Von Gerd Heger*
* Gerd Heger (47) ist der „Monsieur Chanson“ beim
Saarländischen Rundfunk, auf der Grenze in Saarbrücken. Als solcher
gestaltet er u. a. die einzige wöchentliche Sendung zum Thema im deutschen
Radio, das RendezVous Chanson ( www.sr2.de/rendezvous-chanson). Chanson
brachte ihn auch zur Beschäftigung mit deutschsprachigem Liedgut. Den Rest
des Monatseinkommens verdient er als regionaler und Kulturjournalist.
Nebenbei dichtert er, musiziert, erzieht, schreibt Songs, ist
Gainsbourgologe und findet öffentlich-rechtliches Radio gut. www.gerd-heger.eu |
Die CD ist Vergangenheit, das geschlossene Werk hinüber. „Nach Schätzungen des Bundesverbandes der phonographischen Wirtschaft wurden 2006 allein in Deutschland mehr als 400 Millionen Musiktitel über Tauschbörsen aus dem Internet heruntergeladen. Weltweit sollen es sogar 20 Milliarden sein. Der Großteil dieser Titel ist urheberrechtlich geschützt, das Download mithin illegal“ (Thomas Winkler, taz, 4.1.2008). Meine kleine Tochter bekommt zum Geburtstag die CD eines regionalen Kinderliedermachers geschenkt: gebrannt und mit einem selbst gemalten Cover geschmückt; keinerlei schlechtes Gewissen bei den Eltern. Die Musikindustrie bricht weg, entlässt Tausende von Leuten, steigt bei Konzertveranstaltern ein, um die Miesen irgendwie wettzumachen. Nebenbei wird gegen Piraten prozessiert. Ein Liebhaber, privat, verteilt zwei selbstgebrannte CDs mit ALLEN Aufnahmen von Jacques-Brel-Chansons, derer er habhaft werden kann, als MP3. Meine Kollegen Musikprogrammgestalter bei den Formatradios haben sich an MPN gewöhnt, das von der Plattenindustrie eingerichtete Promotion-Netzwerk, das statt der bisher verteilten Singles oder gar ganzen Alben nur noch einzelne, qualitativ hochwertige, direkt auf die Sendefestplatte kopierbare Dateien verschickt. Meine Frau will einen iPod zu Weihnachten (den sie kriegt, wenn sie selber ihre Songs runterlädt, DIE Zeit hab’ ICH nicht!). Plattenpromoter mit ihren Köfferchen verschwinden in der Vergangenheit, einzelne seltene Exemplare kämpfen sich noch durch die Flure – und sie kommen nicht unbedingt von den großen Plattenfirmen. Das Rundfunkarchiv muss selbst wichtige Alben großer Künstler inzwischen manchmal kaufen – oder zumindest gezielt bestellen -, wo es vorher selbstverständlich „bemustert“ wurde.
Eine Blitzumfrage bei Künstlerinnen und Künstlern aus dem Liedermacherbereich ergibt ein zwiespältiges Bild. Solchen wohlgemerkt, die noch nie den großen Reibach mit ihrer Kunst gemacht haben, aber schon auch solchen, die gut davon leben können. Einige sind kategorisch: Es lohne sich nicht mehr, CDs zu fabrizieren. Die Leute kauften immer weniger davon, auch nicht mehr nach Konzerten, und manchmal kämen sie mit gebrannten solchen und wollten sie signiert haben. Ein paar sind unsicher, wie es weitergeht, wie es in zehn Jahren aussehen soll (weiß übrigens keiner so richtig). Die meisten halten Panikmache für Quatsch (und da sage noch mal einer, in Deutschland würde nur gejammert).
Eine Auswahl dieser Reaktionen:
„Immer noch interessieren sich Liebhaber von Künstlern für deren kreativen Ausstoß und nicht nur für Tageshits und möchten das in gebündelter Form wahrnehmen.“ (Manfred Maurenbrecher)
„Man soll sich deshalb nicht den Kopf zerbrechen ... das ist eher das Problem von SONY u. a. ‚Riesen‘ ...“ (Celina Muza)
„ich glaube, dass der inhalt bestimmend wird. ist ein album ein geschlossenes werk, werden sich auch in zukunft dafür hörer und käufer finden.“ (IC Falkenberg)
„Wenn das Ganze richtig edel und teuer gemacht wird, haben die Leute vielleicht Lust, es zu besitzen, und nicht nur eine Kopie.“ (Lydie Auvray)
„Bücher werden ja auch nach wie vor gekauft, obwohl man sie digital bekommen kann. Ich glaube weiter an das Wert-Bewusstsein der Leute, was Musik im Album-Format angeht.“ (Kitty Hoff)
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