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Folker! präsentiert:

Estland

Länderschwerpunkt Estland
beim Festival folkBALTICA 2008

Junge traditionelle Musik im Land
der sumpfigen Wälder, Bären, Wölfe und Elche

(Weibliches) Dudelsackrevival im nördlichsten Baltikumstaat

Das 4. Festival folkBALTICA findet
in diesem Jahr vom 9. bis 13. April
statt. Informationen zum Programm
finden Sie auf den Kooperationsseiten
in der Heftmitte dieser Ausgabe
sowie im Internet unter
go! www.folkbaltica.de.

go! www.kultuur.edu.ee
go! www.folk.ee

Sumpfige Landstriche scheinen ein guter Nährboden für traditionelle Musik zu sein. Das gilt für den Süden der USA, wo in Louisiana die Cajun- und die Zydecomusik blüht, und das gilt für Estland, das nördlichste der drei baltischen Länder, das ebenfalls zu großen Teilen aus sumpfigen Landstrichen und Wald besteht – wo sich nicht nur Fuchs und Hase sondern auch Bär, Wolf und Elch „Gute Nacht“ sagen. In Jens-Peter Müller Estland gibt es Zählungen nach noch etwa 600 Bären und 11.000 Elche. Und das in einem Land, das etwas kleiner ist als Niedersachen. In diesem Jahr ist der kleine Staat am Finnischen Meerbusen „Schwerpunkt“ beim Festival folkBALTICA in Flensburg und der Region Sønderjylland-Schleswig – pünktlich zum 90. Jahr nach Ausrufung der Republik Estland im Jahr 1918. Der Baltenstaat ist bevölkerungsmäßig relativ jung, im Gegensatz zu Deutschland liegt das Durchschnittsalter unter 40 Jahren. Und die jungen Leute dominieren nicht nur das Bild auf der Straße. Auch die estnische Folkszene ist jung, das spürt man nirgends deutlicher als bei einem Besuch des Viljandi Folk Music Festivals im Herzen Estlands.

Kärt Johanson

Von Wolfgang Meyering

„Vor 30 Jahren waren das Instrument und
sein Klang nahezu verloren gegangen, die
alten Dudelsackspieler waren alle gestorben.
Doch dann fingen junge Leute an, die
Instrumente nachzubauen und auf ihnen die
alten Stücke zu spielen. Und wie man hier in
Estland sehen kann, ist der Dudelsack
besonders bei jungen Frauen sehr populär.“

Viljandi, die frühere Hansestadt, deren deutscher Name Fellin war, platzt jedes Jahr am letzten Juliwochenende aus allen Nähten, wenn zirka 20.000 Besucher das idyllische Kreisstädtchen in Beschlag nehmen. Der größte Teil der Festivalbesucher ist weit unter 30 Jahre, man sieht blonde Schönheiten mit Handy um den Hals und freakigen Klamotten, die von einem Konzert zum nächsten pilgern, um in erster Linie Spaß zu haben. Für die jungen Esten scheint die Freude beim Erleben von traditioneller Musik wichtiger zu sein als das Erbe der „Singenden Revolution“, mit der das Land seine Unabhängigkeit von Russland erkämpfte. Es wird gefeiert und getanzt, und das nicht nur vor den großen Bühnen auf dem Gelände der ehemaligen Ordensburg von Viljandi. Dass das Publikum so jung ist – weiblich wie männlich – hat mit Estlands Bevölkerungsstruktur zu tun, aber mit Sicherheit liegt es auch an den Machern des Festivals, wie Festivaldirektor Ando Kiviberg, der sozusagen ein Mann der ersten Stunde in der estnischen Folkbewegung ist. „Die jungen Leute sind ganz besonders unsere Zielgruppe. Das hat natürlich auch pädagogische Gründe. Wir möchten traditionelle Folkmusik populär machen unter jungen Leuten, damit sie weiter lebendig bleibt. Sie soll ein ganz normaler Teil ihres täglichen Lebens werden, und sie sollen all die alten Lieder singen, wenn sie zusammenkommen und sich gut dabei fühlen“. Und die gute Laune des jungen Festivalpublikums kann auch kaum etwas erschüttern: „Man könnte einen Trauermarsch spielen“, meint Kiviberg „und die jungen Mädels vor der Bühne würden trotzdem tanzen.“ Diesen Eindruck bekommt man tatsächlich, wenn man über das Festivalgelände schlendert.

Liisi Koikson Rotoro

Der Enthusiasmus von Besuchern wie Musikern ist absolut beeindruckend. Es wird getanzt, bei brüllendem Sonnenschein ebenso wie bei Platzregen, und erst, wenn der Blitz in die Bühne einschlägt, überlegt man, ob man sich vielleicht doch aus der Pfütze herausbewegen sollte. „Die Esten sind im Sommer euphorisch und im Winter melancholisch, den Sommer muss man nutzen“, sagt eine Musikerin des Festivals. Doch belassen es die jungen Zuschauer beileibe nicht beim Konsumieren. Es wird viel gesungen, nicht nur bei den Konzerten, sondern auch in den Festivalkneipen oder auf dem Zeltplatz. Entsprechend gibt es ein reiches Angebot an Workshops für junge Festivalbesucher, in denen man die alten Lieder und Techniken der traditionellen estnischen Musik erlernen kann. Und wer sich nach diesen „Schnupperkursen“ weitergehend mit der einheimischen Tradition beschäftigen möchte, für den steht die Culture Academy in Viljandi mit ihrer Volksmusikabteilung offen.


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im Folker! 2/2008