Sally Nyolos Wurzeln liegen in Kamerun, wo sie mitten im afrikanischen Urwald aufwuchs. Als Teenager zog sie mit ihrer Familie nach Paris und flüchtete vor den Schrecken der unbekannten Großstadt in eine Traumwelt. In ihrem Herzen beschwor sie die Kultur ihrer Heimat herauf und begann, Lieder über ihr Dorf zu dichten. Das war der Beginn einer erstaunlichen Karriere. Dreißig Jahre später ist die temperamentvolle Sängerin in beiden Welten bestens etabliert, sowohl in Afrika als auch in Europa liegen ihr die Fans zu Füßen. |
Von Suzanne Cords
Sally Nyolos Welt ist der Bikutsi, ein sehr lebhafter Tanzbeat und Trance-Rhythmus aus den Wäldern Kameruns. Sie steht damit ganz in der Tradition ihrer Großmütter und Urgroßmütter, denn der Bikutsi hat eine über hundert Jahre alte Geschichte. Die Frauen des Béti-Stammes haben ihn erfunden. „Frauen hatten es nie leicht, und wenn sie sich trafen, erzählten sie sich von ihren Sorgen“, erklärt Sally Nyolo. „Um nicht zu weinen, verpackten sie ihre Kümmernisse in Lieder. Und da sie keine Instrumente spielten, klatschten sie in die Hände und sangen a cappella. Das war die Geburtsstunde des Bikutsi, das Wort bedeutet soviel wie ‚mit den Füßen aufstampfen‘.“
„Um nicht zu weinen, verpackten sie ihre Kümmernisse in Lieder. Und da sie keine Instrumente spielten, klatschten sie in die Hände und sangen a cappella. Das war die Geburtsstunde des Bikutsi.“ |
Doch der Bikutsi ist kein Trauergesang, im Gegenteil. Der lebhafte Rhythmus ist wie eine Therapie, er gab und gibt den Frauen Kraft. „Die Männer mit Tambour und Balafon kamen erst später dazu, aber nie spielten und sangen sie gemeinsam, sondern immer nacheinander. Erst waren die Frauen mit ihrem Gesang dran, dann spielten die Männer ihre Instrumente“, ergänzt die Sängerin. Zwar war es die Gruppe Têtes Brulées, die den Bikutsi auf internationalem Parkett bekannt machte, doch blieb es Sally Nyolo vorbehalten, den traditionellen Sound zu revolutionieren. „Ich habe gedacht, das muss doch auch zusammen funktionieren“, lächelt sie. „Und dann habe ich als Erste den A-cappella-Gesang der Frauen und die musikalische Untermalung zusammengemischt.“
Obwohl Sally Nyolo den Großteil ihres Lebens in Europa verbracht hat, entfernte sie sich nie von ihren afrikanischen Wurzeln. Als sie als zwölfjährige Jugendliche mit Mutter und Bruder dem Vater nach Paris folgte, der dort in der kamerunischen Botschaft arbeitete, war das ein absoluter Kulturschock für das junge Mädchen. „Ich kam aus einem kleinen Dorf namens Eyen-Meyong mitten im Wald und ich hatte noch nie in meinem Leben so viele Häuser auf einem Haufen gesehen“, lacht sie. „Ich hatte von Paris geträumt und mir die Stadt als riesigen Baobab, als Affenbrotbaum vorgestellt, der unendlich weit in den Himmel wächst. Und als wir ankamen, gab es überhaupt keine Bäume. Das fand ich schrecklich. Ich kann mich auch noch gut an meine erste Begegnung mit einer Rolltreppe erinnern. ‚Die Leute haben doch Beine‘, habe ich zu meiner Mutter gesagt, ‚warum benutzen sie sie nicht?‘“
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