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Traditionelle Musik wird durch Kommerzialisierung bedroht |
Es war wie ein Déjà-vu: Beim Symposium „Weltmusik, ein
Missverständnis?“ Anfang Mai im Weltkulturerbe Zeche Zollverein in Essen
wurde aus dem Publikum die Frage gestellt, warum Funkhaus Europa nicht
eingeladen worden sei. Genau wie vor zwei Jahren auf der Weltmusikmesse
WOMEX: Am gleichen Ort regten sich Zuhörer einer Podiumsdiskussion darüber
auf, wie man die im Bereich der Weltmusik so erfolgreiche Welle des WDR
einfach ausklammern könne. In beiden Fällen war der Veranstalter das NRW
KULTURsekretariat in Wuppertal. In beiden Fällen ging es darum, die „echte“
Weltmusik von der kommerziellen in irgendeiner Weise abzugrenzen.
Von Natalie Wiesmann
„Die Sache der Weltmusik könnte auf einem fatalen Missverständnis beruhen:
Eine unübersichtliche Vielfalt von Musiken wurde womöglich auf den
einfachsten Begriff der Tanzbarkeit und Konsumierbarkeit reduziert“, heißt
es da schon in der Einladung. Der Argwohn gegen Kommerz-Weltmusik erklärt
wohl auch, warum ein Vertreter des gehobenen Kultursenders WDR 3 und nicht
einer des Multikulti-Tanzmusiksenders Funkhaus Europa die Diskussion
moderierte. Doch darum ging es dem jungen Mann aus dem Publikum nicht
einmal. Ihm hätte es schon gereicht, wenn ein Vertreter von Funkhaus Europa
als Podiumsgast eingeladen worden wäre. „Sie sprechen immer von einem
Dialog, warum sprechen Sie dann über und nicht mit Funkhaus Europa?“, fragte
er. Die Diskussion sei ihm zu abgehoben. Für ihn sei „gesampelte Musik
genauso wertvoll und innovativ wie hausgemachte“. Vor zwei Jahren auf der
WOMEX wurde zusätzlich von Sozialpädagogen bemängelt, dass etwa Rap, den
Migrantenkinder von sich aus produzierten, mehr gefördert werden müsse -
statt das Geld nur in abgehobene ethnische Musik für gebildete Deutsche zu
stecken. Die Ressourcen, die Migranten durch ihre Steuergelder seit
Jahrzehnten auch im Bereich der Kultur aufgebracht haben, müssten endlich
auch ihnen zur Verfügung stehen. Auch das hatte damals ein Besucher
eingeworfen.
Diskussionsleiter Werner Fuhr verwies darauf, dass die eher
musikwissenschaftliche Sicht auf das Thema zu einer dementsprechenden
Zusammensetzung des Podiums geführt habe, die nicht das gesamte Spektrum
erfasse. Beim Symposium in Essen ging es zudem vornehmlich um die Musik, die
andernorts entsteht. So beschrieb der Musikwissenschaftler Moya Malamusi aus
Malawi die Welt des Mundbogens, eines afrikanischen Instruments, und die
Musikethnologin Barbara Wrenger sprach vor etwa 20 Menschen über Famoudou
Konate, den berühmtesten Trommler Guineas, und seine Beziehung zu Europa.
Zur anschließenden Podiumsdiskussion waren neben den acht Referenten
ebenfalls nur etwa zwei Dutzend Zuhörer gekommen.
Wäre mit ein bisschen weniger Abgrenzung das Interesse vielleicht doch größer gewesen? Christian Esch, Direktor des KULTURsekretariats wollte sich nicht sagen lassen, er gehe einem Dialog mit den Vertretern der Mainstreamweltmusik aus dem Weg: Bei der WOMEX-Diskussion habe man damals das Funkhaus Europa eingeladen, es sei aber niemand gekommen. „Da ist keine Mauer, das sind nur unterschiedliche Wellen“, sagt Esch. Bei Funkhaus Europa heißt es, man sei weder vor zwei Jahren bei der WOMEX noch zu diesem Symposium eingeladen worden.
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