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(in Deutschland erschienener CDs): |
Der Avantgarde-Akkordeonist Kimmo Pohjonen spielt mit dem Kronos Quartet, Värttinä absolvierten schon viele Europa- und US-Tourneen, und die Heavy-Metal-Cellisten von Apocalyptica, die in Deutschland bis in die Top Ten der Charts kamen, erspielten ihr Orchesterpatent mit Werken von Metallica genau an dem Ort, wo auch die meisten ihrer Musikerkollegen ihre Ausbildung absolvierten: An der Sibelius-Akademie in Helsinki, die mit ihren 1.700 Studenten in diesem Jahr ihr 125-jähriges Jubiläum feiert - und die in unkonventioneller Weise Pragmatismus mit Kreativität verbindet.
Von Birger Gesthuisen
Als Martin Wegelius seine kleine „Helsinki-Musikschule“ gründete, sollten seine Studenten nicht gezwungen sein, wegen einer weiterführenden Musikausbildung das Land zu verlassen. Einer seiner ersten Schüler war Jean Sibelius, der einige Jahre später hier als Lehrer zur Verfügung stand. 100 Jahre später war die Sibelius-Akademie eine Musikhochschule mit weltweitem Renommee, doch ein alarmierender Sachverhalt erzwang neue Maßnahmen: Die finnischen Musiktraditionen entschwanden. Es gab nur noch wenige Regionen mit ungebrochener Tradition; und Volksmusik fand sich hauptsächlich in Archiven und auf alten Tonbändern. Eine ganze Generation Jugendlicher hatte so gut wie keinen Kontakt mehr zur eigenen Musiktradition. Da richtete die Akademie 1983 einen Studiengang „Volksmusik“ ein (wahrscheinlich den ersten weltweit).
Schon die Wahl des ersten Professors machte deutlich, dass es hier nicht nur um bloßes Konservieren ging: Der Sänger Heikki Laitinen verkörperte geradezu das gesamte Spektrum vom Runengesang bis zur Vokalavantgarde. Er gab schon früh die Losung aus: „Spielt eine Musik, wie sie noch niemand gehört hat!“ Zunächst wurde ausgiebig recherchiert, um das noch Vorhandene zu sichten, die letzten Traditionsträger aufzunehmen und diese Musikgeschichte vor dem Vergessen zu bewahren. Die Volksmusikabteilung selbst wurde dann zu einer zentralen Ressource für finnische Volksmusik, wo die meisten Studenten zum ersten Mal die alten finnischen Klagelieder und die Runengesänge der Kalevala hörten, aber auch Instrumente wie die Streichleier Jouhikko und die Zither Kantele. Die Volksmusikabteilung der Sibelius-Akademie war die dritte Volksmusikinstitution Finnlands, nachdem 1968 das Kaustinen-Folkfestival ins Leben gerufen und sechs Jahre später dort auch das Volksmusikinstitut gegründet worden war, an dem z. B. seit 1986 die staatlich finanzierte Lehrfolkgruppe Tallari tätig ist.
„Es macht mich richtig glücklich, zu unterrichten“ |
Heute können die Studenten ihr Studium als Bachelor oder Master abschließen und seit einigen Jahren auch ihren Doktor machen. Am Anfang steht jedoch ein knallharter Selektionsmechanismus, um aus den meist weit über 50 Kandidaten für die etwa sechs begehrten Studienplätze auszuwählen, denn die Studienplätze in Jazz und Volksmusik sind die begehrtesten der Sibelius-Akademie. Das folgende Studium ist keineswegs ein müßiger Spaziergang, denn es geht nicht nur um eine vielschichtige theoretische Ausbildung, auch die körperlichen Dimensionen von Musik stehen auf dem Stundenplan. Kristiina Ilmonen, die langjährige Leiterin des Studiengangs Volksmusik und jetzige Doktorandin skizziert den Aufbau des Studiums: „Das Singen ist ebenso ein Pflichtfach wie der Volkstanz. Wer zum Tanz aufspielt, der sollte auch die Tänze kennen. Jeder Student fertigt mindestens drei Musikinstrumente an. Sie müssen nicht sehr komplex sein, aber die Studierenden sollten ein grundlegendes Verständnis für die Konstruktion eines Instruments erfahren. Wir lehren Volksmusikgeschichte, -theorie und -pädagogik. Das Ensemblespiel ist bei uns ein wichtiges Unterrichtsfach und nimmt einen breiten Raum ein.“ Rektor Gustav Djüpsjöbacka sieht das Zusammenspiel als vorbildlich auch für andere Fachzweige an: „Für die Herausbildung der Kreativität ist eine kollektive Ausprägung sehr wichtig. Wir müssten auch in der Kammermusik sehr viel mehr von diesem sozialen Bewusstsein, von dieser Kommunikationsfähigkeit einbringen, denn wir haben zu viele solistische klassische Musiker, die diese Dimensionen nicht berücksichtigen.“
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