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„Ein Lied ist wie deine Geliebte“

MARIANA SADOVSKA

Die ukrainische Sängerin sucht die Kommunikation mit dem Publikum

Mariana Sadovska

Von Heimat und Abschied, Hexen und Geistern, verlorenen Zeiten und verratenen Lieben singt Mariana Sadovska in ihren Liedern. Begleitet von den sanften Klängen des Harmoniums oder dem hämmernden Martellato des Klaviers flüstert, spricht, singt oder schreit sie die archaischen Botschaften der alten Weisen ins Publikum. Was haben die fast vergessenen Lieder und Legenden aus der Ukraine heute noch mit uns zu tun? Antworten findet Mariana Sadovska, wenn sie die Lieder musikalisch ins 21. Jahrhundert fortschreibt. Mit ihrer Band Borderland war sie 2006 beim Regionalausscheid des bundesweiten Wettbewerbs für Weltmusik creole einer der drei Preisträger, die sich für das Finale qualifizierten. Anfang Juli kann man sie mit Band und den sechs ukrainischen Sängerinnen des Vokalensembles Drevo beim Festival in Rudolstadt erleben.

Von Sylvia Systermans

Auswahldiskografie:

Mit Borderland:
Songs I Learned In Ukraine

  (Global Village Records, 2002)
Borderland
(Dangerous Music, 2005)

Als Komponistin:
Kitka, The Rusalka Cycle
  (Diaphonica, 2007)

Mariana Sadovska & Band unterwegs:
04.07.08: Rudolstadt, Neumarkt (TFF)
05.07.08: Rudolstadt, Theater (TFF)

go! www.borderlandmusic.de

Du kommst gerade aus den USA zurück, wo du als Fulbright-Stipendiatin zusammen mit Ethnographen und Schriftstellern eine Anthologie ukrainischer Lieder erstellt hast. Viele Jahre bist du in entlegene Dörfer der Ukraine gereist, außerdem nach Afghanistan, Lappland, Mazedonien und Polen, um rituelle Gesänge zu sammeln. Dein eigener Gesang ist stark von traditionellen Techniken beeinflusst, bei wem hast du studiert?

BORDERLAND - Mariana Sadovska & Band

Ich habe offiziell nirgendwo singen gelernt, aber ich bin in einer Familie geboren, in der sehr viel gesungen wurde. Ich erinnere mich an die großen Feste, wo sich alle am Tisch versammelten, die Eltern, Großeltern und Urgroßeltern, zehn Onkel, Tanten und viele Kinder. Da wurde gegessen und gesungen. So bin ich aufgewachsen. Ich hatte nie gedacht, dass ich das jemals professionell machen würde.

Mit jedem Lied, das du singst, verändert sich deine Stimme. Mal klingt sie ganz schlicht, dann wieder sehr kraftvoll, mal verfällst du in rastlosen Sprechgesang, dann in farbenreiche Obertöne ...

Meine Gesangstechniken habe ich vor allem während meiner Reisen durch die Ukraine gelernt. Ich habe immer versucht, die alten Frauen in den Dörfern zu imitieren. Eine Technik nennt man zum Beispiel open throat singing , also „mit offener Kehle singen“. Das ist ein sehr scharfer Sound. Die Frauen in den Dörfern sagen: „Sollen wir mit der Stimme singen oder mit dem Hals?“ Diese Art des Gesangs trägt sehr weit. Die Leute haben oft im Wald oder während der Arbeit auf den Feldern gesungen. Und da wollte man, dass die Stimme bis zum Himmel fliegt.

... Liebe, Abschied, Hoffnung. Wir müssen jeden Tag Antworten auf diese Fragen finden. Und das ist sehr interessant, dass in jeder traditionellen Kultur Lieder geholfen haben, die Antworten zu finden.

Bevor du dich entschieden hast, professionell als Sängerin zu arbeiten, hast du Klavier an der Ludkiewicz-Musikschule in deiner Heimatstadt Lwiw [dem ehemaligen Lemberg; Anm. d. Red. ] studiert und am dortigen Les-Kurbas-Theater gearbeitet. Ende der Achtzigerjahre kam die Perestroika, und für die Kunst eröffneten sich neue Möglichkeiten. Dein Weg als Sängerin entwickelte sich in dieser Zeit vor allem über das Theater weiter.

Entscheidend für meine Entwicklung war, als die polnische Theatergruppe Gardzienice nach Lwiw kam. Sie waren mit Schauspielern aus unserem Theater befreundet und auf dem Weg zu einer Expedition in die Karpaten. Ich hatte gehört wie diese Theaterleute singen, und ich bin mitgefahren bei ihrer Expedition. Diese polnischen Schauspieler machten genau das, was ich mir vorgestellt hatte, nämlich die Inspiration und das Material aus der traditionellen Kultur schöpfen. Sie bearbeiteten alte Liedern und Ritualen und bauten daraus ihre neuen avantgardistischen Theaterstücke.


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im Folker! 4/2008