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Irrenhaus (Hansa/BMG Ariola,1990) | ||||
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01.09.07: Insel Fehmarn, Fehmarn Festival |
Der Horizont beim Jubiläumskonzert am 20. Juni in der Berliner Kulturbrauerei ist völlig außer Sichtweite. Gelbe Backsteinmauern, Hinterköpfe massenweise hindern den freien Blick, und dann huschen plötzlich - „Kling Klang“ - auch noch tausend Regentropfen das Kopfsteinpflaster entlang. Über dem Meer an Schirmen legt dennoch ungerührt die Crew auf der Bühne den „Leisegang“ ein und damit „Bühne frei!“ ...
Von Cathrin Alisch
Es braucht nur Minuten und nicht einmal die Assoziation zur Großleinwand während der WM am gleichen Ort vor einem Jahr, um wiederum eine Variante dieses mysteriösen Wir-Gefühls zu erzeugen. Die Band in Geburtstagsbesetzung - knapp ein Dutzend Musiker im Scheinwerferlicht - zelebriert sich glaubhaft als Familienunternehmen. Fans und Freunde sind gleichermaßen zum Spaziergang durch die Bandgeschichte eingeladen, singen vor der Bühne Wort für Wort die Texte mit und begrüßen sich wie alte Bekannte, sozusagen „abgedriftete“ Ehemalige, die sich angesichts der Quasi-Silberhochzeit wieder in den Strudel der Legende haben treiben lassen. Der Musik tut’s gut (was für wunderbar satte Bläsersätze!), der Mythenbildung auch.
wir legen ab und fahrn nach singapur „Singapur“, Kapitel elf (1991) |
Das oft zitierte Großfamiliengefühl, das sich auch bei diesem verregneten Eröffnungskonzert unmittelbar verbreitet, wird von Band und Publikum gleichermaßen getragen und mag sicher verschiedene Gründe haben. Einer davon aber ist selbstverständlich mit der Zusammensetzung der Band selbst gegeben. Vier Geschwisterkinder gründen anno 1980 eine Kapelle, ziehen mit ihren Instrumenten und dem Wohlwollen der Eltern in die hauseigene märkische Garage und machen dort Musik. Das wiederum tun sie offenbar mit so viel Begeisterung, dass einige sofort dabei sein und mittun wollen, andere resolut dagegen sind und dem jungen Ensemble kraft ihrer Ämter Auftrittsverbot verpassen, obwohl der Keimzeit-Club keineswegs vordergründig politisch ist - heute genauso wenig wie damals. Oder beginnt Politik schon bei der Artikulation subtiler Befindlichkeiten? Das Bedürfnis dazu, emotionale Intensitäten zu benennen, zu spiegeln, war und ist generationsübergreifend. Stand ein solches Bedürfnis dem offiziellen Zufriedenheitspostulat der DDR schon entgegen, in unserem aktuellen leistungsorientierten Individualistenalltag ist es nicht minder tabuisiert, anders vielleicht. Liegt womöglich hier ein Schlüssel zu den diversen divergierenden Keimzeit-Resonanzen bis heute?
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