Folker! präsentiert:
Die Minnesänger Zu dem Wettgesange schreiten Minnesänger jetzt herbei; Ei, das gibt ein seltsam Streiten, Ein gar seltsames Turnei! Phantasie, die schäumend wilde, Ist des Minnesängers Pferd, Und die Kunst dient ihm zum Schilde, Und das Wort, das ist sein Schwert. Hübsche Damen schauen munter Vom beteppichten Balkon, Doch die rechte ist nicht drunter Mit der rechten Lorbeerkron. Andre Leute, wenn sie springen In die Schranken, sind gesund; Doch wir Minnesänger bringen Dort schon mit die Todeswund. Und wem dort am besten dringet Liederblut aus Herzensgrund, Der ist Sieger, der erringet Bestes Lob aus schönstem Mund. (Heinrich Heine) |
20 Künstlerinnen und Künstler aus mehreren Ländern kommen im September zum 1. Sängerkrieg-Festival auf der Wartburg und in der Stadt Eisenach zusammen. 800 Jahre nach dem sagenumwobenen Sängerkrieg wird der Wettstreit jetzt ohne Wettbewerb fortgesetzt, dafür mit den unterschiedlichsten Stilen und Spielweisen. Im vergangenen Heft antwortete Festivalleiter Matthias Görnandt auf Fragen zum Konzept des neuen Festivals (s. Folker! Heft 04/2006). In dieser Ausgabe werfen wir einen Blick auf die Geschichte des Sängerkriegs und geben Ihnen einen Überblick über das Programm.
Von Claus Fischer
Wer die Wartburg oberhalb von Eisenach besucht, bleibt mit den Augen unweigerlich am großen Fresko des „Sängerkriegs“ hängen, das Moritz von Schwind (1804-1871) in den 1850er Jahren geschaffen hat. Die erste Beschäftigung des Malers mit der Geschichte des Minnesängerwettstreits auf der Wartburg geht auf das Jahr 1837 zurück, als er für den Großherzog von Baden eine Arbeitsprobe anfertigt. Schwinds „Sängerkrieg“ befindet sich in einem an das Landgrafenzimmer grenzenden Saal, der erst mit Fertigstellung des Gemäldes und in der Vorstellung der Besucher als „Sängersaal“ in die Geschichte der Wartburg eingegangen ist. Dieses Bild hat das Verständnis der nachfolgenden Generationen vom dem Ereignis „Sängerkrieg“ geprägt, doch war es überhaupt ein „Ereignis“? Hat der Wettstreit zwischen den Minnesängern wirklich so stattgefunden, wie es Schwinds Romantikerkollege Heinrich Heine in einem Gedicht beschreibt?
Unsere Vorstellungen vom Mittelalter sind bis heute durch die Romantik geprägt, die Wiederentdeckung der Gedankenwelt der Ritter- und Minnesängerzeit im 19. Jahrhundert hat Stereotypen geschaffen, die mit den wirklichen damaligen Verhältnissen oft wenig zu tun haben, Mythen wurden kurzerhand zu realen historischen Begebenheiten erklärt, um etwa die nationale Identität des jungen Deutschland zu stärken.
www.saengerkrieg.de | |||||||||||||||||||||||||||||||||||
unterwegs: 1. Sängerkrieg-Festival 19.-23. September 2006 Programm:
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Wie bei so vielen emotional überfrachteten Ereignissen der Geschichte handelt es auch beim sagenhaften „Sängerkrieg auf der Wartburg“ um einen Mythos mit realem Kern, vergleichbar der Barbarossasage, die von einer historischen Gestalt, dem Stauferkaiser Friedrich erzählt, der im Kyffhäuser [Bergrücken südöstlich des Unterharzes und der Goldenen Aue an der Grenze Thüringens zu Sachsen-Anhalt; Anm. d. Red.] als mythische Gestalt weiterleben soll. Der Thüringer Landgraf Hermann I. (ca. 1155-1217), der abwechselnd auf der Wartburg und auf der Neuenburg oberhalb von Freyburg an der Unstrut Hof hielt, war ein Freund und Förderer der Künste. Die meisten der uns heute noch bekannten Minnesänger haben sich irgendwann auch an einem der beiden Höfe aufgehalten, das berichten unterschiedliche Quellen.
Der „Sängerkrieg auf der Wartburg“ basiert auf keiner geschlossenen Überlieferung, sondern ist ein Konglomerat mehrerer Dichtungen des 13. bis 15. Jahrhunderts. So werden unterschiedliche Ereignisse durch die Autoren miteinander verschmolzen. Die Datierung des Geschehens auf die Jahre 1206 und 1207 hängt eng mit dem Geburtsjahr der heiligen Elisabeth von Thüringen (ca. 1207-1231) zusammen, zu dessen 800. Jahrestag die 3. Thüringer Landesausstellung auf der Wartburg für 2007 vorbereitet wird.
Die Dichtungen vom „Sängerkrieg auf der Wartburg“ besitzen als Hauptteile das „Fürstenlob“ und das „Rätselspiel“. Das „Fürstenlob“ handelt am Hofe Landgraf Hermanns, an dem sechs Sänger einen Streit darüber austrugen, wer der tugendhafteste Herrscher sei. Heinrich von Ofterdingen lobte seinen Herrn, den Herzog von Österreich, Leopold VI. (1176-1230). Nacheinander widersprachen ihm Walther von der Vogelweide, der tugendhafte Schreiber, Biterolf, Reinmar von Zweter und Wolfram von Eschenbach. Denn sie sahen Hermann I. von Thüringen an erster Stelle. Auf dem Höhepunkt sollte Heinrich von Ofterdingen dem Scharfrichter namens Stempfel übergeben werden! Doch er fand bei der Fürstin Sophia, der Gemahlin Hermanns I. (ca. 1171-1238) Fürsprache. Schlussendlich sollte Meister Klingsor von Ungarland als Schiedsrichter entscheiden.
Hinweis: Einen Großteil der hier wiedergegebenen historischen Informationen basiert auf der ausführlichen Behandlung dieses Themas auf der Website der Stadt Eisenach, www.eisenach.de. Wer mehr über die thüringische Lutherstadt und die Wartburg wissen möchte, sei dorthin verwiesen.
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