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Brasilianische Musiker witzeln gerne, dass es schwer sei, eine brasilianische CD zu finden, auf der nicht der Name Morelenbaum auftauche. Meist ist damit Jaques Morelenbaum gemeint, denn in der Tat ist der Cellist, Arrangeur, Dirigent und Produzent omnipräsent, auch auf der aktuellen CD Berimbaum seiner Frau Paula. Doch Paula ist ebenfalls nicht ohne.
Von Luigi Lauer
Berimbaum ist eine Hommage an den Liedpoeten Vinicius de Moraes. Kennen gelernt, sagt Paula Morelenbaum, hat sie ihn nie. De Moraes starb 1980, ein Lebemann, ein Bohemien, im diplomatischen Dienst tätig, neben der Musik und - vor allem - dem Texten. Was unter Musikern sehr verbreitet ist, trifft auch auf den diplomatischen Dienst zu: Es wird mächtig gesoffen. Diese unheilige Allianz kostete Moraes das Leben, er wurde nur 68 Jahre alt. Doch in Brasilien ist er unsterblich. Ebenfalls 1980 begann die Kariere von Paula Morelenbaum, in der Band Céu da Boca. Vier Jahre später wurde sie Sängerin in Antonio Carlos („Tom“) Jobims Gruppe Nova Banda. Jobim - schon der Name klingt nach Bossa nova. Er schrieb Lieder wie „Desafinado“, „Corcovado“, „Insensatez“ und „The Girl From Ipanema“. Auch wenn einem die Namen nichts sagen, gehört hat man die Lieder doch. Auf 300 bis 400 Kompositionen wird Jobims Werk geschätzt. Dem Helden der brasilianischen Musik ist sogar der Flughafen von Rio de Janeiro gewidmet. Auf vier Alben Tom Jobims ist Paula Morelenbaum zu hören. Ihr erstes, selbstbetiteltes Soloalbum von 1992 wurde gleich mit dem Sharp Music Award für die beste neue Sängerin ausgezeichnet. Nach Jobims Tod 1994 gründete sie mit ihrem Mann sowie dem Sohn und dem Enkel Jobims (Tom Jobim liebte das familiäre Musizieren) das Quarteto Jobim-Morelenbaum, das in den erlauchtesten Hallen der Welt auftrat. Neben mehreren anderen Alben nahm Paula Morelenbaum auch zwei CDs mit Ryuichi Sakamoto auf, mit dem sie seit 1995 zusammenarbeitet, und wirkte bei zwei Musicals mit. So weit das Schaffen Paula Morelenbaums in Kürze. Der Name Morelenbaum - dies als Ich-weiß-noch-was-Nachtrag - verdankt sich der polnischen Herkunft ihres Mannes; die Morelle oder Weichselkirsche kennt man hierzulande fast nur noch im Zusammenklang mit dem Zusatz „Schatten“. Vielleicht ist sie deshalb sauer und muss in Gläser gesperrt werden.
Nun also ein neues Werk von Paula Morelenbaum. Na ja, nicht ganz neu, in Brasilien und anderen Ländern ist es bereits 2004 erschienen. Deutschland hat man wohl irgendwie vergessen. Doch wir nehmen es nicht übel, sondern freuen uns stattdessen über ein eklatant schönes Bossa-nova-Album. Brasilien ist bekanntermaßen nicht eben arm an hervorragenden Textschreibern, warum also ein Album ausschließlich mit Texten von Moraes? Paula Morelenbaum: „2003 wäre Vinicius de Moraes 90 Jahre alt geworden, und ich dachte über eine Hommage nach, ein Tribute-Album. Doch ich wollte nicht einfach die alten Bossalieder ein weiteres Mal aufnehmen, etwas sollte anders sein, es sollte frisch klingen, modern, neue Sounds, eine Vermischung mit Elektronik. Vinicius war der Bossa-nova-Poet und wurde durch Antonio Carlos Jobim zu einem Teil meines Lebens. Als ich mich dann näher mit Moraes beschäftigte, entdeckte ich viele Texte von ihm bei Baden Powell, Carlos Lyra und Chico Buarque, Lieder, die ich nie gesungen hatte, weil ich immer mit Jobim gearbeitet hatte. Wir haben viele gute Textdichter in Brasilien, aber er war der beste, kein Zweifel, er war mehr als nur Textdichter, er war ein Poet, eine gewichtige Person in der Geschichte des Bossa nova. Er brachte Optimismus in die bis dahin sehr melancholischen Texte. Er gab dauernd Partys, war ein witziger Kerl, allerdings sehr eifersüchtig - er mochte es gar nicht, wenn seine musikalischen Partner noch andere Projekte betrieben. Jobim hat mir viele Geschichten über ihn erzählt.“ Der Name des Albums, Berimbaum, setzt sich aus berimbau, einem einsaitigen Musikbogen, und, klar, dem Baum zusammen, dem mit den Morellen.
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