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Né La Thiass (1996) |
Protegé eines gewissen Herrn N’Dour zu sein, ist das größte Übel nicht, wenn man als senegalesischer Musiker auch international einen Fuß auf die Bühnen bekommen will. Und dann noch auf Silberlingen zu glänzen, die von der Buena-Vista-Schmiede World Circuit veröffentlicht werden - Ohr, was willst du mehr. Youssou N’Dour hat sich allerdings auch nicht irgendeinen herausgegriffen: Cheikh Lô war Anfang der 90er das spannendste und meistversprechende Talent, ein erprobter Schlagzeuger und Percussionist, der sich allmählich auch als Gitarrist und Sänger zu etablieren begann. Inzwischen hat Lô drei CDs veröffentlicht und steht nicht nur auf eigenen Füßen, sondern hat auch den Bruch mit dem Team seines Förderers gewagt. Und gewonnen.
Von Luigi Lauer
Augenzeugenberichten zufolge lief Cheikh Lô Ende der 80er noch mit selbst zusammengeschusterten Kassetten durch Dakars Straßen, um sie zu verhökern - grottenschlechte Aufnahmen, wie er heute sagt. Fanden andere wohl nicht, denn Lô erhielt für das Lied „Doxandeme“, das ein Hit wurde, in Dakar immerhin eine Auszeichnung als „Neues Talent“ - wurde ja auch Zeit mit 35 Jahren. Und: Auf diesem Wege fand auch ein Exemplar zu Youssou N’Dour, der von Lôs Stimme und seinem tief emotionalen Gesang beeindruckt war. Der König lud zur Audienz, schnell war man sich einig, doch es sollten noch ein paar Jahre - für Lô endlos lange Jahre - verstreichen, ehe N’Dour Zeit fand, sich näher mit dem neuen Talent zu beschäftigen. Denn gerade flog Youssou N’Dour der eigene Erfolg um die Ohren, den sein Hit „7 Seconds“ ihm eingetragen hatte. Né La Thiass hieß schließlich das Ergebnis, im Studio Xippi aufgenommen und bei Jololi veröffentlicht - alles Tochterunternehmen der Firmengruppe Youssou N’Dour, der auch als Produzent sowie als Sänger bei zwei Songs in Erscheinung trat. Dem Star war es so ernst um seinen Zögling, dass er sogar selbst mit auf Tournee ging - zum ersten Mal in seinem Leben nicht in der ersten Reihe, Lô sollte vollends im Scheinwerferlicht stehen. Die Veranstalter ließen sich den zugkräftigen Namen allerdings nicht vom Plakat streichen, sie wollten schließlich die Säle voll haben. Bekamen sie dann auch, was Lô eine erste kleine Fangemeinde außerhalb Afrikas einbrachte.
Für Cheikh Lô war es ein vielversprechender Anfang unter mehr oder weniger eigenem Namen. Für andere hatte er da längst gearbeitet, erst in Bobo-Dioulasso, dem Wirtschaftszentrum von Burkina Faso, wo er 1955 als Sohn senegalesischer Eltern zur Welt kam, dann in Dakar, wo er 1978 landete und zur Hausband des Hotels Savana stieß, die aktuelle Hits spielte. Und schließlich Paris, wo er von 1985 bis 1987 als Studioschlagzeuger spielte, unter anderem für Papa Wemba. Fast Tag und Nacht habe er da gearbeitet und von Paris überhaupt nichts mitbekommen, erinnert sich Cheikh Lô mit Kopfschütteln. Doch dadurch kamen neben der profunden Kenntnis westafrikanischer Stile - Burkina Faso grenzt an sechs weitere Länder - auch Erfahrungen mit kongolesischer und kamerunischer Musik hinzu, die ihn noch heute begleiten.
Zurück in Dakar machte sich Lô daran, sein Gitarrenspiel auszubauen und Lieder zu schreiben, bis er - siehe oben - Youssou N’Dour ein Tape in die Hand drückte - gegen den Rat seiner Freunde. Für Né La Thiass gab es 1997 prompt einen Kora Award, Afrikas höchste Musikauszeichnung, in der Rubrik „Best Newcomer“. Lôs musikalische Weltläufigkeit deutete sich schon auf diesem Album an, auf den im Senegal allgegenwärtigen Mbalax als Backpulver konnte er oft verzichten, sein Teig ging auch so auf. Neue Musikfarben einzubauen, ist bis heute sein Markenzeichen, doch ist daran nichts Beliebiges: Es sind keine unpassenden Beilagen, die Lô auf den (Platten-)Teller legt - er kocht schon anders und hat durch seinen speziellen Umgang mit Gewürzen wie Kongo-Rumba oder kubanischer Musik eine unverkennbare Handschrift entwickelt. „Offenheit ist die Voraussetzung für kulturelle Veränderungen“, sagt Lô. „Ich bin inzwischen sehr viel gereist, habe viele Leute getroffen, völlig andere Kulturen kennen gelernt, und ich glaube, das macht einen reifer, auch als Person.“ In Richtung Rap und HipHop, so beliebt die auch in Dakar seien, soll es aber nicht gehen. Die hört er gerne, mag sie aber nicht spielen.
Bambay Gueej, erschienen 1999, geht weiter als sein Debüt. Hier hat sich Nick Gold, Chef des Labels World Circuit, bereits an der Seite von Youssou N’Dour als Koproduzent eingetragen und seinen Hoftechniker Jerry Boys mit nach Dakar genommen. Und für zünftiges Gebläse sorgt der ehemalige musikalische Direktor von James Brown, Pee Wee Ellis, der schon auf der World-Circuit-Produktion Worotan von Oumou Sangare zugegen war. Die ist ebenfalls als Gast vertreten, des Weiteren der kubanische Flötist Richard Egües (Orquesta Aragón) und Bigga Morrison an der Hammondorgel. Und diesmal wird - die finanziellen Möglichkeiten des Labels lassen es nach Buena Vista zu - auch in London und Havanna aufgenommen. Die entscheidenden Töne kommen aber nach wie vor ganz überwiegend von Cheikh Lô selbst, nämlich Gesang, Rhythmusgitarre, Schlagzeug und ein guter Teil der Percussion.
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