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Billy Bragg

Es gibt DVDs, CDs und spezielle Serien, die sich den herkömmlichen Kriterien einer Rezension entziehen. Gerade in einer Zeit, in der Tonträger preiswert produziert werden können und die Menge an Veröffentlichungen inflationär ist, sind anspruchsvolle Serien besonders wichtig. Engagierte Vorhaben, ganz gleich ob tatsächliche oder angebliche, müssen sich mit strengeren Maßstäben messen lassen als z. B. eine ordinäre Kompilation. In diesem Heft schreibt Michael Kleff über die Werkschau

Billy Bragg - Volume 1

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Im April vor 30 Jahren beging Phil Ochs Selbstmord, der „singende Journalist“, der wie kaum ein anderer die politischen Verhältnisse in den USA in Songs auf den Punkt bringen konnte. Er war aber auch ein Meister von einfühlsamen Liebesliedern. Denen, die meinten, nur protestieren zu müssen, entgegnete Ochs: „In einer derart brutalen, hässlichen Welt liegt der wahre Protest in Zärtlichkeit und Schönheit.“ Vor kurzem wurde ich gefragt, ob es heute einen Künstler gäbe, der in der Tradition von Phil Ochs stehe. Ich musste für meine Antwort nicht lange nachdenken. Außer Billy Bragg fällt mir da kaum jemand ein.

In dem vorliegenden länglichen Boxset sind nun die ersten vier regulären Alben vom „Robin Hood der Popmusik“ erschienen. Als da sind: Life’s A Riot With Spy Vs. Spy (1983), Brewing Up With Billy Bragg (1984), Talking With The Taxman About Poetry (1986) und The Internationale (1990). Auf letzterem findet sich übrigens Braggs Hommage an seinen Protestsängerkollegen Phil Ochs („I Dreamed I Saw Phil Ochs Last Night“). Hinzu kommen zwei DVDs: From The West Down To The East dokumentiert neben dem englischen South-Bank-TV-Special von 1985 ein Bragg-Konzert in Ostberlin aus dem Jahr 1986; und auf Billy Bragg - Here & There finden sich weitere Aufnahmen von Braggs Auftritt beim Festival des Politischen Liedes in der DDR vor 20 Jahren sowie Impressionen Billy Bragg Vol. 1 von seinen Reisen nach Nicaragua im Juli 1987 und nach - damals noch zur UdSSR gehörend - Litauen im Mai 1988.

Die Tatsache, dass es sieben CDs für das Material der vier Original-LPs bedarf - von denen die erste und die letzte auch noch Mini-LPs waren - liegt darin begründet, dass nicht mit Bonusstücken gegeizt wurden, von denen einige Titel selbst eingefleischten Fans des englischen Punk-Liedermachers unbekannt sein dürften (u. a. „The Cloth“ und „Speedway Hero“). Life’s A Riot With Spy Vs. Spy und Brewing Up With Billy Bragg warten gleich mit jeweils elf Extratracks auf. Bei The Internationale sind es zehn. Darunter u. a. sechs 1988 unter dem Titel Help Save The Youth Of America EP: Live & Dubious (EP) veröffentlichte Stücke sowie eine auf England umgedichtete Version von Woody Guthries „This Land Is Your Land“, die 1995 auf dem Sampler The Disagreement Of The People erschien. Dem Jahr, in dem die Zusammenarbeit mit Guthries Tochter Nora begann, deren hörbare Ergebnisse u. a. die beiden für den Grammy nominierten Mermaid-Avenue-Alben mit Wilco sind. Natürlich finden sich auf den hier vorliegenden CDs gleich mehrere Bragg-Klassiker, die noch heute zu seinem Liveprogramm gehören, weil sie nichts von ihrer Aktualität verloren haben. Darunter „A New England“ - „I don’t want to change the world/ I’m not looking for a new England / I’m just looking for another girl“ - und natürlich „There Is Power In A Union“.


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im Folker! 3/2006