Es gibt DVDs, CDs und spezielle Serien, die sich den herkömmlichen Kriterien einer Rezension entziehen. Gerade in einer Zeit, in der Tonträger preiswert produziert werden können und die Menge an Veröffentlichungen inflationär ist, sind anspruchsvolle Serien besonders wichtig. Engagierte Vorhaben, ganz gleich ob tatsächliche oder angebliche, müssen sich mit strengeren Maßstäben messen lassen als z. B. eine ordinäre Kompilation. In diesem Heft schreibt Christian Rath über die CD-Serie
Lola hat rote Haare und einen Kopfhörer. Sie ist das Markenzeichen von Lola’s World, dem Senkrechtstarter unter den deutschen Weltmusiklabels. Doch nicht nur das Signet ist weiblich, hinter dem Label steht mit Gülbahar Kültür auch eine echte Frau, die beim Weltmusiksender Funkhaus Europa arbeitet.
www.lolasworldrecords.com www.clubstar.net www.gkultur.de |
Gülbahar Kültür (40) ist so etwas wie eine Bilderbuchmigrantin. Geboren wurde sie in der Türkei, aufgewachsen ist sie in Istanbul, 1979 kam sie als 14-Jährige nach Bremen, lernte Anwaltsgehilfin, studierte Germanistik, arbeitete als Journalistin und Übersetzerin, brachte Lyrikbände heraus, engagierte sich in der Frauenbewegung, kandidierte für die Grünen zur Bürgerschaft und trat wegen des Kosovokriegs wieder aus der Partei aus. In Bremen ist sie eine „Lokalberühmtheit“, wie sie selbst einräumt.
Wie fast alle Radio-DJs ärgerte sie sich über die Qualität von Samplern und stellte im Kopf viel bessere Zusammenstellungen her. Doch ihre Angebote an Plattenfirmen (u. a. an Jaro in Bremen) brachten nichts. Umso mehr freute sie sich, als vor drei Jahren die kleine Plattenfirma Clubstar aus
Bergisch Gladbach anklopfte, ob Kültür nicht eine Weltmusikkompilation zusammenstellen wolle. Natürlich wollte sie! Gleich das erste Projekt Oriental Garden mit türkischen, indischen und arabischen Tracks war dank mehr als 10.000 verkaufter Exemplare ein ökonomischer Erfolg. Also bat Clubstar um mehr. Inzwischen hat Kültür 13 Doppel-CDs zusammengestellt. Allein im letzten Jahr waren es sieben Projekte.
Clubstar-Eigner Ufuk Kilic kommt eigentlich aus der elektronischen Szene. Er arbeitete bis 2003 beim Mainstream-Technolabel More Music in Köln und machte sich dann mit Clubstar selbstständig, um anspruchsvollere House-Alben zu produzieren. Lola’s World war anfangs für Kilic nur eine Spielwiese. „Ich liebe House über alles, aber ab und zu muss ich auch mal etwas anderes hören - so begann mein Interesse für Weltmusik“, erinnert sich Kilic (32).
Doch aus dem Spielbein ist längst ein Standbein geworden. Inzwischen bringt Lola’s World fast 40 Prozent der Umsätze der Clubstar-Gruppe. Der Fokus auf moderne Weltmusik mit zeitgemäßen Grooves hat sich gelohnt. Und Lola’s World ist auch für die Weltmusikszene eine echte Bereicherung, weil das Label trotz der Massenproduktion erfreuliche Qualität bietet. Die Tracks sind von Gülbahar Kültür liebevoll ausgesucht und oft selbst für Insider echte Fundsachen. Gerade weil Clubstar kein eigenes Weltmusikrepertoire verkaufen muss, hat Kültür bei der Auswahl völlig freie Hand. Ihre Kompilationen sind originell, feiern das Innovative und sind trotz aller Diversität meist gut durchhörbar. Das muss man erst mal nachmachen.
Inzwischen betreut Gülbahar Kültür bei Lola’s World drei Reihen. Am umfangreichsten ist die Garten-Serie, die Musik aus großen Regionen zusammenbringt. Der Oriental Garden existiert schon in mehreren Ausgaben, es folgten ein Gypsy Garden, ein Latin Garden und jüngst ein African Garden. In der Made-In-Serie gibt es Musik aus einzelnen Ländern, konkret aus der Türkei, Griechenland und Indien. Dabei wurde die Made-In-Turkey-Doppel-CD der zweite Bestseller mit mehr als 10.000 verkauften Exemplaren - was für Weltmusikverhältnisse sehr beachtlich ist. Einige Tausend CDs wurden aber jeweils auch von den anderen Produkten verkauft, wozu sicher der passable Preis beiträgt. Ein Album mit zwei CDs kostet nur um die 20 Euro.
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