Folker!-Labelproträt (22)
www.greentrax.com (Vertrieb in Deutschland: Fenn Music Service: www.fenn-music.de) |
22.06.06: Greentrax-Jubiläums-Ceilidh in der Queen’s Hall, Edinburgh |
Als Labelchef wird man nicht geboren, auch nicht, wenn man so erfolgreich ist wie Ian Green. Er absolvierte eine Lehre als Gärtner, zog dann mit der Armee nach Korea, um schließlich lange 30 Jahre im Polizeidienst in Edinburgh zu verbringen. Die letzten 20 Jahre widmete er seiner wahren Berufung, der Folkmusik, mit seinem Label Greentrax Recordings. Der gewichtige Ex-Battlefield-Mann Brian McNeill, seit geraumer Zeit in führender Position an der Royal Scottish Academy of Music and Drama, sagt über Ian Green, er habe das Gesicht der schottischen Musik verändert, auf Dauer und definitiv zum Besseren.
Von Mike Kamp
Selbstverständlich konvertiert man nicht über Nacht vom Police Inspector zum Labelchef. Bereits während seiner Zeit bei den „Freunden und Helfern“ hatte er sich den Folkbazillus eingefangen. So organisierte er u. a. den Police Folk Club. So was gab es damals tatsächlich, liebevoll „Fuzzfolk“ genannt, und dort habe ich Ian Mitte der 70er erstmals getroffen. Er war auch Mitbegründer des Edinburgh Folk Club, der heute noch existiert. Mit John Barrow und Kenny Thomson gab er das schottische Folk-Mitteilungsblatt Sandy Bell’s Broadsheet heraus und ist somit sehr indirekt für die Existenz dieser Zeitschrift verantwortlich, aber das ist eine ganz andere, aber ziemlich verrückte Geschichte. Folkmusik war damals noch eine größere Insiderveranstaltung als dies heute der Fall ist, und so wurde Ian Green von den Folkclubmitgliedern dauernd gefragt, wie sie denn nun an die LPs der Künstler kommen könnten, die vor einer Woche, einem Monat oder einem Jahr so mitreißend im Club gespielt hatten. Ian besorgte die LPs und noch ein paar mehr, sodass sich ganz organisch ein Mailorderservice und ein Plattenstand bei Festivals entwickelten. Discount Folk Records nannte sich das.
Und dann kam das Jahr 1985. Ian nahm seinen Abschied aus dem Polizeidienst, und anstatt die Abfindung und Pension sicher anzulegen, machte Ian das, was einem Einsatz im Spielcasino gleichkam: Er investierte 1986 das Geld als Startkapital in sein Greentrax-Label. Die Idee dahinter hörte sich auch nicht gerade nach Gewinnoptimierung an: Es gibt so viele talentierte schottische Künstler und keine Firma, die sich ihrer annimmt. Irgendwer muss ihnen eine Plattform geben, damit sie sich entwickeln können. Ian Green ist gewiss ein Mann, der mit beiden Beinen ganz fest auf dem Boden der Realitäten steht und er war 1986 davon überzeugt, dass Greentrax überleben würde. Was dann allerdings in den folgenden 20 Jahren passierte, dass konnte sich auch Ian in seinen wildesten Träumen nicht ausmalen. 358 Produktionen sind seitdem erschienen, von denen über 300 immer noch im Greentrax-Katalog zu finden sind. Neben den Nachwuchskräften, die Ian über all die Jahre tatsächlich mit wunderschönen Veröffentlichungen gefördert hat (und die sich heute bereits einen Namen gemacht haben, wie z. B. Malinky), liest sich das Personenverzeichnis von Greentrax wie das berühmte Who’s who: Dick Gaughan, Eric Bogle, Tony McManus, die McCalmans, Poozies, Shooglenifty oder Salsa Celtica. Und immer noch klopfen arrivierte Namen an seine Türe. Ex-Runrig-Sänger Donnie Munro hat kürzlich seine Unterschrift unter einen Greentrax-Vertrag gesetzt.
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