur und zumeist basisdemokratisch, selbstverwaltet, unabhängig und werbefrei organisiert. In so genannten Radioplenen wird alles geregelt und diskutiert, was für das Radio und den Sendebetrieb wichtig ist. Bis auf wenige hauptamtliche Kolleginnen und Kollegen, meist Techniker und Organisatoren, sind alle „Radia/Radio“ – so nennen sie sich selbst – ehrenamtliche Kräfte. Finanziell getragen werden die Freien Radios durch Rundfunkgebühren und in den meisten Fällen durch einen Trägerverein. Da die terristischen Sendeleistungen der meisten Freien Radios oft regional sehr begrenzt sind, nutzen viele die technischen Möglichkeiten, auch über Livestream zu senden.

[...mehr im Folker!]


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im Folker! 4/2008