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Musik als Avantgarde politischer Aufklärung

Von Brigitta Huhnke

Erkenntnis schmerzt, auch die: Anders als den USA fehlen unserem Land Menschen aus der Altersgruppe 80 plus, die sich seit jungen Jahren mit Stimme, Kopf und Herz für soziale Gerechtigkeit und Frieden einsetzen. Im Rahmen des Festivals zeigte das Kino Babylon „Die lange Nacht der Folk-Filme“. Hervorzuheben ist hier die Dokumentation Isn’t It A Time von Jim Brown. Im Mittelpunkt steht die erste Folkgeneration, die in linker Landesliebe in Sälen und auf Straßen um die American soul kämpften. Oft hineingeboren in die Armut der großen Depression, hörten sie als Jugendliche vom Aufstieg des Faschismus in Europa, erlebten aber auch Antisemitismus und Rassismus in den USA. Einige wurden in den 50er Jahren unter McCarthy verfolgt. Für den Film hatte Arlo Guthrie Ende November 2003 zu einem Konzert in die Carnegie Hall eingeladen - unter den Gästen u. a. die Weavers -, um einen Mann besonders zu ehren: den im vergangenen Jahr verstorbenen Musikproduzenten und -manager Harold Leventhal. Nach dem Krieg war dieser es, der das von Pete Seeger gemeinsam mit Ronnie Gilbert, Fred Hellerman und dem 1981 verstorbenen Lee Hays gegründete Quartett mehr als einmal vor den Fängen des FBI und vor der Kommunisten- und Intellektuellenverfolgung unter McCarthy schützte. Später brachte er Schwergewichte wie Frank Sinatra, Bob Dylan und Harry Belafonte auf viele Bühnen, produzierte Auftritte von Nana Mouskouri, Miriam Makeba und Jacques Brel in New Yorks Carnegie Hall. Nach dem Tod seines Freundes Woody Guthrie, den er auch geschäftlich vertreten hatte, kümmerte er sich um dessen Sohn Arlo. Der arbeitete zunächst als „Bürobote“ für den wohl wichtigsten Mentor der US-Folkmusik, bevor er seine eigene Karriere begann. Bis zu seinem Tod produzierte Leventhal dann jedes Jahr Arlo Guthries traditionelles Thanksgiving-Konzert in der Carnegie Hall.

Das Alter hat die Weavers weicher gemacht, aber nach wie vor singen sie über ihr „missbrauchtes Land“: „Sinner Man“ oder „Brother, Can You Spare A Dime?“. Bewusst stimmten sie aber auch aktuelle Songs an, wie Holly Nears „I Am Willing“: „There is hurting in my family. / There is sorrow in my town. / There is panic in the nation. / There is wailing the whole world around.“ Pete Seeger mit dem Banjo in der Hand ergänzt im Film: „Gangs kontrollieren das Land.“


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im Folker! 3/2006