Seit 2002 wird der deutsche Weltmusikpreis RUTH jährlich auf dem TFF in Rudolstadt verliehen. Hervorgegangen aus dem 1992 etablierten Deutschen FolkFörderpreis, wird diese Auszeichnung von diversen ARD-Rundfunkanstalten unter Federführung von MDR Figaro, dem TFF sowie nach dem Ausscheiden von PROFOLK seit letztem Jahr auch vom Trägerkreis des Bundesweltmusikwettbewerbs creole ausgelobt. Sie soll in Deutschland beheimatete Künstler verschiedener Genres mit besonderem Bezug zu traditionellen Musiken der Welt stärken und ihnen ein Podium bieten, das sowohl von interessiertem Livepublikum als auch von der Medienöffentlichkeit wahrgenommen wird. Die RUTHS - ein Wortspiel mit dem englischen Begriff "roots" - werden in den beiden Kategorien "Globale RUTH" (Preisträger 2008: Sarband) und "Deutsche RUTH" (Preisträger 2008: Bobo) verliehen. Darüber hinaus gibt es eine Ehren-RUTH für Personen oder Institutionen, die sich vor allem um die Förderung der Weltmusik verdient gemacht haben. Dieses Jahr erhält sie neben der Band Embryo (s. Onlineartikel aus Folker! 5/2007) für ihr musikalisches Lebenswerk Christoph Borkowsky für seine Verdienste um die Weltmusikmesse WOMEX und den Beitrag, den er mit seinem Label Piranha zur Popularisierung der Weltmusik geleistet hat. Borkowsky, der von 1988 bis 2001 auch das Berliner Festival HeimatKlänge leitete, ist unter anderem Aufsichtsrat des deutschen Musikexportbüros GermanSounds, Labelratsmitglied des Netzwerkes Label-Commission Berlin und Beirat am Musikwissenschaftlichen Seminar der Humboldt-Universität. Eine Annäherung.
Von Sabine Froese
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In welche Richtung sich der berufliche Lebensweg von Christoph Borkowsky nach seinem Studium der Ethnologie entwickeln wird, ist zunächst nicht absehbar. Geprägt von westlicher Musik, entdeckt er als junger Universitätsabsolvent auf einer Forschungsreise eine völlig neue Welt. „Mitte der Siebziger recherchierte ich für meine Doktorarbeit in Ethnologie über Widerstandsbewegungen in der Kolonie Deutsch-Südwestafrika. Das Beste an meinen Feldstudien vor Ort waren die Wochenendpartys – mit riesigen Gettoblastern, aus denen Musik von Boney M. bis Dolly Parton strömte. Wenn die Batterien sich verabschiedeten, fingen die Leute an, selbst Musik zu machen, das war faszinierend, cool. Als ich, zurück in Deutschland, an der Atmosphäre der Universitäten zu verzweifeln drohte, merkte ich, wie wichtig Musik, unterschiedliche Musik für die geistige und körperliche Gesundheit ist.“
Also beginnt Christoph Borkowsky Akbar, der seinen Beinamen durch Heirat erwarb, Ende der Siebzigerjahre Konzerte, Festivals und Tourneen zu organisieren, als Erstes ein Benefizkonzert für afghanische Flüchtlinge. Ein Merkmal seiner neuen Leidenschaft, für die er später seine Lehrtätigkeit ganz aufgibt, ist die Verbindung von Musik mit politischem Engagement: „Man kann keine Weltmusik produzieren und gleichzeitig die Weltinnenpolitik ignorieren“, sagt er. Seine Veranstaltungen, ob Reggaekonzerte oder das SOS-Racisme-Festival für die Gewerkschaft, stoßen in Deutschland auf offene Ohren, und irgendwann fällt dann die Entscheidung, das Geschäft auf professionelle Beine zu stellen.
Mit vier Mitstreitern gründet Borkowsky 1987 das Label Piranha; der erste Tonträger ist der Sampler Beat! Apartheid – das gleichnamige Road-Festival wird von Piranha im Auftrag der Gewerkschaftsjugend durchgeführt -, und als erste Künstlerin des Labels wird die simbabwische Mbiraspielerin Stella Chiweshe unter Vertrag genommen. Von nun an wird noch zielgerichteter und dichter an einem internationalen Netzwerk geknüpft, und im Laufe der Jahre kristallisieren sich die Bereiche Piranha Musik, Piranha Events und die Weltmusikmesse WOMEX heraus. Wie befruchtend die aufgebauten Querverbindungen sind, zeigt etwa die Zusammenarbeit mit den Grammy-gekürten Klezmatics: Sie treten beim ersten HeimatKlänge-Festival 1988 auf und bringen bald darauf ihre erste CD bei Piranha heraus. Auch die WOMEX spielt eine entscheidende Rolle für das Label: „WOMEX als Network und Community ist das Wasser, in dem die Piranhas schwimmen. Zusammenarbeit ist der Schlüssel zum Überleben auf unserer Seite der Straße, nicht Konkurrenz“, sagt Borkowsky.
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