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Zandisile (Skip Records, 2006) |
Mit jedem ihrer Lebensjahre muss man die Ankündigungen von Miriam Makeba, sich aus dem Musikgeschäft zurückzuziehen, ernster nehmen. Im März ist sie 74 Jahre alt geworden und hat kürzlich nochmals bekräftigt, nur noch ganz ausgewählte Termine wahrzunehmen. Das Africa Festival in Würzburg im Mai war möglicherweise die letzte Gelegenheit, sie in Deutschland zu erleben. Und weiter? Wer wird nach ihr „Mama Africa“? Wer soll es schaffen, fast so bekannt und beliebt zu werden wie Nelson Mandela? Hat jemand das Zeug, drei Generationen afrikanischer Sängerinnen nachhaltig zu beeinflussen? Seit kurzem muss ein frischer Name auf die Liste: Simphiwe Dana. Nie gehört? Das sollte sich ändern. Hier sind fünf Gründe dafür.
Von Luigi Lauer
Als Miriam Makeba mit Hilfe ihres „großen Bruders“ Harry Belafonte 1959 nach New York kam, war sie dort noch völlig unbekannt. Doch besonders die Highsociety war neugierig und strömte in ihre Konzerte. Der Veranstalter ließ ihr zwei Kleider schneidern, sie schminken, die Haare glätten und hieß sie, dezenteren Schmuck anzulegen. Die Dame rebellierte, hielt den Kopf so lange unter heißes Wasser, bis die Naturkrause wieder hergestellt war, wischte die Schminke ab und legte ihre riesigen Ohrringe und bunten Halsketten wieder an. So trat sie auf. Wenig später wollten fast alle Frauen so aussehen wie das schüchterne kleine Xhosamädchen aus Südafrika mit den entzückenden Klicklauten. Miriam Makeba wurde von einer Titelseite zur nächsten weitergereicht und löste so den Afrolook-Boom aus. Dutzende Couturiers, hunderte Friseure mussten wieder in die Lehre - und blieben doch nur mehr oder minder schlechte Kopierer.
Das könnte jetzt ein zweites Mal passieren. Während Frau Makeba sich nur anzog und die Haare trug wie zu Hause auch, geht Simphiwe Dana einen großen Schritt weiter - als studierte Graphikdesignerin entwirft sie ihre Sachen gleich selbst. Und was für Sachen: Man muss sich nur das Plattencover ansehen, es haut einen um. Diese Staffage hätte selbst Lieutenant Spock zum leichten Heben der rechten Augenbraue veranlasst - sein Ausdruck höchster Erregung, gipfelnd in dem Ausspruch: „Faszinierend.“ Simphiwe Danas Entwürfe sind der futuristische Ausdruck einer traditionellen Idee. Mit ihr tritt nun also wieder ein kleines Xhosamädchen an, die Welt im Sturm zu nehmen. Sie ist mit 26 Jahren so alt wie Miss Makeba damals, und sie ist verdammt gut gerüstet.
Simphiwe Dana tritt bescheiden auf. Sie stammt aus der Transkei im Osten Südafrikas (Eastern Cape), früher ein Homeland und heute für Südafrika eine ähnlich blühende Landschaft wie der Osten Deutschlands für die Bundesrepublik. Simphiwe Dana musste als kleines Mädchen barfuß Wasser aus dem Fluss heranschleppen und Brennholz im Wald sammeln. Klingt, wie aus einem Märchen abgeschrieben, ist es aber nicht. Einzige Attraktionen weit und breit: die Wasserfälle des Great Kei River, die Kaskaden des Gcuwa River und das whale watching an der nahen Küste des Indischen Ozeans. Ausgerechnet Butterworth (heute: Gcuwa) hieß das Kaff, in dem Simphiwe Dana zur Welt kam. Von Butter konnte keine Rede sein, nicht einmal Brot konnte sich ihre Familie kaufen, das wurde selbst gebacken, wann immer man sich wenigstens dies leisten konnte.
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