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Im Auge des Hurrikans

Dr. John

Auch nach Katrina hält „Mr. N’Awlinz“ höchstselbst die Fahne des amerikanischen Südens in der Welt hoch

website
go! www.drjohn.org
 
auswahldiscographie

Storm Warning (Single; Rex, 1957)
Gris-Gris
(Collector’s Choice Music, 1968)
Dr. John’s Gumbo
(ATCO, 1972)
In The Right Place
(ATCO, 1973)
Triumvirate
(mit Mike Bloomfield und
   John Hammond; Columbia/SONYBMG, 1973)
Mardi Gras (Atlantic, 1975)
Dr. John Plays Mac Rebennack
(Clean Cuts, 1981)
In A Sentimental Mood
(Warner, 1989)
Anutha Zone
(u. a. mit Carleen Anderson,
   Jools Holland, Paul Weller und weiteren
   Musikern von Spiritualized, Supergrass,
Primal Scream, Portishead; Virgin, 1998)
Duke Elegant
(Songs von Duke Ellington; Blue Note, 2000)
N’Awlinz - Dis Dat Or D’Udda
(EMI/Parlophone, 2004)
Sippiana Hericane
(u. a. mit Mavis Staples,
   The Dirty Dozen Brass Band,
   The Mardi Gras Indians, Nicholas Payton,
   Cyril Neville, Eddie Bo, Dave Bartholomew,
   Willie Tee, Randy Newman, Willie Nelson,
   Snooks Eaglin, B. B. King,
   Clarence „Gatemouth“ Brown, Leroy Jones;
   EMI/Parlophone, 2005)
Mercenary
(Songs von Johnny Mercer; Blue Note, 2006)
Right Place, Right Time - Live At Tipitina’s
(Hyena, 2006)

 
unterwegs

Dr. John beim Stimmen Festival
(go! www.stimmen.com):
29.07.07: Lörrach, Rosenfelspark (mit Hazmat Modine)


Fiebrig und bigott wie die amerikanischen Südstaaten selbst - lange bevor er es endlich zum elder statesman des „N’Awlinz Fonk“ gebracht hatte, war Dr. John bereits der Inbegriff der in allen nur erdenklichen Farben und Formen schillernden Musik der Region. Und eine unerschütterliche Statur, an der sich die vom Hurrikan geschundene Stadt aufrichten und auf den beschwerlichen Weg Dr. John durch den Wiederaufbau machen kann. Beim diesjährigen Stimmen-Festival singt er das Lied der Heimat nun auch in Lörrach.

Von Christian Beck

Voodoo! Wer an so etwas glaubt, der ist womöglich auch der Meinung, Malcolm John Rebennack Jr., genannt Mac Rebennack, genannt Dr. John, habe schon immer gewusst, dass Katrina eines Tages kommen würde. Schon seine erste Single überhaupt hieß Anfang der 60er „Storm Warning“, 2004 bekam auch die Wiederveröffentlichung der frühen Aufnahmen denselben Titel - und ein Jahr später war der Hurrikan da. Oder warum nicht gleich: Er sei vermutlich sogar schuld an dem Dr. John Jahrhunderthurrikan, der zwischen dem 23. und dem 31. August 2005 New Orleans dem Erdboden, um nicht zu sagen dem Meeresboden gleich machte!? „To jinx“ nennt der Amerikaner derart magisches Tun, „jinxen“ gleich „verhexen“ - in einem Falle wie dem vorliegenden etwa, indem man das Unaussprechliche einfach ausplaudert, damit erst ermöglicht, heraufbeschwört, verursacht, verschuldet. Der amerikanische Süden ist voll von dergleichem Glauben an Geister, guten wie bösen, Louisiana ist das Kernland der Bewegung, New Orleans das pulsierende Herz. Und Dr. John, der allerschrägsten Vögel einer, nicht nur in Sachen „N’Awlinz“, wie er die Mutter aller afroamerikanischen Musikzentren nennt, ist am Abend einer ereignisreichen Karriere die Stimme dieses Schmelztiegels der Rassen, Kulturen, Obsessionen in der Welt.

New Orleans - wer dort aufgewachsen ist, den lässt dieses in allen Dr. John erdenklichen Farben leuchtende Feuerwerk der Musik nicht mehr los, auch nicht wenn er wie Zeremonienmeister Rebennack längst in die gesetzteren Residenzen von Long Island verzogen ist und gerade in Minneapolis auf der Bühne steht. „Das war die Auge-des-Sturms-Version“, sagte der Dr. laut Minneapolis Star Tribune über eine besonders aggressive Darbietung des Instrumentals „Honeydripper“, während Katrina seine Heimatstadt im Würgegriff hatte. „Der Hurrikan hat sich in meinem Bewusstsein Dr. John vor Fats Dominos zerstörtem Haus eingenistet, also entschuldigt bitte, wenn es auf Sturmbetrieb weiterläuft. Ich werde versuchen, es nicht zu übertreiben.“

Drogen, Sex & Rock ’n’ Roll

Öfter mal was Neues! Es nicht zu übertreiben, wäre im Leben des Dr. John amtierenden Weltbotschafters des N’Awlinz Fonk auch früher schon gelegentlich eine gute Idee gewesen - aber was bleibt einem infizierten jungen Mann schon übrig, wenn ihm Drogen, Sex und Rock ’n’ Roll im Genick sitzen, ihn locken, ihn rocken, als über die Stränge zu schlagen, so hoch es nur geht? Der angehende Dr. der New-Orleans-Musik gab den Verlockungen nach - von dem Moment an, als er rund um den Laden seines Vaters, der in der Nachbarschaft der Dillard-Universität, des ältesten „black college“ in Louisiana, Schallplatten verkaufte, mit all den hippen Race Records und dem, was sie ihm zu bieten hatten, in erste jungfräuliche Berührung kam: Blues und R ’n’ B, Gospel und Jazz, Bebop wie Traditional Jazz, Hillbilly.


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im Folker! 4/2007