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„Revivalchen“ statt „Revival“

Das deutsche Volkslied im Aufwind?

Eine Diskussion beim TFF.Rudolstadt

Ist das deutsche Volkslied stark im Kommen oder haben Sängerinnen und Künstler wie Bobo oder Deitsch in den vergangenen Jahren nur ein „Revivalchen“ eingeleitet? Darüber konnten sich die Teilnehmer und Teilnehmerinnen der Podiumsdiskussion „Revival des Revivals - Kehrt das deutsche Volkslied zurück?“ beim TFF.Rudolstadt im vergangenen Juli nicht einigen.

Von Natalie Wiesmann

Nur über einen Punkt herrschte Einmütigkeit bei den Gästen: Das heutige Revival des Volksliedes ist nicht mit dem der 60er/70er Jahre zu vergleichen. Barbara Boock vom Deutschen Volksliedarchiv in Freiburg hat die Zeiten der Liedermacher kommen und gehen sehen: Das erste Revival des deutschen Liedes vor 30 oder 40 Jahren sei von der politischen Stimmung ausgelöst worden. „Man wollte gegen den Vietnamkrieg, gegen Kernkraftwerke Stellung nehmen.“ Die Friedensketten in den 80ern wären aber stumm gewesen. „Man hatte das Vertrauen in das gesungene Wort wieder verloren, es hatte keinen Sinn mehr, etwas zu formulieren“, da das Singen in der Zeit davor kaum etwas bewirkt hatte. Das Gleiche gelte für die 90er Jahre, in denen in Volkslieddiskussion politischer Hinsicht ebenfalls mehr oder weniger Schweigsamkeit herrschte.

Auch Manfred Wagenbreth, Sänger bei der Gruppe Die Sieben Leben (ehemals Bierfiedler), der die Sendung „folk & welt“ bei MDR FIGARO moderiert, will die aktuelle Entwicklung nicht mit dem Revival der 60er verglichen sehen. In der DDR, in der er groß wurde, sei die Folkszene eine „Verweigerungsszene“ gewesen, von der man nach der Wende nichts mehr gehört habe. Und hinzu komme, so Wagenbreth: „Welche Jugendlichen wollen schon die Musik der Eltern hören?“

„In der Wirtschaft wird wieder mehr gsungn“

Eine, die da nicht in Wagenbreths Konzept passt, die die Rebellion gegen die Musik im DDR-Elternhaus überwunden hat, wie sie selbst sagt, ist Christiane Herbold alias Bobo. Die Pfarrerstochter, die schon als Mädchen eine Band gründete und 1990 mit der Popgruppe Bobo in White Wooden Houses ihre erste Tournee hatte, fängt jetzt, Mitte 30, an, deutsch zu singen. „Meine Mutter war Kirchenmusikerin, ich interessiere mich heute für die Lieder, die sie mir in meiner Kindheit vorgesungen hat“, sagt Bobo. Doch alles gefiele ihr auch nicht: „Ich stehe auf düstere, romantische Volkslieder.“ Deshalb fiel ihre Wahl auf Stücke wie „Es geht eine dunkle Wolke“ oder „Der schwere Traum“. Wobei sie völlig neu und unvoreingenommen an die Sache herangeht - immerhin sind dies Lieder, die schon von zahlreichen Deutschfolkgruppen vor ihr interpretiert wurden, auch und vor allem zu Zeiten des „ersten“ Revivals. Auf die Frage Barbara Boocks hin, inwiefern sie sich bei ihren Interpretationen an Vorgängern aus der damaligen Zeit wie z. B. Elster Silberflug orientiert habe, meint sie, dass sie weder diese Gruppen noch deren Versionen der Lieder kennt.


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im Folker! 5/2006