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Magnetic Music

Folker!-Labelporträt (19):

Magneten in grüner Umlaufbahn

Magnetic Music

Von Teamchefs, Piloten und Revolverhelden

go! www.magnetic-music.com

Künstler auf Magnetic Music:
Bachelors Walk
Barachois
Gema Cuatro
Geraldine MacGowan
Midnight Court
North Cregg
Rawlins Cross
Tarras
Toss The Feathers
Tri Yann

Heute gleicht sowohl der Tourneekalender als auch der Labelkatalog von Magnetic Music eher einem bunten Schaufenster als einem bestimmten Zweig am Baum der Musikwelten: Zydeco, Salsa, Rumba, TexMex, Flamenco, Cuba, Blues, Cajun und Boogie Woogie, irischer, schottischer, und bretonischer Folk sowie Folkrock - was den Großteil der Produktionen ausmacht -, Klangsteine, nebst japanischen Trommlern, Multivisionsdiashow und einer Samuraigruppe. Angefangen hat das Ganze - wenn man so will - in einem kleinen verschlafenen, von Heinrich Böll nicht erwähnten Dorf an der irischen Westküste namens Doolin. Oder noch etwas früher vielleicht, am Küchentisch einer Stuttgarter Wohngemeinschaft, wo Petr Pandula von einem Petr Pandula 2001 WG-Genossen dazu verdonnert wurde, Pilot zu werden. Oder war es noch etwas früher, bei einem Konzert der beiden Irish-Folk-Legenden Micho Russell und Finbar Furey nämlich, zu dem der 17-jährige Pandula von einem Mitschüler geschleppt wurde und dann noch am selben Abend beschloss, Uilleann Pipes und Tin Whistle spielen zu lernen?

Magnetic Music Restaurant
Magnetic Music Restaurant
Magnetic Music Restaurant

Von Bernd Bothy

Doch auch dies war noch lange nicht der Wegweiser zu Magnetic Music, dieser höchst erfolgreichen wie zielstrebigen, in Deutschland zur Nummer eins avancierten Adresse in Sachen keltischer und pankeltischer Musik. Denn der musikbegeisterte Jüngling Petr Pandula trampte fürs Erste die nächsten fünf Sommer nach Irland, um in Doolin auf Micho Russells Farm zu jobben und nebenbei das Spiel auf Uilleann Pipes und Tin Whistle aus erster Hand zu erlernen. Pandula brachte das nötige Feeling, die Kreativität und den Ehrgeiz mit. Sein Vater war Konzertmeister der Stuttgarter Philharmoniker, seine Mutter Schriftstellerin. Wen wundert es da, dass der Künstler- und Musikerspross wenig später der erste Uilleann-Pipes-Spieler Deutschlands wurde, ein kleines Lehrbuch für Tin Whistle schrieb, das heute Standardwerk ist, sein Können bei diversen Aufnahmen für irische Musiker bewies und in Deutschland mit der Gruppe Aufwind sowie der Anne Wylie Band Erfolge feierte. Nebenbei flog er als Pilot flotter Sportflugzeuge kreuz und quer übers Mittelmeer, überquerte Frankreich, Irland, die Kanaren, und überflog zweimal sogar die Sahara.

Petr Pandula 2004

Rasender Derwisch der 80er Jahre

Eine Dekade wie ein Karussell: Petr Pandula war mit zwei Bands on the road und kümmerte sich darum, diese zusammenzuhalten, sowie um Booking und Promotion. Nicht, weil ihm diese Arbeit besonders Spaß gemacht hätte, sondern weil er der einzige mit Telefonanschluss war. Für seine eigenen Produktionen hatte er längst einen Verlag angemeldet. Eines Tages klingelte das Telefon. Irische Freunde fragten an, on man nicht in Deutschland eine kleine Tournee organisieren könne. Petr nahm die Sache in die Hand. Es war Tom McDonaghs Blasket Sound, ein Ableger der legendären Combo Oisín. Die Tour wurde ein voller Erfolg. Musiker, Veranstalter und Publikum waren „magnetisiert“ von den Klängen der Grünen Insel und der soliden Arbeit Petr Pandulas. In Irland sprach es sich schnell herum, und so blieb es nicht bei dieser einen Tour und dieser einen Band. Die Musiker trugen bei ihren Konzerten und Tourneen nicht nur ihre Musik in die Welt hinaus, sondern ebenso den Namen Petr Pandula. Auch in Schottland, den USA und Kanada begann man von dem enthusiastischen Tourveranstalter zu reden. Doch beides ließ Petr Pandula beim Golf in Doolin 2004 sich immer schwerer zur gleichen Zeit bewerkstelligen. Musiker und Musikagent in einer Person, das war ein wenig wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde, unvereinbar eben. „Es war schwierig, weil ich wenig zu Hause war, und somit schwer erreichbar. Parallel dazu war auch die Möglichkeit eines Plattenvertrages kaum gegeben, da die großen Labels sich kaum für akustische oder folkorientierte Musik interessierten“, erzählt Pandula. „Die wenigen Deals, die angeboten wurden, waren unfair oder dilettantisch. Und die wenigen guten Labels, die sich um akustische Musik kümmerten, waren hoffnungslos überlaufen. Das ist im Übrigen heute noch immer so.“ Pandula entschied sich nach zehn Jahren unsteten Künstlerlebens, seine Karriere als Musiker erst einmal auf Eis zu legen.

Magnetismus der ersten Stunde

1990 kam zum Verlag noch die Gründung der Agentur und 1991 das Label hinzu. „Magnetic Music Records war die Antwort auf manche herbe Enttäuschung von Seiten anderer Plattenfirmen, die von Magnetic auf Tournee geschickte Künstler unter Vertrag hatten. Viele Versprechungen wurden nicht eingehalten, und wir mussten auf halbem Wege am langen Arm verhungern“, berichtet Petr Pandula weiter. „Um das Schlimmste abzuwenden und einigermaßen befriedigende Zuschauerzahlen zu erreichen, haben wir notgedrungen angefangen, die Promotionarbeit der Plattenfirmen zu übernehmen. Wir haben Rundfunksender bemustert, wichtige Rezensionen hereingeholt oder einen PR-trächtigen Medienauftritt organisiert. So konnten wir unsere Touren retten und haben ganz nebenbei die Verkaufszahlen der sich im Tiefschlaf befindenden Plattenfirmen angekurbelt. So war es mehr als konsequent, ein eigenes Label zu gründen und nur noch Künstler auf Tour zu schicken, die wir selbst auch unter Vertrag genommen hatten.“


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im Folker! 6/2005